Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
Deshalb wollte ich dich aus havenitischem Hoheitsraum herausholen. Ich konnte dort nicht bei dir bleiben; ich komme aus der Allianz.«
Sie drehte sich um und musterte ihn nüchtern. »Es ist wirklich dein Ernst.«
»Ernst wie ein Herzanfall. Und ich stecke in der Tinte.«
»Und mir machst du damit Flecken in die Wohnung!«, rief sie ärgerlich. »Du bist ein gottverdammter Manty-Spion und bringst deine Schwierigkeiten zu mir?«
»Ja, das hab ich getan«, sagte er. »Du bist der einzige Mensch, dem ich noch trauen kann, Rachel. Wenn du mich anzeigen willst, dann tu’s. Ich würde dich nur um ein paar Minuten Vorsprung bitten. Aber ich brauche deine Hilfe. Bitte.«
»Oh, Mann!«, sagte sie kopfschüttelnd. »Warum ich? Die Frage war rhetorisch gemeint.« Sie nahm die Teekanne aus dem Wärmer und goss zwei Tassen ein. »Honig, richtig?«
»Du weißt es noch.« Lächelnd legte er die Hände um die große Tasse, um sie zu wärmen.
»Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis«, fuhr sie ihn an, während sie sich setzte. »Ich kann mich an solche Details von über vierhundert Männern erinnern.«
»Oh.«
»Billig wird es nicht«, fuhr sie fort. »Geld solltest du schon haben.«
»Habe ich. Vielleicht auch das eine oder andere, das nützlich wäre.« Er schwieg kurz und zuckte mit den Achseln. »Aber das sind nicht unsere einzigen Probleme. Wir haben außerdem einen Bürger bei uns, einen Überläufer.«
»Diesen Bürger General, über den alles so aus dem Häuschen ist?«, fragte sie und nahm einen Schluck Tee.
»Bürger Admiral. Ja.«
Sie trank noch einen Schluck, stellte die Tasse ab und kniff sich in den Nasenrücken. »Ach, Johnny.«
»Wie schlimm ist es denn?«
»Falls du es noch nicht gemerkt haben solltest, unser Lokal hat Recht viele Gäste aus den Reihen des Militärs«, sagte sie leise. »Heute Abend war es beinahe menschenleer; jeder Mann und jede Frau ist auf Befehl der Systemsicherheit auf den Straßen und sucht deinen Freund. Ich weiß gar nicht, wie du es bis zu meiner Wohnung geschafft hast.«
»Ich möchte, dass du auch mitkommst«, stieß er hervor.
»Fang nicht wieder damit an!«
»Das ist mein Ernst. Ich hätte mich fast totgesoffen, nachdem ich dich in Nouveau Paris zurücklassen musste. Bitte , komm diesmal mit; wenn wir weg sind, bist du hier deines Lebens nicht mehr sicher.«
Rachel tätschelte ihm die Hand. »Darüber unterhalten wir uns noch«, sagte sie. »Im Augenblick ist es wichtiger, dich und deine Freunde irgendwohin zu schaffen, wo die SyS euch nicht findet.«
»Ich glaube kaum, dass es irgendwo so sicher sein kann«, entgegnete er.
»Wohin geht es?«, fragte John, als sie platschend eine weitere erste Pfütze durchquerten.
Sie waren in den Keller von Rachels Apartmenthaus gegangen, wo sich hinter einer Metallplatte in der Wand der Zugang zu einem Netz von unterirdischen Gängen befand. Die meisten von ihnen dienten der Wartung und den Aberhunderten von Dingen, die in einer Stadt erledigt werden, ohne dass jemand es bemerkt oder bedenkt. Außer dem Abwassersystem gab es dort Druckluftleitungen, Stromkabel, aktive Fundamentstützen und eine Vielzahl anderer Anlagen, die gelegentlich gewartet werden mussten.
Und von denen ›Oberflächenbewohner‹ einschließlich der Polizei nur sehr wenige je zu Gesicht bekamen.
Immer weiter waren sie in diese düstere Welt vorgedrungen, erhellt nur von verstreuten Leuchtplatten und der blassen Chemolampe, die Rachel in der Hand hielt. Einmal war Rachel eilig umgekehrt, nachdem sie ein unscheinbares Zeichen an der Wand entdeckt hatte. Als eine Gruppe von demotivierten Volksflottenleuten an ihnen vorbeiging, während sie sich in einem Seitengang versteckten, war der Grund dafür klar geworden.
»Es ist nicht mehr weit«, flüsterte Rachel. »Wo wird sich wohl niemand die Mühe machen, nach euch zu suchen?«
»Wo niemand, der seinen Verstand beisammen hat, hingehen würde?«
»Genau.« Sie schob eine weitere Metallplatte beiseite und blickte in den dahinter liegenden Raum. »Um genau zu sein, im Kellergeschoss des Polizeipräsidiums.«
Er schaute an ihr vorbei. Der Raum schien mit Gerümpel voll gestopft zu sein: veraltete Monitore, Bürostühle, denen eine Rolle fehlte, und Stapel um Stapel Handbücher. Alles war von Staub bedeckt.
»Wie hast du das gefunden?«, fragte er.
»Ich habe niederen Orts Freunde«, entgegnete sie. »Wo sind deine Freunde, und wie schütze ich mich davor, dass sie mich umlegen, wenn ich an die
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