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Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami

Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami

Titel: Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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denn er war ein Bürger des Planeten Dresden.
    »Wir spaßen nicht, Henri«, erwiderte Van Dort nach sehr kurzer Pause. »Und wir nehmen die Lage auch keineswegs auf die leichte Schulter. Ich halte es jedoch für wichtig, sich zu erinnern, dass ein Mensch, der anderer Meinung ist als wir, nicht unbedingt die personifizierte Verworfenheit darstellen muss.«
    »Hochverrat kommt für mich dicht genug an die Verworfenheit heran«, entgegnete Krietzmann grimmig.
    »Allerdings«, warf Alquezar ein und schaute Krietzmann ruhig an, während der Wind mit dem Fransenrand des Sonnenschirms über ihrem Tisch spielte und die Flagge des Spindle-Systems auf dem Hotel knallen ließ, »halte ich es für klüger, Wörter wie >Hochverrat< nicht einmal vor Berhardus und mir zu benutzen, Henri.«
    »Wieso?«, versetzte Krietzmann. »Ich halte es für richtig, die Dinge beim Namen zu nennen. Achtzig Prozent der Gesamtbevölkerung des Sternhaufens haben dafür gestimmt, dem Sternenkönigreich beizutreten. Für mich macht sich jeder, der bereit ist, zu ungesetzlichen Mitteln zu greifen, um den Anschluss zu verhindern, des Hochverrats schuldig.«
    Alquezar verzog leicht gequält das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Da will ich dir nicht widersprechen, nur finde ich, dass man diesen Punkt so oder so betrachten kann, bis wir eine Verfassung bekommen, in der genau festgelegt wird, was auf sternhaufenweiter Ebene nun legal ist und was nicht. Doch so zutreffend der Begriff auch sein mag, seine Benutzung zieht gewisse politische Nachteile nach sich. Was mir augenblicklich in den Sinn kommt, ist die Tatsache, dass wir durch die Benutzung von Begriffen wie >Verrat< und >Verräter< unseren Gegnern sogar helfen, die öffentliche Meinung zu polarisieren.«
    Krietzmann funkelte ihn an, und Van Dort beugte sich vor und legte dem jüngeren Mann eine Hand auf den Unterarm.
    »Joachim hat recht, Henri«, sagte er ruhig. »Die Leute, die du beschreibst, möchten nichts lieber, als dich zu etwas provozieren - irgendetwas -, das sie und ihre Anhänger als Extremismus hinstellen können.«
    Krietzmann funkelte Alquezar noch etwas an, dann holte er tief Luft und nickte ruckartig. Seine Schultern entspannten sich leicht, und er griff nach seinem Glas - keinem Cognacschwenker wie bei Alquezar oder einem Weinglas wie bei Van Dort, sondern einem hohen, von Kondenswasser beperlten gläsernen Bierkrug. Er nahm einen tiefen Zug und senkte das Glas.
    »Also schön«, knurrte er. »Ich akzeptiere das Argument. Und ich will versuchen, mich in der Öffentlichkeit am Riemen zu reißen. Aber«, seine Augen blitzten auf, »meine private Ansicht über diese Bastarde ändert das nicht im Geringsten.«
    »Ich glaube auch nicht, dass jemand das erwarten würde«, murmelte Van Dort.
    Jedenfalls nicht, solange sie auch nur einen Funken Verstand besitzen, dachte er. Bei solch einer Frage von Henri Krietzmann emotionalen Abstand erwarten? Lächerlich!
    Bei diesem Gedanken empfand er ein vertrautes Schuldgefühl. Selbst für Randverhältnisse war Dresden entsetzlich arm. Anders als seine Heimatwelt Rembrandt oder Alquezars San Miguel, die es geschafft hatte, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen und - nach den Maßstäben des Randes - sagenhaft reich zu werden, war es Dresdens Wirtschaft nie gelungen, sich über die Rentabilitätsgrenze zu steigern. Noch heute war der Großteil der Dresdener Bürger schlecht ausgebildet, kaum besser als ungelernte Arbeiter, und für ungelernte Arbeiter hatte die moderne Industrie kaum Verwendung. Die Armut des Dresden-Systems war seit langem derart drückend, dass nur die schrottreifsten (oder verrufensten) aller Trampfrachter es anliefen, und kein anderes Sonnensystem - einschließlich Rembrandt, räumte er düster ein - hatte sich je bemüßigt gefühlt, dort zu investieren.
    Und deshalb war die medizinische Kapazität Dresdens genauso begrenzt wie seine industrielle. Deshalb hatte Henri Krietzmann seine Eltern sterben sehen, ehe sie sechzig T-Jahre alt wurden. Deshalb waren zwei seiner drei Geschwister als Kleinkinder gestorben. Deshalb fehlten ihm an seiner verstümmelten linken Hand zwei Finger, das Vermächtnis eines Betriebsunfalls in einer altmodischen Gießerei auf einem Planeten ohne Regenerationstherapie. Und deshalb hatte Krietzmann nicht einmal die billigste, simpelste Prolong-Behandlung der ersten Generation erhalten und konnte nicht damit rechnen, älter als sechzig oder siebzig Jahre zu werden.
    All das nährte Henri

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