Honor Harrington 14. Honors Krieg
nüchterne Feststellung folgte, war vollkommen.
»Ja, das ist richtig«, sagte Honor nach einem Augenblick. »Der Grund dafür könnte trotzdem von größter Bedeutung sein. Meiner ersten Einschätzung nach ist dieser Zwischenfall das Resultat eines Fehlers.«
»Eines Fehlers?«, entgegnete Alice Truman kopfschüttelnd. Im Gegensatz zu den meisten anderen Flaggoffizieren im Besprechungsraum hatte Truman bereits die Gelegenheit gehabt, sich mit den Sensordaten der Chantily zu befassen. »Honor, die Hellebarde wurde eindeutig in keiner Weise bedroht, als sie das Feuer auf Captain Ferreros Schiff eröffnet hat. Angesichts dessen, dass die Hellebarde zuvor monatelang die Jessica Epps beharrlich schikaniert hat, besteht kaum eine Chance, dass die Hellebarde nicht wusste, mit wem sie es zu tun hatte. Folglich hat ein andermanisches Kriegsschiff mit Vorbedacht und ohne provoziert worden zu sein – wissentlich ein Schiff der Königin angegriffen.«
»Ich widerspreche Ihrer Deutung des Geschehenen keineswegs, Alice«, sagte Honor. »Ich bin mir nur überhaupt nicht sicher, ob ›mit Vorbedacht und ohne provoziert worden zu sein‹ wirklich die beste Beschreibung ist.«
Sie spürte mehr als nur ein wenig Ungläubigkeit von ihren untergebenen Offizieren, dazu Erstaunen über die Stoßrichtung ihres Arguments und darüber, dass ausgerechnet der ›Salamander‹ so etwas äußerte.
»Wie Captain Gonsalves bereits dargelegt hat«, fuhr sie gelassen fort, »zeigt dieser Zwischenfall einen enormen Bruch mit dem Grad der Schikane, den uns die Andermaner in der Vergangenheit zugemutet haben. Darüber hinaus wissen wir, dass Herzog von Ravenheim in den nächsten Wochen im Sachsen-System erwartet wird, wo er Sternhafen ablösen wird. Ich kann es nur sehr schwer glauben, dass die Weltraumflotte absichtlich mit kriegerischen Handlungen gegen das Sternenkönigreich beginnt, bevor der neue Stationskommandeur überhaupt eingetroffen ist – der weithin als vielleicht bester Flaggoffizier der gesamten Kaiserlich-andermanischen Weltraumflotte angesehen wird.«
»Das ist sicher richtig«, stimmte Truman zu.
»Allerdings«, warf Alfredo Yu ein, »wäre es aber auch entfernt denkbar, dass dieses Timing eine Verschleierungstaktik darstellt. Indem man den Zwischenfall kurz vor Ravenheims Ankunft im Sachsen-System geschehen lässt, kann er die Verantwortung gewissermaßen von sich weisen. Die Schuld für den Angriff könnte man immer Sternhafen in die Schuhe schieben.«
Honor empfand eine bittere Erheiterung hinter seinen Worten. Sie musste ein ironisches Schnauben unterdrücken, als sie daran dachte, wie Yu während seiner Operationen, die ihn vor vielen Jahren zum ersten Mal nach Jelzins Stern geführt hatten, von seiner Regierung verleugnet worden war.
»Warum sollte man Sternhafen die Schuld zuschieben wollen?«, fragte Hewitt.
»Ich will nicht sagen, dass ich dieser Vermutung zustimme«, warf Harriet Benson-Dessouix ein, »aber es ist möglich, dass die Andys meinen, sie könnten uns auf diese Weise wirklich schmerzhaft provozieren. Vielleicht wollen sie uns zeigen, dass Menschen verletzt werden, wenn sie den Andys in die Quere kommen; und zugleich schaffen sie sich eine Rückzugsmöglichkeit, um keinen richtigen Krieg beginnen zu müssen. Möglicherweise glauben sie, dass wir den Angriff hinnehmen, ohne zurückzuschlagen, wenn sie Sternhafen dafür verantwortlich machen oder auch nur den Kommandanten der Hellebarde . Dann könnte man Sternhafen offiziell tadeln, weil er der aggressiven Hellebarde keine Zügel angelegt hat. Auf diese Weise kann man den Zwischenfall sicherlich nicht als Resultat einer gewollten andermanischen Politik auslegen. Und vielleicht bieten die Andys uns eine Wiedergutmachung an. Das wäre besonders gut möglich, wenn sie die Position der augenblicklichen manticoranischen Regierung als Zeichen deuten, dass sie … nicht willens ist, eine aggressive Politik in Silesia zu unterstützen.«
»Und dann hätte der Angriff auf die Jessica Epps gleich zwo Zwecke der Andermaner erfüllt«, überlegte McKeon: »Man hätte seine Bereitschaft zu kämpfen bewiesen und gleichzeitig unserer Regierung unter die Nase gerammt , wie hoch der Preis sein könnte, wenn man sich andermanischen Interessen in Silesia in den Weg stellt. Und all das, ohne uns auch nur absichtlich ein Haar gekrümmt zu haben – offiziell jedenfalls.«
»Falls es absichtlich geschehen ist«, wandte Benson-Dessouix ein. »Und obwohl ich selber die Idee
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