Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
verloren. Männer und Frauen, die noch Subalterne oder gar Mannschaftsdienstgrade gewesen waren, als sie schon den Rang eines Flaggoffiziers erreicht hatte, standen heute über ihr. Thomas Theisman etwa war noch Commander gewesen, als man sie zum Konteradmiral beförderte. Andererseits gehörte sie zu der schieren Handvoll Menschen, die bereits unter den Legislaturisten Admiral geworden waren und trotzdem noch lebten – was zählte da das Dienstalter?
Und ob das Universum nun immer fair war oder nicht, sie konnte sich nicht beschweren über den Punkt, den sie heute einnahm. Die Frau, der man die Schuld für die katastrophale Eröffnungsoffensive der Legislaturisten gegen das Sternenkönigreich von Manticore aufgeladen hatte, war auch die Frau, der man den Befehl über den entscheidenden Hammer übertrug, unter dessen Schlägen das Sternenkönigreich ein für allemal zerbrechen sollte. Fünfzehn T-Jahre hatte sie auf diesen Moment gewartet, und er schmeckte zuckersüß.
Nicodeme Sabourin verstand es gut. Ihr war es eine ganze Weile nicht bekannt gewesen, aber er hatte bei Hancock Station als Petty Officer Zwoter Klasse an Bord eines ihrer Dreadnoughts gedient. Wie sie freute er sich auf die Revanche, die ihm heute Nachmittag zuteil werden sollte.
»Wie sehen unsere Ziellösungen aus, Andrianna?«, fragte Chin sie ruhig.
»Sie sehen gut aus, Ma'am, wenn man die manticoranische Eloka bedenkt.«
»Wenn das so ist, Commander«, sagte Genevieve Chin förmlich, »haben Sie Erlaubnis, das Feuer zu eröffnen.«
»Wir sind geradewegs hineingelaufen«, sagte Theodosia Kuzak bitter. » Ich bin geradewegs in die Falle gelaufen.«
»Nicht dass wir groß die Wahl gehabt hätten, Ma'am«, sagte Captain Smithson.
Beide starrten sie in den Plot und beobachteten die weit überlegene Streitmacht, die plötzlich achteraus aufgetaucht war, während sie Gondeln aussetzten und warteten. Die Befehle waren erteilt. Ihre Raketen starteten bereits. Im Augenblick konnte Kuzak im wahrsten Sinne des Wortes nichts anderes tun, als tatenlos zuzusehen, wie andere Leute ihre Befehle ausführten.
Sie wandte den Kopf und blickte ihren Stabschef an, und Smithson zuckte mit den Schultern.
»Wir konnten sie auf Sphinx feuern lassen, und nach dem Preis, den D'Orville bezahlt hat, um sie aufzuhalten, konnten wir sie auch nicht einfach davonkommen lassen. Also mussten wir ihnen nach. Und das haben Sie befohlen.«
»Ich hätte es kommen sehen müssen«, erwiderte sie, aber leise, ganz leise, mit beherrschter Stimme. »Es ist die logische Antwort auf Harringtons Schachzug bei Lovat.«
»Aha?« Smithson neigte den Kopf zur Seite und lächelte trotz des Hurrikans aus Raketen, der auf sie zuraste, ironisch. »Und Sie sollten wohl mithilfe der Wahrsagekunst bemerken, dass Haven noch einmal hundert Wallschiffe in Reserve hielt? Dass die Havies uns mit dreihundertfünfzig Lenkwaffen-Superdreadnoughts angreifen? Und nur Sie – nicht Admiral Caparelli, nicht das ONI, nicht Admiral D'Orville oder Admiral Harrington. Nur Sie. Denn ganz offensichtlich sind Sie ganz allein an dem Debakel schuld.«
»Ich meinte nicht …«, setzte sie ärgerlich an, dann hielt sie inne. Sie blickte ihn einen Moment an, dann streckte sie die Hand vor und drückte ihm die Schulter.
»Ich denke, das habe ich verdient. Danke.«
»Nichts zu danken.« Smithson lächelte traurig. »Gehört zu den Pflichten jedes Stabschefs.«
»Also gut, Alekan«, wandte sich Alistair McKeon rau an seinen Operationsoffizier. »Wir sind das einzige Geschwader mit Apollos. Admiral Kuzak hat uns unabhängige Zielerfassung genehmigt, damit wir das System möglichst effizient einsetzen können. Das heißt, alles ruht auf Ihren Schultern.«
Commander Slowacki nickte ruckartig. »Verstanden, Sir.«
»Konzentrieren Sie sich auf den neuen Haufen«, fuhr McKeon fort. »Er ist noch nicht getroffen worden, seine Feuerleitung und seine taktischen Abteilungen sind also in bester Verfassung. Wir schalten ihm ein Schiff nach dem anderen aus.«
»Verstanden, Admiral«, sagte Slowacki wieder, und McKeon wies auf die Icons von Genevieve Chins Kampfverband.
»Gut. Und jetzt schießen Sie von den Bastarden so viele ab, wie Sie können.«
»Aye, aye, Sir!«
»Ich wünschte, Ihre Hoheit wäre hier, Sir«, sagte Commander Roslee Orndorff leise zu McKeon, als Slowacki und seine Leute begannen, ihre Ziellösungen zu aktualisieren.
»Ich nicht«, entgegnete McKeon ebenso leise und
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