Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
kompliziertes Kirchenritual erinnert.
Es gab nicht genügend Vakuumanzüge für alle – auch nicht an Bord des Aronsstab . Für diesen Schwachpunkt ihres Planes gab es keine Abhilfe. Gurte und Polster konnten bestehenden Vorräten entnommen werden und sogar bestellt werden, ohne dass nachgefragt wurde, doch wenn mehrere hundert für Frauen geeignete Vakuumanzüge geordert worden wären, hätte sich Aufsehen nicht vermeiden lassen. Judith fragte sich, ob es auf ganz Masada überhaupt so viele Anzüge gab.
Allerdings befand sich eine Anzahl sehr hübscher gepanzerter Raumanzüge aus Militärbeständen in den Spinden, die, wie Judith besser wusste als ihr lieb war, von Enterkommandos getragen wurden. Diese Anzüge wurden an eine Hand voll Frauen ausgegeben, die sich den Kodenamen Samsons Verderb gegeben hatten, Frauen, die ihre Bereitschaft, notfalls Gewalt gegen Männer auszuüben, schon bewiesen hatten.
Flüchtig wunderte sich Judith, wie sie diesen Willen denn bewiesen haben sollten, doch das war nicht ihr Ressort, und sie stellte Dinahs Urteil nicht infrage. Wenn man sich ansah, was Rena getan hatte …
Judith besaß einen eigenen Anzug, und Dinah hatte darauf bestanden, dass sie ihn trug.
»Es ist zwar edel von dir, dass du das gleiche Risiko wie so viele unserer Schwestern eingehen möchtest, aber ohne dich haben wir nicht den Hauch einer Chance.«
Judith hatte eingelenkt, ein wenig beruhigt von dem Umstand, dass die Lagerhäuser am Boden genügend Anzüge für den Rest der Schiffsführung und andere wichtige Personen enthalten hatten. Der Aronsstab führte Rettungskapseln mit, und im Notfall wollte man die verletzlichsten der Frauen dorthin verlegen. Doch hoffentlich war das nicht notwendig. Hoffentlich konnten sie einfach nur auslaufen, die Hypergrenze erreichen und transistieren, bevor irgendein Schiff von Masada sie einholte.
In dieser Phase des Exodus war Judiths Station das Cockpit. Nachdem sie ihren Raumanzug angelegt hatte, ging sie dorthin und begann mit den Vorbereitungen für das Rendezvous der Blume mit dem Aronsstab . Zum Glück waren solche Manöver Routine. Sie gab die Parkumlaufbahn des Kaperschiffes und eine Reihe weiterer Parameter ein, und der Computer führte die Berechnungen selbsttätig durch.
Judith hatte absichtlich die Cockpittür offen gelassen und wurde sich, während sie arbeitete, des allmählich ansteigenden Lärmpegels hinter ihr gewahr. Das Weinen kleiner Kinder vermischte sich mit den leisen Stimmen der Frauen, die sie trösteten, und den in bestimmtem Ton erteilten Befehlen. Unterbewusst war sie daher vorbereitet, als Dinah sie über die Funkverbindung ansprach.
»Abraham an Moses. Wir haben alle an Bord, die gekommen sind. Einige Schwestern haben die Kontaktpunkte nicht erreicht, aber Gott hält zu uns. Der Laderaum ist voll.«
Judiths Herz schlug unglaublich schnell, doch als sie antwortete, war ihre Stimme ganz ruhig.
»Moses an Abraham. Luken schließen. Meldung an Cockpit. Moses an Exodus. Funkgeräte abschalten. Im Notfall das Shuttle-Intercom benutzen.«
Eine Hand voll Frauen war nach vorn gekommen, während sie die Anweisungen erteilte. Judith blickte die Frau an, die an der Ortungs- und Signalstation saß.
»Odelia, Naomi weiß, dass wir nun in Gottes Hand sind, aber trotzdem kann es sein, dass du Meldungen bekommst, die unsere Passagiere betreffen. Ich möchte nichts davon hören – nicht einmal, wenn bei einer Schwester die Wehen einsetzen. Ich will nur informiert werden, wenn bei den Schiffssystemen etwas schief geht. Dinah kümmert sich hauptsächlich um die Ortung, gib also nur dann etwas an mich weiter, wenn sie es übersehen hat.«
Odelia, eine reizlose, aber kräftige Frau aus dem Haus eines Hohen Ältesten – und daher jemand, mit dem Judith nur beschränkten Kontakt gehabt hatte –, nickte knapp.
»Ich kümmere mich darum, Moses.«
Ohne weitere Anweisungen zu geben, drückte Judith den Knopf, der die Tore des Shuttlehangars öffnete. Sie glitten mühelos zur Seite, und fast bevor Judith sich wundern konnte, meldete Dinah:
»Abtastung beendet. Kein Zeichen von irgendeinem Alarm.«
Judith schaltete den Kontragrav des Shuttles hoch und gab Schub auf die Luftansaugturbinen. Die Hangarwände begannen sich zu bewegen, als die Fähre langsam nach vorn schwebte. Judith bemerkte an der Art, wie Odelia die Hand an den Ohrhörer hob, dass der erwartete Wirrwarr von Anrufen begonnen hatte. Odelia murmelte etwas in ihr Kehlkopfmikrofon, dann knisterte
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