Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
waren. Sie waren vielmehr sehr, sehr denen ähnlich, die sie von Nimitz schmeckte.
Während Honor das Geistesleuchten ihres Waffenträgers auskostete, kristallisierte etwas in ihr. Wieder blickte sie LaFollet an, sah die grauen Flecken in seinem noch dichten, kastanienbraunen Haar, die Krähenfüße in den Winkeln seiner ruhigen grauen Augen, die in sein Gesicht eingegrabenen Linien. Er war acht T-Jahre jünger als sie, doch physisch hätte er ihr Vater sein können.
Und außerdem war er der einzige Überlebende ihrer ersten Leibwache. Alle anderen, und allzu viele ihrer Ersatzleute, waren in Erfüllung ihrer Pflicht ums Leben gekommen. Einschließlich Jamie Candless, der an Bord eines Schiffes zurückgeblieben war, von dem er wusste, dass es gesprengt wurde, um die Flucht seiner Gutsherrin zu decken.
Für eine Treue dieser Art gab es keine adäquate Belohnung, und sie wusste, dass sie Andrew LaFollet schon mit der Andeutung, es müsste eine Belohnung geben, beleidigt hätte. Doch als sie seine tiefe Ergebenheit schmeckte, seine Liebe zu ihrem ungeborenen Sohn – und zu ihr –, erfüllte sie eine genauso tiefe Entschlossenheit.
»Andrew«, sprach sie ihn ruhig an.
»Jawohl, Mylady?«
Er blickte sie an, die Augen leicht zusammengekniffen, und sie schmeckte sein Erstaunen über ihren Tonfall.
»Setzen Sie sich, Andrew.«
Sie wies auf den Sessel neben sich, und er sah erst ihn an, dann wieder sie.
»Ich bin im Dienst, Mylady«, erinnerte er sie.
»Und Spencer steht draußen vor der Tür. Ich möchte, dass Sie sich setzen, Andrew. Bitte.«
Er musterte sie noch einen Augenblick, dann durchquerte er langsam den Raum und gehorchte. Sie schmeckte seine zunehmende Besorgnis, fast Vorsicht, doch er sah sie aufmerksam an.
»Danke«, sagte sie und streckte die Hand aus, um sie leicht auf die künstliche Gebärmutter zu legen.
»Sobald dieses Kind geboren ist, wird sich einiges ändern, Andrew. Manches davon kann ich mir noch gar nicht vorstellen, aber andere Dinge sind ziemlich offensichtlich. Zum einen wird das Gut von Harrington einen neuen Erben haben, mitsamt allen Sicherheitsfragen, die das mit sich bringt. Zum anderen wird ein brandneues menschliches Wesen im Universum existieren, dessen Sicherheit mir weitaus wichtiger ist, als meine eigene mir je sein könnte. Und deswegen habe ich eine neue Aufgabe für Sie.«
»Mylady«, begann LaFollet rasch, in fast ängstlichem Ton, »ich habe darüber nachgedacht, und ich wüsste mehrere Waffenträger, die –«
»Andrew.«
Bei diesem einen Wort schon verstummte er, und Honor lächelte ihn an, dann streckte sie die rechte Hand vor und legte sie ihm auf die Wange. Zum ersten Mal berührte sie ihn so, und Colonel Andrew LaFollet erstarrte wie ein verängstigtes Pferd.
Honor lächelte ihn an.
»Ich weiß, wen ich will«, sagte sie ruhig zu ihm.
»Mylady«, protestierte er, »ich bin Ihr Waffenträger. Ich bin geschmeichelt – und geehrt … mehr als Sie sich vorstellen können … aber ich gehöre zu Ihnen . Bitte.«
Beim letzten Wort schwankte seine Stimme ganz leicht, und Honor streichelte ihm die Wange. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Nein, Andrew. Sie sind wahrlich mein Waffenträger – das werden Sie immer sein. Mein perfekter Waffenträger. Der Mann, der mir nicht nur einmal das Leben gerettet hat, sondern immer wieder. Der Mann, der mich mehr als einmal davor bewahrt hat, den Verstand zu verlieren. Der Mann, an dessen Schulter ich geweint habe und der mir fünfzehn Jahre lang den Rücken gedeckt hat. Sie bedeuten mir viel, Andrew LaFollet. Und ich weiß, dass ich Ihnen viel bedeute. Sie sind der Mann, dem ich den Schutz meines Sohnes anvertraue. Der eine Mann, von dem ich möchte , dass er meinen Sohn beschützt.«
»Mylady …« Seine Stimme war rau, zittrig, und er schüttelte langsam, fast bittend den Kopf.
»Ja, Andrew«, sagte sie, lehnte sich zurück und beantwortete die ungestellte Frage, die sie in seinen Empfindungen schmeckte. »Ja, ich habe noch ein weiteres Motiv, und Sie haben es richtig erraten. Ich möchte dafür sorgen, dass Sie so sicher sind, wie es nur geht. Ich habe Simon, Jamie, Robert und Eddy verloren. Ich möchte Sie nicht auch noch verlieren. Ich möchte wissen, dass Sie leben. Und wenn, was Gott verhüten möge, etwas geschieht und ich falle, dann möchte ich wissen, dass Sie noch immer da sind und noch immer meinen Sohn für mich beschützen, weil ich weiß, dass niemand in diesem Universum es so gut machen wird wie
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