Honor Harrington 17. Um jeden Preis
steinalter Mann; für Honor war er noch in den mittleren Jahren. Ihre Mutter, die beträchtlich jünger aussah als Katherine Mayhew, sogar jünger als Elaine, und die Faith und James ganz natürlich zur Welt gebracht hatte, war zwölf T-Jahre älter als Howard. Und sollte er auch der erste graysonitische Freund sein, den sie in solch absurd jungen Jahren an die Altersschwäche verlor, so wäre er doch nicht der letzte. Auch Gregory Paxtons Gesundheitszustand verschlechterte sich immer weiter. Und sogar Benjamin und seine Frauen zeigten die Anzeichen des vorzeitigen Alters, die Honor mittlerweile so entsetzlich fand.
Ihre Gedanken kehrten zum Kinderzimmer zurück, zu dem Buch, das sie gelesen hatte, mit seiner Geschichte von dem unsterblichen, sich immer wieder erneuernden Phönix, und die Erinnerung war noch bittersüßer als gewöhnlich, denn sie sah dabei das Silber, das leicht das noch immer dichte, dunkle Haar des Protectors durchzog.
»Deine Kinder und meine lieben Geschwister haben sich ganz prachtvoll verhalten«, sagte sie; sie suchte absichtlich nach einem anderen Thema. »Ich bin immer ein wenig überrascht, wie gern sie sich etwas vorlesen lassen. Zumal sie die vielen anderen Möglichkeiten interaktiverer Unterhaltung besitzen.«
»Das ist nicht das Gleiche, Tante Honor«, sagte eine der beiden jungen Frauen, die an dem großen Esstisch neben dem gewaltigen Kamin saßen. Honor blickte sie an, und die dunkelhaarige junge Frau, die wie eine größere, muskulösere Ausgabe von Katherine Mayhew wirkte, hob die Hand und streichelte dem Baumkater auf ihrer Stuhllehne über die Ohren.
»Wie meinst du das, es ist nicht das Gleiche, Rachel?«, fragte Honor.
»Dir zuzuhören, wenn du vorliest«, erklärte Benjamins älteste Tochter. »Ich denke, das liegt vor allem daran, dass du es bist – wir sehen dich hier auf Grayson nicht oft genug –, und für alle Kinder bist du … wie soll ich's sagen … überlebensgroß.« Niemand hätte bemerkt, dass die junge Frau ganz leicht errötete, doch Honor verbiss sich ein Lächeln, als sie den Impuls jugendlicher Bewunderung und Verlegenheit schmeckte. »Ich weiß noch, Jeanette und ich, als wir noch klein waren« – sie nickte der etwas jüngeren Frau neben sich zu –, »da haben wir uns immer darauf gefreut, dich zu sehen. Und Nimitz natürlich.«
Der Baumkater auf Honors Schulter hob die Nase und wedelte zufrieden mit dem Schweif, als Rachel seine bedeutende Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie herausstellte, und mehrere der Anwesenden lachten. Rachels Gefährte, Hipper, stieß nur einen Seufzer aus, der lange geübte Geduld bezeugte, und schloss müde die Augen.
»Sie könnte recht haben, Honor«, sagte Elaine. »Honor die Jüngere hat sich heute Abend verdächtig schnell freiwillig gemeldet, ›die Kleinen im Auge zu behalten‹.«
»Und außerdem, Tante Honor«, sagte Jeanette leiser (denn sie war erheblich schüchterner als ihre ältere Schwester), »kannst du wirklich wunderschön vorlesen.« Honor zog eine Braue hoch, und Jeanette errötete weit offensichtlicher als Rachel. Dennoch fuhr sie mit trotziger Zurückhaltung fort: »Mir jedenfalls hat es immer sehr gefallen, dir zuzuhören. Bei dir klingen keine zwei Figuren gleich. Außerdem ist ein Buch immer eine besondere Herausforderung. Niemand wirft einem einfach hin, wie die Leute und die Schauplätze aussehen; man muss sie sich selber vorstellen, und bei dir macht das Spaß.«
»Na, es freut mich, dass du es so siehst«, sagte Honor nach kurzem Zögern, und Katherine schnaubte.
»Sie ist nicht die Einzige, die es so sieht«, sagte sie, als Honor sie anblickte. »Die meisten Kindermädchen schwärmen, was für eine wunderbare Mutter du abgeben würdest, wenn du nicht ständig irgendwelche Sternenschiffe und Planeten und so was in die Luft sprengen würdest.«
»Ich?« Honor blinzelte sie verblüfft an, und Katherine schüttelte den Kopf.
»Du, Lady Harrington. Tatsächlich«, fuhr sie ein wenig nachdrücklicher fort, »hat es einige … Diskussionen über deine diesbezüglichen Pflichten gegeben. Faith ist im Augenblick eine vollkommen zufriedenstellende Erbin, weißt du, aber niemand aus dem Konklave der Gutsherren erwartet, dass sie wirklich deine Erbin bleibt .«
»Cat«, sagte Benjamin in leicht tadelndem Tonfall.
»Ach, sei still, Ben!«, erwiderte seine Frau scharf. »Schon lange weicht hier jeder dieser Frage aus wie eine Baumkatze dem heißen Brei, das weißt du genau. Politisch
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