Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
Informationen?«
»Nein, das mache ich nicht«, antwortete sie. »Ein bisschen höchstens, hier und da, aber ich arbeite nicht als Spionin oder so etwas. Manchmal kommt wir etwas zu Ohren, was sie unbedingt erfahren müssen, und dann leite ich es an eine Zelle weiter, der ich vertraue. Ich muss sie einschalten, um euch von dieser Welt zu schaffen; sie sind meine einzige Quelle für Reisedokumente.«
»Halt hier an«, wisperte Rachel. »Du wirst mich jetzt doch nicht im Stich lassen, oder?«
Der Mann, der nur auf den Namen ›Der Große Lorenzo‹ hörte, richtete sich zu nicht unerheblicher Größe auf und raffte seinen zerlumpten Anzug zusammen.
»Bin ich nicht der Große Lorenzo?«, fragte er in honigsüßem Ton. »Das ist zwar keine große Partie, aber immerhin eine Sprechrolle. Ich will mein komödiantisch Bestes geben.«
»Himmel, das ist eine schlechte Idee«, flüsterte sie. »Okay, sie haben wahrscheinlich Sensoren aufgestellt, also nimm nun lieber deine Rolle ein.«
Der Mann nickte, griff in die Tasche und zog eine Flasche mit billigem Whiskey hervor.
»Das sollte nicht nötig sein«, fuhr sie ihn an. »Du stinkst jetzt schon wie eine Schnapsfabrik.«
»Aber wenn ich nichts trinke, zittern meine Hände«, entgegnete er vernünftig.
»Sie sollen doch zittern!«
»Nur in der Rolle innerhalb der Rolle«, erwiderte er, setzte sich die Flasche an den Hals und nahm einen einzigen großen Schluck. »Jetzt bin ich bereit«, sagte er und steckte die Flasche weg, während sein Gesicht erweichte und langsam andere Züge annahm. Es hatte nun die typische Physiognomie eines betrunkenen Stadtstreichers, doch in seinen Augen funkelte ein kaltes Licht, und seine wenn auch gebeugte Körperhaltung verriet einen Hauch von Athletik. »Oh, was für ein verstricktes Netz wir weben, wenn wir zuerst die Täuschung üben!«
»Aloman?«, fragte sie und trat in das Halbdunkel hinein.
»Shakespeare«, seufzte er. »So wenige erinnern sich noch an den großen Dichter.« *
John schob die Platte beiseite und nickte Rachel zu. »Freut mich, dass du wieder da bist.«
»Keine Namen«, sagte sie schnell. »Das ist ein Freund vom Widerstand. Er kann euch eine Passage besorgen.«
John musterte den Rebellen von Kopf bis Fuß. Er sah aus wie ein Stadtstreicher von vielen: fahle Gesichtshaut, zitternde Hände. Seine zerlumpte Kleidung war etwas besser als der Durchschnitt, aber nicht sehr. Dennoch, wenn jemand wusste, dass Äußerlichkeiten täuschen können, dann Mullins. »Sie?«
Der Stadtstreicher richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und blickte den Bürger Admiral an. »Jawoll, das ist Mládek«, sagte er mit Grabesstimme, ohne auf Mullins zu achten. »Erst schindet ihr uns unter den Legs, dann unter der Volksregierung und jetzt, wo euch die Sache zu heiß wird, da klemmt ihr den Schwanz ein und haut ab.« Er spie dem havenitischen Offizier vor die Füße und grinste die Manticoraner an. »Überlassen Sie ihn mir nur eine Stunde; ich hole alles aus ihm raus, was Sie wissen wollen.«
»Es genügt«, sagte Rachel. »Für so etwas fehlt uns die Zeit.«
»Ja, ich kann Ihnen Papiere besorgen«, sagte der Rebell nach einem Blick auf die Tänzerin. »Aber leider nur für drei; Räch sagt, ihr wollt für vier.«
»Wie lange dauert’s, um vier zu beschaffen?«, fragte Charles.
»Warum sollen wir warten?«, fuhr Mládek ihn an. »Um Himmels willen, ich miete Ihnen einen Puff, wenn wir auf Manticore sind; das Weibsstück bleibt hier.«
»Wissen Sie«, entgegnete Mullins milde, ohne sich umzudrehen, »ich brauche Sie nur lebend zu Givens zu schaffen. Davon, dass Sie Ihre Beine noch benutzen können müssen, war nie die Rede.« Er neigte den Kopf zur Seite und blickte den Rebellen an. »Wir brauchen vier.«
»Das dauert aber eine ganze Weile«, entgegnete der Besucher und kratzte sich die Brust. »Am Ende wird man Sie finden; Mládeks DNS haben sie ganz sicher, und mittlerweile Ihre wahrscheinlich auch. Die werden Chemoschnüffler einsetzen.«
»Rachel, du bleibst nicht auf diesem Planeten«, sagte Mullins. »Diesmal wird man auf jeden Fall nach dir fahnden.« Er verstummte und blickte schulterzuckend zu Boden. »Wir haben bereits Strohhalme gezogen, für alle Fälle. Ich habe verloren.«
»Das ist wirklich wahr«, bestätigte Charles. »Er hat wirklich den kürzeren gezogen. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.«
»Na, das ist ja überaus sinnvoll!«, fuhr Rachel auf. »Ich komme nach
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