Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
Krietzmanns Hass auf jeden, der versuchte, den Verfassungskonvent zum Scheitern zu bringen. Es hatte ihn angetrieben, sich zu bilden, sich seinen Weg aus den Elendsvierteln der Stadt Oldenburg zu bahnen und in das Getümmel der Dresdener Politik zu stürzen. Das Feuer in seinem Bauch war sein brennender Hass auf die Solare Liga und die frommen Plattitüden des Amts für Grenzsicherheit über die >Niveausteigerung auf den unglücklicherweise rückständigem Planeten des Randes. Hätte dem OFS oder irgendeiner solarischen Lobby, die solche Sorge um die Planeten des Randes zu haben behauptete, wirklich an ihnen gelegen, so hätten sie schon vor einem Jahrhundert die moderne Medizin nach Dresden bringen können. Für einen Bruchteil der Summen, die das Amt für Grenzsicherheit für seine Public Relations allein im Sol-System verbrauchte, hätte es Dresden mit einem Bildungssystem versehen können, das es der Welt gestattet hätte, von selbst moderne Industrie und Medizin aufzubauen.
Im Laufe der letzten zwanzig T-Jahre hatte sich die Situation, hauptsächlich als Folge der Bemühungen von Menschen wie Henri Krietzmann, zu ändern begonnen. Mit Zähnen und Klauen hatten sie sich aus der elendsten Not, die man sich nur vorstellen konnte, eine Wirtschaft aufgebaut, die nur noch arm war, aber nicht mehr mittellos. Eine Wirtschaft, die ihren Bürgern allmählich eine Gesundheitsversorgung gewährleisten konnte, die annähernd brauchbar zu nennen war. Ein Schulsystem, für das es unter ruinöser Anstrengung gelungen war, Lehrer von anderen Welten zu engagieren. Eine Wirtschaft, die sofort die Chancen für ihre Entwicklung erkannt hatte, als der Handelsbund an die Tür klopfte, und statt sich der >Ausbeutung< durch Rembrandt und seiner Verbündeten zu widersetzen, nach Möglichkeiten suchte, ihn für sich nutzbar zu machen.
Es war ein harter, blutiger Kampf gewesen, der den Bürgern Dresdens einen grimmig kampflustigen, wild unabhängigen Geist eingegeben hatte, dem nur die grenzenlose Verachtung für die parasitären Oligarchen von Sonnensystemen wie Split gleichkam.
O nein, Distanz war keine Eigenschaft, die man auf Dresden oft antraf.
»Also ...« Alquezars bewusst sorgloser Ton verriet Van Dort, dass sein alter Freund seinen Überlegungen hatte folgen können - und diese wahrscheinlich ebenfalls angestellt hatte. »Ganz gleich, wie Henri die gute Tonkovic nennen möchte, wenn wir unter uns sind, wir müssen noch immer entscheiden, was wir ihretwegen unternehmen wollen.«
»Das ist richtig«, stimmte Van Dort zu. »Allerdings möchte ich uns alle warnen - mich eingeschlossen -, dass wir uns hüten müssen, den unpassenden Eindruck zu erwecken, wir würden uns miteinander absprechen. Das gilt besonders für dich, Joachim und mich einer- und Henri andererseits.«
»Ach, jetzt lass es doch gut sein, Bernardus!« Ein plötzliches Grinsen brach Krietzmanns grimmigen Ausdruck, und er schnaubte aufrichtig erheitert. »Jeder Wähler im Sternhaufen weiß, dass du und dein Handelsbund den Antrag auf Anschluss initiiert hast, skrupellose, verschlagene Geldraffer, die ihr seid. Jawohl, und finanziert habt ihr ihn auch noch. Und Joachim ist der Chef der Verfassungsunionspartei - und beim Konvent zufällig der oberste Delegierte von San Miguel, das zufällig ebenfalls Mitglied des Handelsbundes ist ... und da ist er zufällig Hauptanteilseigner. Wer mit dem IQ einer Felsenlarve wird also glauben, dass wir nicht unter einer Decke stecken, egal, was wir tun?«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, räumte Van Dort mit einem eigenen schwachen Lächeln ein, »aber es sind dennoch Prioritäten zu beachten. Besonders da du gegenwärtig Präsident des Konvents bist. Es ist vollkommen vernünftig und angemessen, wenn du dich mit politischen Führern und Unterstützern unterhältst, und dein Wahlkampf zielte darauf, den Anschluss durchzusetzen. Dennoch ist es immer noch wichtig, den Eindruck zu vermeiden, dass wir >skrupellose, verschlagene Geldraffer< sind, die dich in der Tasche haben. Das heißt, natürlich nur, wenn du mit allen Delegierten effizient zusammenarbeiten möchtest.«
»Da ist wahrscheinlich etwas dran«, stimmte Krietzmann zu. »Trotzdem glaube ich nicht, dass jemand wie Tonkovic sich Illusionen macht, ich könnte warme Gefühle hegen, was sie betrifft.«
»Natürlich nicht«, pflichtete Alquezar ihm bei. »Aber lass es mich sein, der sich offen mit ihr anlegt. Du musst über den Kämpfen stehen. Üb dich schön im
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