Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
nicht sein ganzes Bargeld, deshalb begab sich Mullins auf die Suche. Schließlich fand er den Rauschgift- und Geldvorrat unter einer Klappe hinter der abstoßenden Toilettenschüssel. Wie es aussah, war Tommy in letzter Zeit nicht beliefert worden; das Geld reichte, um monatelang davon zu leben. Sie konnten damit auch den Planeten verlassen, falls sie einen vertrauenswürdigen Fälscher fanden.
Nachdem Mullins die verstopfte Toilette gängig gemacht hatte, spülte er die Rauschgifte hinunter, und die Metallbleche ließen sich leicht am Körper verstecken. Solange man ihn auf dem Rückweg nicht durchsuchte, wäre alles wunderbar. Und wenn nicht, würden die Ortspolizisten annehmen, er sei ein Geldverschieber, und das Metall beschlagnahmen.
Was unerfreulich wäre, weil sie das Geld offensichtlich brauchen würden.
Er wollte schon gehen, da blieb er stehen und blickte auf den Leichnam, den er unter die Theke gestopft hatte. Nach einem Augenblick lächelte er.
Einige Minuten später verließ er, nachdem er alles abgewischt hatte, was er angefasst hatte, das Geschäft. Beim Hinausgehen drehte er das Schild auf ›Geschlossen‹ und verschloss die Tür.
Kapitel 5:
Manchmal ist es knapper als knapp
»Ich sollte etwas Leichtfertiges, Geistreiches sagen«, bemerkte Charles. »Aber leider kommt mir nur eins in den Sinn: ›Mist!‹.«
»Gratuliere, Bürger Admiral«, sagte Mullins. »Sie sind soeben von einem Ärgernis zum Lebensretter geworden.«
»Richtig, wenn Sie mich nach Manticore bringen, wird Ihnen alles vergeben und vergessen – oder doch wenigstens das Meiste«, sagte Mládek. »Das ›Wenn‹ allerdings ist ein sehr großes ›Wenn‹.«
»Ich habe niemanden mehr, zu dem ich gehen kann«, sagte Gonzalvez. »Und ich besitze keinen Sondiercomputer, deshalb kann ich nicht im Netzwerk der Polizei rumspielen und Ausweise für uns fälschen.« Er prustete und schüttelte den Kopf. »Mein lieber Johnny, ich bin mit meinem Latein am Ende.« Er ließ den Kopf hängen und pfiff durch die Zähne. »Wir sitzen in der Bratpfanne, und der Teufel schnipst schon mit dem Gasanzünder.«
»Ich hätte noch einen Kontakt«, sagte Mullins widerstrebend.
Charles lachte. »Ach du liebe Güte.« Er blickte auf. »Ist das dein Ernst?«
Mullins trat aus den Schatten und nickte ihr zu. »Hallo, Rachel.« Die Tänzerin trug Proleskleidung, eine schwere graue Baumwolljacke und passende Hosen, denn die Nacht des beginnenden Frühlings war kühl. Auf Haven tendierte der Stil eher zu greller Kleidung und knalligem, geschmacklosem Make-up, doch auf den ›besetzten Welten‹, wo der Lebenshaltungszuschuss noch nicht eingeführt war, bestand der Tag im ständigen Überlebenskampf der ›unassimilierten‹ Bevölkerung unter dem unnachsichtigen Joch des Industrieministeriums, und den Menschen standen nur die billigsten Materialien zur Verfügung. Doch ähnlich wie die Geheimpolizistin am Tante Medas hätte niemand Rachel mit einer gewöhnlichen Prole verwechselt.
Sie neigte den Kopf zur Seite und seufzte. »Ich nehme an, SyS-Offiziere brauchen sich um die Ausgangssperre keine Gedanken zu machen?«
»So in etwa«, entgegnete er. »Darf ich reinkommen?« Sie rührte sich nicht von der Stelle und blickte ihn eine lange Weile an, dann nickte sie. »Okay.«
Die Wohnung lag im dritten Obergeschoss und war erstaunlich sauber und aufgeräumt, wenn auch klein. Sie bestand hauptsächlich aus einem Zimmer mit Klappbett, kleinem Tisch und HoloDrama-Gerät und einer kleinen Küche. Seitlich war ein kleines Badezimmer, von dem Mullins die Duschkabine sehen konnte. Eine Heizung gab es offenbar nicht, es war kalt wie in einem Eiskeller.
»Hübsch«, sagte er. »Aber längst nicht so hübsch wie in Nouveau Paris.«
»Eine Müllkippe ist es«, entgegnete Rachel, zog den Mantel aus und begann einen Tee aufzusetzen. »Ich würde dich fragen, was ich für dich tun kann, wenn ich es nicht schon wüsste.«
»Es ist … nicht, was du denkst«, sagte Mullins und setzte sich an den kleinen Tisch. »Du weißt längst nicht alles über mich.«
»Nun, heute trägst du Prolesklamotten, also gehört dazu wohl, dass du ein verdeckter Ermittler bist.« Sie stellte eine Kanne in den Wärmer und schaltete ihn ein.
»Nicht für die SyS«, sagte er langsam. »Ich bin ein Manty.«
»Aber sicher«, sagte sie mit einem leisen Lachen. »Und ich bin Cordelia Ransom. Auf den Arm nehmen kann ich mich selber besser.«
»Es ist mein Ernst, Rachel.
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