Honor Harrington 17. Um jeden Preis
Standpunkts«, erwiderte Emily, und auf seinem Kontragravfeld rückte ihr Lebenserhaltungssessel geräuschlos ein Stück vom Tisch ab. »So, warum macht ihr beide euch jetzt nicht endlich auf? Ich habe einen langen Tag hinter mir, und ihr beide habt euch viel zu erzählen. Aber keine Fachsimpelei!«
»Nein, Ma'am«, versprach Honor demütig.
Sie und Hamish erhoben sich, und Hamish öffnete die Tür für Emilys Stuhl. Er beugte sich vor und küsste seine Frau, und sie hob die Hand und fuhr ihm leicht über das dunkle Haar. Dann war sie fort, und Hamish und Honor blickten einander an.
»Weißt du«, sagte Honor sehr leise, »keiner von uns hat sie verdient.«
»Ich wüsste niemanden, der sie verdient hätte«, entgegnete Hamish nur.
Er kam zu ihr, und sie ließ sich in seine Arme sinken. Obwohl Honor sehr groß war, überragte Hamish sie noch leicht, und in seinen Armen fühlte sie sich unglaublich gut. Sie lehnte sich in seine Umarmung, genoss den Geschmack seiner Gefühle, seiner Freude und seiner Liebe. Das ›Geistesleuchten‹ nannten es die Baumkatzen, und sie spürte seine helle Kraft. Während sie erneut auskostete, wie gut sie auf so vielen Ebenen zueinander passten, wusste sie genau, wie der Begriff geprägt worden war.
Seine Lippen fanden ihren Mund, und sie legte die Arme um ihn. Ihre Lippen hafteten für lange Zeit aufeinander. Dann nahm sie widerstrebend den Kopf zurück und sah Hamish an.
»Ich habe dich vermisst«, sagte sie leise. »Aber begreifst du, wie verrückt das ist?«
»Verrückt ist es nicht«, widersprach er mit einem leisen, schiefen Lächeln. »Nur … politisch unklug.«
»Und womöglich ein Verstoß gegen die Kriegsartikel«, sagte Honor.
»Unsinn.« Er schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, dass Artikel Einhundertneunzehn nur auf Personal in der gleichen Kommandokette anzuwenden ist.«
»Und du bist Erster Lord und ich designierte Flottenchefin.«
»Aber der Erste Lord ist Zivilist, meine Liebe.« Hamish verzog den Mund aus Belustigung und einer sehr echten, bitteren Enttäuschung. »Wenn ich Erster Raumlord wäre, dann könntest du recht haben. Aber wie es ist, könnte ich dir nicht einmal einen direkten Befehl erteilen, selbst wenn ich es wollte. Außerdem …«
Ein scharfes, lautes Blieken unterbrach ihn, und er sah zu Boden. Samantha erwiderte streng seinen Blick. Sie hob die rechte Echthand, deren Zeige- und Mittelfinger sich an den Daumen legten, dem Zeichen für ›N‹, dann nahm sie beide Echthände nach vorn und streckte die rechte Echthand mit der Fläche nach außen vor, einem ›B‹, dann beschrieb sie einen Boden vor sich und traf auf den Rücken der linken Echthand, die zum Zeichen für den Buchstaben ›S‹ geschlossen war, und schließlich öffnete Samantha sie wieder für ›N‹. Am Ende ließ sie die Finger und Handfläche der linken Echthand heruntergleiten.
»Schon gut!«, sagte Hamish lachend. »Schon gut. No business , ich schwöre es.«
Samantha bog schniefend den Schweif, und Honor fiel in Hamishs Lachen ein.
»Ist dir schon aufgefallen, wie gründlich man unser Leben für uns regelt?«, fragte sie. »Als ich nur Nimitz hatte, war es schon schlimm genug. Dann kam Mac hinzu, dann Andrew und Miranda, Simon und Spencer, und schließlich Samantha. Und jetzt Emily.«
»Wir sind ganz offensichtlich an Zahl und Feuerkraft unterlegen«, stimmte Hamish ihr zu. »In diesem Fall sieht es so aus, als könnten wir nur kapitulieren.«
»Nun, andererseits haben sich die Baumkatzen mit Emily, Nico, Sandra und Andrew verschworen, damit uns niemand stört«, sagte Honor sanft und hob den Arm, um seine Wange mit ihrer rechten Hand zu umschließen. »Und da sie sich solche Mühe gegeben haben, sollten wir wohl das Beste daraus machen.«
Ein Summen im Ohr weckte sie.
Nach fünfundvierzig Jahren Flottendienst erwachte Honor normalerweise augenblicklich und munter, doch an diesem Morgen schlug sie nur langsam die Augen auf, während Nimitz' sanfte Belustigung auf sie eindrang. Hamish drückte sich warm gegen ihr Rückgrat, den linken Arm hatte er über sie geworfen. Sie hatte beinahe vergessen, wie tröstlich es sein konnte, wenn man so aufwachte. Lächelnd erhob sie sich weiter und schmeckte Hamishs schlafendes Geistesleuchten.
Er träumte, und es war offenbar ein guter Traum. Honor war überrascht gewesen, als sie bemerkte, dass sie die Gefühle eines Schlafenden ebenso wahrnahm wie die eines wachen Menschen, und hatte sich später überlegt,
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