Honor Harrington 5. Im Exil
und lächelte den freundlichen alten Mann mit Wärme an; er hatte ihr trotz des Aufruhrs, den sie über den Planeten gebracht hatte, bei jeder Gelegenheit geholfen. »Euer Gnaden«, sagte sie, streckte dabei die Hand aus und legte sie ihm auf die Schulter, »Ihre ›bescheidene Unterstützung‹ bedeutet mehr Feuerkraft als jeder vernünftige Mensch verlangen könnte. Ich danke Ihnen. Ich danke Ihnen sehr.«
»Kein Grund, mir zu danken, Mylady«, entgegnete der Reverend milde und bedeckte ihre Hand auf seiner Schulter mit der eigenen Rechten. »Ich betrachte es als Vorrecht und als Ehre, Sie jederzeit in jeder erdenklichen Weise zu unterstützen.«
25
Als KV 14 seine Alpha-Transition machte, konnte Thomas Theisman sich endlich entspannen. Unternehmen Dolch war im Gang, und wie immer bedeutete es für ihn eine große Erleichterung, daß die Operation begonnen hatte, und doch war die Erleichterung nicht ganz ungetrübt.
Bislang ist alles gut gegangen , wandte er sich an die nörglerische innere Stimme der Unruhe. Obwohl der Kampfverband sich während der Übungen nur neun Hyperstunden von Casca entfernt befunden hatte, bot das interstellare Weltall ein gewaltiges Versteck. Daß er die operative Sicherheit gewahrt hatte, war schon vorteilhaft, aber noch mehr freute ihn, daß die letzten Simulationen viel besser verlaufen waren als alle anderen zuvor: Die Computer waren zu dem Schluß gelangt, daß KV 14 nur unwesentliche Verluste erlitten und sämtliche Missionsziele des Unternehmens Dolch innerhalb des spezifizierten Zeitrahmens erreicht hatte.
Was war sein Problem? Der alte Aberglaube, daß eine fehlgeschlagene Generalprobe der beste Vorbote einer erfolgreichen Aufführung sei? Oder die Tatsache, daß der Kampfverband trotz seiner Nähe zu Casca nicht in der Lage gewesen war, die Anwesenheit weiterer graysonitischer Superdreadnoughts in jedem Sonnensystem zu bestätigen? Er versuchte seine Bedenken zu beschwichtigen, indem er die graysonitischen Überholzeiten für Großkampfschiffe, wie sie die Feindaufklärung prognostiziert hatte, noch einmal innerlich wiederholte, aber aus irgendeinem Grunde reichte ihm das alles noch nicht.
Er atmete tief durch und blickte sich beinahe verstohlen um, als er sich in der Abgeschlossenheit der eigenen Gedankenwelt die Wahrheit eingestand. Die letzte aktualisierte Meldung der Feindaufklärung hatte einen Verweis enthalten, der Thomas Theisman ausgesprochen beunruhigte. Die Systemsicherheit hatte seit dem Staatsstreich die Verbreitung von Geheimdienstinformationen nach Möglichkeit unterbunden. Alles wurde nun auf der Basis gehandhabt, daß man nur erfahren durfte, was man unbedingt wissen mußte. Ganz offensichtlich war SyS der Ansicht, daß gerade Navyoffiziere so gut wie gar nichts wissen müßten. Dennoch hatte die Organisation, die einst der Flottennachrichtendienst gewesen und nach dem Putsch von der Systemsicherheit geschluckt worden war, einige Meldungen endgültig bestätigt: Honor Harrington hatte sich nach jenem katastrophalen Duell auf Manticore offenbar ins Jelzin-System zurückgezogen.
Theisman schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand nur so unfaßbar dumm sein, ausgerechnet Harrington wegen einer solchen Lappalie auf den Boden zu setzen? Schon der erste oberflächliche Blick auf die Pressemeldungen zeigte doch eindeutig, daß dieser Pavel Young sich alles, was er bekam, auch redlich verdient hatte. Auf eine höchst merkwürdige, geradezu besitzergreifende Weise war Thomas Theisman stolz, daß ausgerechnet Harrington ihn besiegt hatte. Der Gedanke belustigte ihn ein wenig, aber es stimmte. Er betrachtete Honor Harrington als eine Feindin, aber sie war eine anständige, ehrenhafte Gegnerin, und nachdem er und seine Leute sich ihr im Jelzin-System ergeben mußten, hatte Harrington sie würdevoll und mit Respekt behandelt – obwohl sie genau wußte, daß die Volksflotte ungeachtet der aufgepfropften Geschichte mit Vorbedacht Manticoraner angegriffen und getötet hatte.
Außerdem ist sie eine der besten in unserem Geschäft , dachte er. Sogar die Volksflottenoffiziere, die Harrington hassen – und davon gibt’s ‘ne Menge –, müssen das zugeben. Sie ist der Typ Raumoffizier, für den jede Flotte töten würde, um ihn anzuwerben – und die Royal Manticoran Navy setzt ausgerechnet sie auf Halbsold? Weil sie ein Stück blaublütigen Abschaums in einem fairen – und gesetzmäßigen – Kampf abgeknallt hat? Unfaßbar, das Ganze!
Aber so dämlich die Manties
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