Honor Harrington 5. Im Exil
Hochadmiral Matthews froh ist, ihn zu haben – Yu ist nämlich wirklich so gut wie sein Ruf –, aber was der Oberbefehlshaber auch immer sagt, er weiß, daß eine ganze Menge graysonitischer Offiziere nur darauf warten, daß Yu einen Fehler begeht, und dann hauen sie ihn in die Pfanne.«
»Das ist mir klar«, murmelte Honor leise und spürte, wie die Scham erneut in ihr aufbrandete, denn genau dazu war auch sie bereit gewesen. Sie trommelte mit den Fingern auf die Sofalehne und zuckte schließlich die Achseln. »Nun, wenn Sie mit ihm zufrieden sind, Frau Stabschefin, dann kann ich ja wenigstens aufgeschlossen bleiben.«
Mercedes nickte und gab dadurch wortlos zu verstehen, daß sie das Eingeständnis, das hinter diesen Worten verborgen lag, verstanden hatte.
Honor grinste trocken. Mercedes war stets eine gelassene, taktvolle Haut gewesen.
»Also schön. Genug von Captain Yu. Rufen wir Mac, damit er mir Kakao und Ihnen Kaffee bringt, und dann können Sie mir die restlichen Flaggspezialisten knapp umreißen.«
11
»… also bringt Earl White Haven die Havies rings um Nightingale und Trevors Stern zwar immer noch in Bedrängnis, aber es sieht nicht danach aus, als würde der Widerstand in nächster Zeit zusammenbrechen.«
Lieutenant Commander Paxton verstummte und drückte eine Taste auf seinem Memopad, woraufhin die bewegte Displaydarstellung erstarrte. Er blickte sich am Konferenztisch um, als wolle er die anderen zu Fragen ermuntern, aber Honor nickte lediglich. Paxtons Zusammenfassung der Lage an der Front war so umfassend gewesen, wie man es von jemandem mit seinen Referenzen nur erwarten konnte.
»Danke, Commander«, sagte sie. »Um ehrlich zu sein, mache ich mir mehr Sorgen um unsere Situation unmittelbar in diesem System. Was können Sie uns betreffs der Homefleet berichten?« Es kam ihr merkwürdig vor, den Begriff auf einen nicht-manticoranischen Verband anzuwenden, aber da die graysonitische Homefleet aus elf Superdreadnoughts bestand, hatte sie den Titel verdient.
»Alle Anzeichen weisen darauf hin, daß wir in Kürze einige einschneidende Veränderungen erleben werden, Mylady. Sicherlich ist Commander Bagwell« – Paxton nickte dem Operationsoffizier zu – »über die Einzelheiten besser in Kenntnis als ich, aber meiner Meinung nach werden die Manties …«
Er verstummte, und sein Gesicht färbte sich purpurn. Honor hob eine Hand vor den Mund, um dahinter ihr Grinsen zu verbergen. Nimitz war weniger beherrscht. Sein leises, amüsiertes Blieken war in der Stille deutlichst zu hören, und Paxton lief noch röter an.
»Ich bitte um Entschuldigung, Mylady. Die Manti coraner , wollte ich sagen.«
»Nein, Commander, die ›Manties‹, wollten Sie sagen«, entgegnete Honor, ließ die Hand sinken und zeigte ihm offen ihr Lächeln. »Ich habe das Wort schon früher einmal gehört, wissen Sie, und solange Sie keine – abwertenden Attribute hinzufügen, werfe ich Ihnen nichts vor.«
»Ich …« Paxton unterbrach sich erneut, dann grinste er plötzlich und hob kapitulierend beide Hände. »Ich bitte um Gnade, Mylady.« Honor erwiderte das Grinsen, und der Lieutenant Commander sammelte sich wieder. »Auf jeden Fall werden die Manticoraner ihre verbliebenen Wallschiffe irgendwann im Laufe der nächsten Wochen von Jelzins Stern abziehen. Fred?«
Er blickte Bagwell fragend an, und der Operationsoffizier nickte.
»Noch haben wir nichts Offizielles, Mylady«, sagte er, »aber ich habe eine informelle Warnung von der Kommandozentrale erhalten. Admiral Suarez hat den Hochadmiral offiziell in Kenntnis gesetzt, daß die manticoranische Admiralität die Schiffsverteilungen neu abwägt. In Anbetracht der Verhältnisse an der Front rechnet Command Central damit, daß die RMN ihre Präsenz im Jelzin-System drastisch reduzieren wird, da wir nun ja mehr oder weniger selbst auf uns aufpassen können. Weil die Hälfte ›unseres‹ Schlachtwalls nach wie vor aus manticoranischen Schiffen besteht, wird ein Abzug uns schwer treffen.«
Honor hob eine Augenbraue, aber Bagwell schüttelte rasch den Kopf.
»Command Central beschwert sich nicht, Mylady. Wenn die Offensive der Allianz ihre Dynamik behalten soll, hat die RMN keine andere Wahl, als Verstärkungen zusammenzuziehen, und von irgendwo her müssen die Schiffe schließlich kommen. Es ist eigentlich ganz logisch, daß wir die stationierten Einheiten verlieren. Unter den gegebenen Umständen hat man uns sehr früh im voraus über mögliche Änderungen
Weitere Kostenlose Bücher