Honor Harrington 14. Honors Krieg
mehr als eine halbe Lichtminute, und Ferrero verbiss sich mehr als einen Fluch. Die neuen andermanischen Stealth-Systeme konnten so gut sein wie sie wollten, auf keinen Fall hätte die Hellebarde sich ihrem Kreuzer so weit annähern dürfen, ohne von den passiven Sensoren erfasst zu werden – auch wenn die Jessica Epps unter vollständiger Emissionsstille lag!
»Skipper, die Sittich sendet wieder«, meldete McKee.
»Ihre Beschleunigung steigt ebenfalls, Ma'am«, fügte Harris hinzu. »Sie geht jetzt auf drei Komma zwo Kps Quadrat.«
»Weisen Sie das Schiff an, augenblicklich beizudrehen, Mecia!«, befahl Ferrero.
»Aye, aye, Ma'am.«
Ferrero rieb sich die Stirn. Ihre Gedanken überschlugen sich. Offensichtlich war die Hellebarde ihnen ins Zoraster-System gefolgt – wahrscheinlich, um die provokanten Schikanen fortzusetzen. Und weil sich die Jessica Epps so sehr darauf konzentriert hatte, unauffällig zu sein, während sie auf das Sklavenschiff lauerte, hatte sie die Hellebarde nicht einmal entdeckt. Aber warum mischte der andermanische Kreuzer sich überhaupt ein? Es sei denn …
»Befehlen Sie der Hellebarde , Abstand zu halten!«, rief sie scharf. »Informieren Sie das Schiff, dass wir einen mutmaßlichen Sklavenhändler stoppen und überprüfen!«
»Aye, aye, Ma'am.«
McKee begann rasch in ihr Mikrofon zu sprechen, und Ferrero grinste Llewellyn an.
»Gortz sucht nach einer neuen Gelegenheit, uns zu schikanieren, und diesmal bin ich nicht in Stimmung.«
»Skipper«, wandte der I.O. ein, »wahrscheinlich glaubt er, wir wären es, die jemanden schikanieren.«
»Jetzt hören Sie aber auf, Bob! Wir führen eine vollkommen legale Durchsuchung eines Schiffes durch, das wir für einen Sklavenhändler mit gefälschtem Transpondercode halten, und das weiß Gortz verdammt noch mal sehr gut! Oder wollen Sie mir weismachen, wir hätten bessere Daten über andermanische Handelsschiffe als ein andermanischer Kreuzer?«
Der Gedanke entlockte ihr ein verächtliches Schnauben.
» Jessica Epps , schalten Sie Ihre Feuerleitung ab! Das ist unsere letzte Warnung!«, brüllte die Stimme von der Hellebarde .
»Skipper«, sagte McKee aufgeregt, »ich habe soeben ein weiteres Signal von der › Sittich ‹ aufgefangen. Die Hellebarde sendet omnidirektional. Die ›Sittich‹ muss das Signal aufgefangen haben. Sie ruft den Kreuzer an und bittet um Beistand.«
»Na«, sagte Ferrero, »Frechheit siegt. Nerven haben die Mistkerle, das muss ich ihnen lassen.«
»Was, wenn Gortz den Sklavenhändlern glaubt?«, fragte Llewellyn.
»Pah!«, entgegnete Ferrero und schüttelte den Kopf. »Andererseits sähe es den Andys ähnlich vorzugeben, als würden sie ihnen glauben. Jedenfalls solange sie uns damit piesacken können! Zeichnen Sie eine Nachricht an die Hellebarde auf, Mecia.«
»Zeichne auf, Ma'am.«
»Kapitän Gortz, hier spricht Captain Ferrero. Ich habe heute keine Zeit für Ihre albernen Spielchen. Ich habe einen Sklavenhändler zu entern; wenn Sie später darüber reden wollen, überlege ich es mir. Und nun: Brechen Sie ab und lassen Sie mich verdammt noch mal in Ruhe!«
»Aufgezeichnet, Ma'am«, sagte McKee, und Ferrero zögerte einen Augenblick lang, als ihr klar wurde, dass sie zorniger war als sie gedacht hätte. Der Zorn zeigte sich sowohl in ihrer Wortwahl als auch in ihrem Tonfall, und eine leise Stimme im Hinterkopf riet ihr, das Signal noch einmal zu überdenken, bevor sie es abstrahlen ließ. Diese Stimme war jedoch sehr leise, und Ferrero beschloss, sie zu überhören. Es war nun an der Zeit, Kapitän Gortz und allen anderen arroganten Laffen an Bord von SMS Hellebarde eine kleine Vorstellung ihrer eigenen verständigen Kommunikationskunst zu verabreichen! Was sollten sie auf diese Entfernung auch unternehmen? Durch ihren Geschwindigkeitsvorteil hätte die Jessica Epps die angebliche ›Sittich‹ lange erreicht und geentert, bevor die Hellebarde auf Raketenschussweite an Ferreros Schiff heran wäre.
»Ma'am, die ›Sittich‹ sendet erneut an die Hellebarde . Sie behauptet, wir drohten auf sie zu feuern, falls sie nicht stoppt.«
»Verlogen sind sie auch noch!«, stellte Ferrero fest. In gewisser Weise bewunderte Ferrero fast den Mut des Sklavenschiffkapitäns. Andererseits hatte er angesichts der Strafe, die auf den Sklavenhandel stand, ohnedies nicht viel zu verlieren. Doch nicht einmal Gortz konnte so dumm sein, tatsächlich zu glauben, dass ein Schiff der Königin wirklich Raketen auf ein unbewaffnetes
Weitere Kostenlose Bücher