Honor Harrington 5. Im Exil
Wenn die Kirche wünscht, daß diese Ämter besetzt werden, so soll sie sie dem Mann zurückgeben, von dem Gott will, daß er sie besetzt! Bis dahin werde ich jedoch niemanden ernennen, der sie innehaben soll, und schon gar keinen von denen, die sich Gottes Willen widersetzen! Besser, meine Leute haben gar keinen Priester als einen falschen!«
»Wenn Sie sich weigern, jemanden in die Kanzel der Burdetter Kathedrale zu rufen, dann wird die Vaterkirche eine eigene Wahl treffen, Mylord«, erklärte Allman eisern, und Burdette sprang wütend auf.
»Dann tut das doch!« brüllte er. Mit den Fäusten schlug er auf den Tisch und beugte sich zum Diakon vor. »Sagen Sie ihnen, sie sollen es doch tun«, zischte er in einem Ton, der durch seine eisige Kälte um so bedrohlicher wirkte. »Aber man kann mich nicht zwingen, an den Gottesdiensten teilzunehmen oder einen Mann als meinen Seelsorger anzunehmen, den ich ablehne, Diakon ! Wir werden ja sehen, wie die Menschen auf Grayson, die Gott die Treue halten, darauf reagieren, wenn ein Gutsherr auf jeden beliebigen feigen Schwächling spuckt, den die Sakristei auswählt, sich die heiligen Ämter der Vaterkirche anzumaßen!«
»Hüten Sie sich, Gutsherr!« Allmans Stimme klang erheblich weniger aufgewühlt, aber ebenso kalt. »Gott weist niemanden zurück, der Ihn mit offenem Herzen sucht. Der einzige Weg, der in die Hölle führt, ist der Weg eines Mannes, der sich aus freiem Willen von Gott abkehrt, aber diesen Weg gibt es, und Sie haben gerade auf eigenes Risiko den Fuß darauf gesetzt.«
»Raus mit Ihnen!« rief Burdette mit gepreßter, eisiger Stimme. »Gehen Sie zu Ihren speichelleckerischen Herren zurück. Sagen Sie Ihnen, sie könnten meinetwegen vor dieser fremdweltlichen Hure katzbuckeln und versuchen, Gottes Gebote zu pervertieren, wenn sie es darauf anlegen, aber ich – ich weigere mich. Sollen sie doch ihre eigenen Seelen zur Verdammnis verurteilen, wenn sie wollen – meine nehmen sie nicht mit in die Hölle!«
»Sehr wohl, Mylord«, sagte Allman und verbeugte sich mit unterkühlter Würde. »Ich werde für Sie beten«, fügte er hinzu und verließ das Büro, während Burdette ihm mit eiskalter Wut hinterher starrte.
13
Es war schon spät, und unter dem seidenen Kimono trug Honor bereits ihren Pyjama. Endlich wurde sie mit dem letzten Bericht fertig und konnte die Datei in ihrem Terminal schließen, dann lehnte sie sich mit schwermütiger Miene zurück. Sie rieb sich einen Augenblick die Nasenspitze und griff nach der Tasse Kakao, die MacGuiness ihr auf den Schreibtisch gestellt hatte. Der Steward hatte sie streng angeblickt und sodann betont auf das Chronometer geschaut, bevor er sich zurückzog. Die Erinnerung machte sie lächeln, während sie an dem dicken, süßen Gebräu nippte. Sie wippte mit dem Sessel vor und zurück; noch würde sie nicht einschlafen können.
Das 1. Schlachtgeschwader konnte man noch immer bei weitem nicht gefechtsbereit nennen, doch allmählich formte sich der Stab zu einer präzise arbeitenden, gut ansprechenden Maschine. Mercedes Brighams gelassenes, still kompetentes Naturell eignete sich vorzüglich als Gegengewicht zu Commander Bagwells humorloser Detailverliebtheit und Commander Sewells respektloser Unbekümmertheit. Mit Paxtons scharfem, analytischen Verstand gekoppelt bildeten Mercedes, Bagwell und Sewell die ranghöchsten Flaggspezialisten, ein formidables Instrument, das auf jede von Honors Anordnungen reagierte und in der Lage war, alle delegierten Aufgaben effizient und reibungslos zu erledigen.
Aber ein Geschwader mußte sich auf mehr verlassen können als den Stab der Kommandeurin; die Divisionschefs und Schiffskommandanten dieser ganz speziellen Befehlshaberin begingen Fehler, die sie bei ihren Dienstgraden eigentlich nicht mehr machen dürften. Noch immer mußten sie sich in die Möglichkeiten und die Kampfkraft ihrer Schiffe einfühlen – und daß das Flaggschiff so viel Zeit auf der Aufschleppe verbrachte, war nicht gerade eine Hilfe dabei. Lieutenant Commander Matthews und die Ingenieure der Terrible arbeiteten fast rund um die Uhr, aber der Superdreadnought zeigte infolge des Umbaus und der Neuausstattung eine alarmierende Anzahl von eigentlich geringfügigen Problemen, die in der Summe gravierend wurden, ganz wie Yu es prophezeit hatte. Die Reparaturen bedingten, daß das Geschwader zuviel Zeit mit Simulationen vertat und zu selten zu echten Übungen auslaufen konnte. Addierte man eine Geschwaderchefin
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