Honor Harrington 17. Um jeden Preis
während sie den Kopf auf eine Sofalehne legte, die Augen schloss und sich mit Nimitz auf der Brust ausstreckte.
»Das liegt daran, dass dir hier nichts Schlimmeres zustoßen kann als eine Kernexplosion«, entgegnete Henke trocken. Sie ging zur Bar, öffnete den kleinen Kühlschrank und holte zwei kalte Flaschen Old Tilman hervor. Honor lachte dankbar, obwohl ihre Freude eindeutig nicht ungetrübt war, und Henke öffnete grinsend die Bierflaschen.
»Ich habe Clarissa gesagt, dass ich nach ihr summe, wenn wir sie brauchen«, fuhr sie fort und reichte Honor eine Flasche. »Hier.« Honor öffnete ein Auge und blickte auf, als Henke mit der Flasche wedelte. »Ich glaube, du hast ein Bier nötig.«
» Nötig hätte ich eine Viertelstunde – nein, zehn Minuten würden völlig reichen – unter vier Augen mit Mr Hayes«, erwiderte Honor rachsüchtig. Sie nahm die Flasche an und nahm einen Mundvoll kaltes Bier. »Danach würde ich mich wirklich viel besser fühlen.«
»Zumindest, bis sie dich abholen kommen und hinter Gitter stecken.«
»Stimmt. Gerichte sind da wirklich ein bisschen kleinlich, oder?«
»Leider.« Henke trank von ihrem Bier, nahm zurückgelehnt auf einem Sessel vor Honors Sofa Platz und legte eine Ferse auf den teuren Couchtisch, der auf dem dicken, noch teureren Teppich zwischen ihnen stand.
Honor lächelte sie an und blickte sich neugierig um. Sie besuchte Henke zum ersten Mal an Bord der Ajax , und obwohl Henkes Arbeitszimmer erheblich kleiner war als Honors herrschaftliches Quartier an Bord der Imperator , war es nach den Maßstäben der meisten Schlachtkreuzer noch immer geräumig und wahrlich bequem. Die Ajax hatte keine sechshundert Männer und Frauen Besatzung, Marineinfanterie eingeschlossen, und die Schiffsbauer waren angesichts von so viel Platz offenbar zu der Entscheidung gekommen, dass eine herrschaftliche Persönlichkeit wie ein Flaggoffizier nur das Allerbeste verdiene. Der hochflorige Teppich war von einem dunklen Scharlachrot, einer Farbe, von der Honor wusste, dass Henke sie niemals selbst ausgesucht hätte. Ohne Zweifel hatte sie die Absicht, ihn möglichst bald auszuwechseln, doch verlieh er im Verein mit den vertäfelten Schotten, der indirekten Beleuchtung und den Holoskulpturen der Kajüte eine Atmosphäre fast sündigen, heimeligen Luxus.
Vor allem aber war die Abteilung bis auf Henke, Honor und Nimitz vollkommen leer.
»Geht es dir besser?«, fragte Henke schließlich.
»Ein bisschen.« Honor schloss wieder die Augen und rollte sich die kalte Bierflasche über die Stirn. »Um einiges sogar«, fuhr sie dann fort. »Die Geistesleuchten hier draußen sind für Nimitz und mich erheblich einfacher zu ertragen.«
»Ab und an muss es einem wirklich ganz schön stinken, ein Empath zu sein«, sagte Henke.
»Du machst dir keine Vorstellung«, stimmte Honor ihr zu, öffnete wieder die Augen und setzte sich ein wenig auf. »Um ganz ernst zu sein, Mike, das ist ein Grund, weshalb ich so froh bin, dass du heute Abend mich eingeladen hast. Meine Stabsoffiziere stehen natürlich voll und ganz auf meiner Seite, aber wenn ich an Bord des Flaggschiffs geblieben wäre, hätte ich am Abend meiner Rückkehr eigentlich ein formelles Diner geben müssen. Mit meiner ältesten Freundin allein zu essen ist eine erheblich verlockendere Aussicht. Ich danke dir.«
»Wozu hat man sonst Freundinnen!«, entgegnete Henke fröhlicher, als ihr zumute war, und versuchte, sich ihre Rührung nicht anmerken zu lassen.
»Tja, die Gesellschaft ist angenehm«, sagte Honor mit einem schiefen Lächeln. »Aber wenn ich wirklich ganz ernst sein soll, ist Chief Arbuckles Paprikash die Hauptattraktion.«
»Ich sorge dafür, dass Clarissa Mac das Rezept zukommen lässt«, sagte Henke trocken.
»Achtung an Deck!«
Die Flaggoffiziere der Achten Flotte, ihre Stabschefs und ihre Flaggkommandanten erhoben sich, als Honor, Rafael Cardones, Mercedes Brigham und Andrea Jaruwalski die Abteilung betraten. Simon Mattingly und Spencer Hawke standen zu beiden Seiten der Luke am Schott vor der Abteilung, und Andrew LaFollet folgte den Raumoffizieren hinein. Er nahm mit gewohnter Unauffälligkeit seinen Platz am Schott hinter Honors Stuhl ein, und ruhige graue Augen musterten den ganzen Besprechungsraum mit einer instinktiven, mikroskopischen Aufmerksamkeit für das Detail.
»Setzen Sie sich, Ladys und Gentlemen«, sagte Honor und ging an ihren Platz.
MacGuiness hatte für Nimitz eine passende Sitzstange
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