Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
durchaus möglich, dass wir uns gleichzeitig im Krieg mit der Republik Haven und der Solaren Liga wiederfinden. Sollte es dazu kommen, wäre unsere strategische Situation denkbar verzweifelt. In den nächsten vier bis sechs Wochen könnte sich sehr gut das Schicksal unseres Sternenkönigreichs entscheiden.«
»Sie wollten mich sprechen, Kevin?«, fragte Eloise Pritchart vorsichtig.
»So hätte ich es nicht ausgedrückt«, entgegnete Kevin Usher fast launig. »Ich würde sagen, ich musste Sie sprechen.«
»Was bedeutet, dass Sie mir etwas sagen werden, das ich nicht hören möchte.«
»Was bedeutet, dass ich Ihnen etwas sagen werde, das Sie nicht hören möchten«, bestätigte Usher. »Genauer gesagt, Senior Inspector Abrioux wird es Ihnen sagen.«
»Senior Inspector?« Die Präsidentin wandte sich der zierlichen FIA-Beamtin zu, und Danielle Abrioux erwiderte ihren Blick mit unfroher Miene.
»Madame Präsidentin«, sagte sie, »es tut mir leid, aber der Direktor und ich haben beide das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen. Wir haben alles probiert, was uns einfällt, aber wir können Ihnen den Beweis, den Sie brauchen, einfach nicht liefern.«
»Warum nicht?« Pritchart schüttelte rasch den Kopf. »Verzeihen Sie. Das klang beinahe anklagend, und so meinte ich es nicht. Ich wollte fragen, wieso laufen Sie gegen eine Mauer?«
»Weil unsere beiden Verdächtigen tot sind und wir nicht in der Lage waren, auch nur einen verdammten Komplizen zu identifizieren«, antwortete Usher an Abrioux' Stelle. »Grosclaudes Tod sieht immer noch wie Selbstmord aus, aber Danny und ich sind uns sicher, dass es Mord war. Giancola, seine schwarze Seele schmore in der Hölle, ist durch einen echten Unfall ums Leben gekommen, aber das wird niemand glauben. Und Grosclaudes sogenanntes ›Beweismaterial‹ ist eine offensichtliche, wenn auch ziemlich raffinierte Fälschung. Das sind leider die einzigen harten Fakten, die wir haben. Wir haben jede Möglichkeit ausprobiert, bis auf eine sehr öffentliche großangelegte Untersuchung, und kamen einfach nicht weiter. Und offen gesagt glaube ich nicht, dass wir irgendetwas erfahren, das wir nicht schon wüssten, wenn wir an die Öffentlichkeit gehen.
Meiner Theorie nach, und ich glaube, Danny stimmt mir da zu« – er sah Abrioux an, die nachdrücklich nickte –, »hat Giancola die Sache mehr oder minder allein durchgezogen und ist auch für die Fälschungen in Grosclaudes persönlichen Dateien verantwortlich. Er hat Grosclaude gebraucht, um die Kommuniques auszutauschen, und ich werde den Verdacht nicht los, dass er hier auf Haven noch einen Helfer hatte – jemand mit dem Computerzugang, den er benötigte. Leider gibt es überhaupt keinen Hinweis, wer das gewesen sein kann, wenn er denn überhaupt existiert und ich ihn mir nicht nur einbilde, weil ich ihn so dringend brauche, damit ich ihm mit eigenen Händen ein Geständnis entringen kann. Aber selbst wenn er existiert, Giancola steckte hinter allem.«
»Und Sie sind überzeugt, dass er nie vorhatte, es so weit kommen zu lassen, wie es kam?«
»Ich bin mir … nicht mehr so sicher, wie ich einmal war«, sagte Usher langsam, und Pritchart setzte sich gerade und blickte ihn forschend an.
»Warum nicht? Was hat sich geändert?«
»Danny hat mich neulich auf etwas hingewiesen«, antwortete Usher. »Der manticoranische Lieutenant, der vor drei Monaten versucht hat, Harrington zu töten, handelte offenbar unter einer Art Zwang. Nach den Informationen, die mir zur Verfügung stehen, war er Harrington sehr nahe. Er war eine ganze Weile bei ihr gewesen, und das Dossier des FND deutet darauf hin, dass ihr engerer Kreis ihr gegenüber fast immer sehr loyal und persönlich ergeben ist. Was immer das also für ein Zwang war, er musste stärker gewesen sein als diese persönliche Ergebenheit und den Lieutenant zu einer Tat getrieben haben, die letzten Endes selbstmörderisch war. Doch die Mantys – deren medizinische und forensische Einrichtungen, sehen wir der Tatsache ins Gesicht, besser sind als unsere – haben keinerlei Erklärung finden können, wie dieser Zwang denn nun ausgeübt wurde. Klingt das nicht ganz nach unserem Fall Grosclaude?«
»Sie glauben, dass die Hinterleute von Grosclaudes Tod – oder wer Arnold gegeben hat, was er dazu benutzte – auch Harrington zu töten versuchten?«
»Sagen wir mal, dass ich den starken Verdacht habe, dass die benutzte Technik aus der gleichen Quelle stammt. Nun bin ich ein
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