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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Bauwerks.
    Während Gerrick noch ungläubig hinüber starrte, bog die Strebe sich wieder, verdrehte sich in ihrem Sockel, als wäre sie mit Sand festgestampft worden und nicht eingegossen in das dichteste, härteste mineralische Material, das der Menschheit bekannt war. Das konnte einfach nicht geschehen! Das war nicht nur unwahrscheinlich, sondern unmöglich … Gerrick wußte das, denn er war der Mann, der das Bauwerk konstruiert hatte – und doch geschah es vor seinen Augen.
    Er blickte unverwandt auf die Stützen, die der Strebe halfen, ihre Komponente des Kuppelgewichts zu tragen. Ein ungeübtes Auge hätte nicht einmal gewußt, wohin es schauen sollte; für Gerrick war das offensichtlich, denn er hatte noch an diesem Vormittag stundenlang über den Bauplänen gebrütet. Das Herz klopfte ihm vor Entsetzen bis zum Hals, als er bemerkte, daß sich eine der Stützen ebenfalls verschob!
    Für einen furchtbaren, endlos anmutenden Moment starrte er darauf, und sein Ingenieursverstand wußte bereits, welches Desaster nun folgen würde. Es war nur ein Moment, vielleicht vier Sekunden lang – oder auch fünf, aber keinesfalls länger als sechs –, und doch sollte dieser Moment der gelähmten Untätigkeit Adam Gerrick bis an sein Lebensende verfolgen. Nicht, daß der Moment einen Unterschied ausgemacht hätte. Das wußte er, ohne darüber nachdenken zu müssen – denn das Wissen stellte sich einfach ein. Zuviel Masse war in Bewegung gebracht. Die unausweichliche Ereigniskette lief außerhalb menschlicher Kontrolle ab, und nichts, was Gerrick tat oder unterließ, vermochte daran auch nur das geringste zu ändern, dennoch konnte er sich diesen Moment des Verharrens niemals vergeben.
    Ein leises, beinahe unhörbares Ächzen ertönte an den sich bewegenden Stützstreben, und eine Crystoplastscheibe brach los. Das glitzernde Segment fiel, denn es besaß keine Kontragravs mehr, auf denen es schweben konnte, fiel wie ein schimmerndes Fallbeil zu Boden, und Adam Gerrick begann zu rennen.
    Er sprang vom Gerüst und brüllte eine Warnung, dann rannte er auf den zusammenbrechenden, aus seiner Vision geborenen Alptraum zu. Wahnsinn – ein Rennen, das ihm womöglich den Tod einbrachte, wenn er es gewann, aber daran dachte er nicht. Er dachte nur an die Kinder, die an der Stelle des Bauplatzes standen, die am sichersten sein sollte – unmittelbar unter den Pfeilern, die knirschten, ächzten und sich heimtückisch bewegten.
    Wenn er schneller reagiert hätte, warf er sich später vor, wenn er früher losgerannt wäre, wenn er etwas lauter gebrüllt hätte, dann wäre etwas – irgend etwas – vielleicht anders gekommen. Der Ingenieur in ihm, der Teil seines Verstandes, der mit Zahlen und Belastungsfaktoren und Kraftvektoren hantierte, dieser Teil wußte es besser, doch Gerrick hatte selbst zwei Kinder, und der Vater in ihm würde sich niemals vergeben können, daß er nicht irgend etwas bewirkt hatte.
    Er sah noch, wie eins der Kinder sich umdrehte und ihn anblickte. Es war ein Mädchen, nicht älter als elf, und Adam Gerrick sah sie lächeln – sie wußte nicht, was vorging. Er sah, wie sie ihm zuwinkte, glücklich und aufgeregt über all den Tumult – und dann sah er achtzigtausend Tonnen Legierung und Crystoplast und entfesseltes Entsetzen aufprallen und dieses Lächeln für immer auslöschen.
     

20
    Honor Harrington saß in ihrer Kajüte und starrte dumpf ins Nichts; Nimitz hatte sich in ihren Armen zusammengerollt und drückte sie mit dem Näschen. Diesmal war selbst er zu ausgelaugt, zu niedergeschlagen, um sie zu trösten, denn auch Nimitz liebte Kinder.
    Dreißig Kinder, dachte Honor und fühlte in sich nur Leere. Dreißig Kinder, die ältesten gerade dreizehn Jahre alt – alle in einem Augenblick des Grauens ausgelöscht, erschlagen, zu Tode gequetscht, zermalmt unter achtzigtausend Tonnen Trümmern, und alles war ihre Schuld. Was auch immer geschehen war, was auch immer zu dem Desaster geführt hatte – sie war diejenige, die Sky Domes gegründet und finanziert hatte. Ihr Geld hatte der Firma den Weg zum Erfolg gebahnt, und ihr Eifer, ihren Siedlern Arbeit und Brot zu verschaffen, hatte das Unternehmen sich über den ganzen Planeten ausbreiten lassen.
    Eine Träne lief ihr die Wange hinunter. Für die künstlichen Nerven in Honors linker Gesichtshälfte fühlte sie sich prickelnd und fremdartig an, aber sie gab sich keine Mühe, sie abzuwischen. Kinder , dachte sie verzweifelt. Du hast Kinder getötet, wen

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