Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
ihm.
»Jawohl, Ma'am«, sagte Cardones. »Es sieht aus, als hielte er auf die Hypergrenze zu.«
Sandler zischte leise durch die Zähne, während sie sich über seine Schulter beugte, um besser sehen zu können. »Das gefällt mir gar nicht, Rafe«, murmelte sie. »Hier stimmt etwas nicht.«
»Was, glauben Sie nicht, dass im gleichen System zwo unabhängige Raider operieren könnten?«
»Nein«, sagte Sandler tonlos. »Und Sie ebenso wenig. Das ist eine Falle, und wir wissen es beide. Ich begreife nur nicht, weshalb die Fearless uns so verflixt schnell im Stich lässt.«
»Vielleicht weiß Captain Harrington etwas, das uns unbekannt ist«, entgegnete Cardones.
»Vielleicht«, räumte Sandler ein. »Mir passt es nur gar nicht, hier herumzusitzen und mich hilflos zu fühlen.« Sie rieb sich das Kinn. »Und Sie sind sich sicher, dass der Raider dort nicht unser Havie ist?«
Cardones schüttelte den Kopf. »Er beschleunigt zu hoch, um ein Schlachtkreuzer sein zu können. Außerdem ist seine Emissionssignatur eindeutig silesianisch.«
»Soweit Sie es mit diesen Sensoren feststellen können«, entgegnete Sandler mit einem verächtlichen Unterton. »Ich wünschte, wir könnten die Shadow solange unter dem Keil hervorholen, um ein paar anständige Ortungswerte zu erhalten.«
»Das müsste möglich sein«, sagte Cardones skeptisch. Sandler hatte es abgelehnt, die Shadow in einem ungesicherten silesianischen Hafen zurückzulassen, doch das Kurierboot war zu groß, um es in einen Laderaum der Dorado zu stopfen, ohne dass jeder in Sensorreichweite bemerkt hätte, dass dort etwas sehr Merkwürdiges vor sich ging. Die Lösung hatte darin bestanden, die Shadow in der Nähe des Bugoberteils am Rumpf zu verankern, wo die Verzerrungsbänder sie vor neugierigen Blicken verbargen, wo sie falls nötig aber rasch herausschlüpfen konnte. »Wenn uns aber jemand beobachtet«, fügte er hinzu, »haben wir uns verraten.«
»Ich weiß«, stimmte Sandler widerstrebend zu und richtete sich auf. »Nun, was immer da vor sich geht, uns bleibt keine andere Wahl als weiterzumachen. Halten Sie nur die Augen offen.«
»Jawohl, Ma'am«, sagte Cardones und runzelte die Stirn, als ihm etwas auffiel. War da gerade etwas mit den Impellern der Fearless geschehen?
Richtig – da war es wieder: ein kurzes Flackern, als hätten die Emitter Mühe, den Keil aufrechtzuerhalten.
Als würde sie etwas stören.
Sein Magen zog sich zu einem harten Knoten zusammen. Sie hatten schließlich nichts weiter als Pampas' professionelle Meinung, dass der havenitische Überlagerungstrick bei einem militärtauglichen Impeller versagen müsste. Der fliehende Raider war nicht viel mehr als eine Million Kilometer entfernt; und wenn er mit der gleichen Waffe ausgerüstet war und die Reichweite ausprobierte …
Cardones ballte kurz die Fäuste und kämpfte gegen den beinah übermächtigen Drang an, auf den Comschalter zu schlagen und die Fearless zu warnen, was ihr da vielleicht gegenüberstand. Doch selbst wenn er es tat, konnte der Schwere Kreuzer dem Angriff nur dadurch begegnen, dass er abdrehte und floh.
Und das würde Captain Harrington niemals befehlen.
Er atmete tief durch und zwang sich, die Luft langsam wieder auszustoßen. Wenn man ins Gefecht zieht, hatte Sandler ihn erinnert, ist man bereit, eigene Leute zu opfern. Das war eine der Binsenweisheiten der Kriegführung, und niemand hatte ihm je versprochen, dass seine Freunde und Kameraden niemals diejenigen sein würden, die starben. Für dieses Leben hatte er sich entschieden, und nun musste er lernen, sich auch mit den Schattenseiten abzufinden.
Die Impeller der Fearless schienen noch immer richtig zu laufen. Cardones holte noch einmal tief Luft, vertrieb die Dämonen aus seinem Verstand und konzentrierte sich auf die Beobachtung.
Die Minuten reihten sich zu einer Stunde, und schließlich war der Zeitpunkt gekommen. Das manticoranische Kriegsschiff hatte die Verfolgung fortgesetzt, und sein Kurs hatte es immer weiter von dem scheinbaren Opfer des scheinbaren Angreifers fortgeführt.
Vor allem aber hatte der Kurs das Geleitschiff vom eigenen Konvoi entfernt. Selbst wenn der Schwere Kreuzer nun auf der Stelle kehrtmachte, brauchte er mehr als zwei Stunden, bevor er die gegenwärtige Geschwindigkeit abgebremst hatte und den Konvoi wieder erreichte.
Und deshalb war es Zeit zuzuschlagen.
»Keil für volle Kraft bereitmachen«, befahl er. »Commander Koln, hat OPZ schon festgestellt, welcher
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