Honor Harrington 5. Im Exil
Miststück vorsetzen ließen! Bei Gott, Samuel, die Frau hurte mit diesem fremdweltlichen Bastard – wie hieß er? Tankersley? – … Sie hurte mit ihm damals herum, und Mayhew wußte Bescheid! Hat er uns ein Wort davon gesagt? Natürlich nicht! Er wußte genau, daß er sie dann niemals an den Schlüsseln vorbeibekommen hätte!«
»Da wäre ich mir gar nicht so sicher«, wandte Mueller widerstrebend ein. »Ich meine, ungläubig oder nicht, sie hat uns wirklich vor Masada gerettet.«
»Aber nur, damit ihre Seite uns schlucken konnte! Wir wußten genau, daß die Masadaner unsere Feinde sind, und darum hat Satan uns etwas Heimtückischeres auf den Hals gehetzt: Er bot uns Harrington als ›Heldin‹ und lockte uns mit ›moderner Technik‹ – und Mayhew, dieser Trottel, hat diesen Giftköder geschluckt! Welchen Unterschied macht es denn, ob Masada uns mit Waffengewalt vernichtet oder Manticore mit Tricks und Bestechung?«
Mueller nippte an seinem Wein und hatte die Augen fast ganz geschlossen. Er war ebenfalls der Meinung, daß Benjamin Mayhews »Reformen« die Welt vergifteten, aber die ungezügelte religiöse Inbrunst seines Gastgebers fand er ermüdend. Und gefährlich. Burdette war zu sehr Fanatiker, und Fanatiker neigten zu … überstürztem Handeln. Jede Hast aber konnte sich als fatal erweisen – Harrington und Mayhew waren zu beliebt, und die Vorarbeit, diese Beliebtheit zu untergraben, war noch nicht geleistet, also bot es sich wohl an, zur Vorsicht zu mahnen.
»Und was ist mit den Haveniten?« fragte er. »Wenn wir mit Manticore brechen, wie hindern wir die Volksrepublik daran, uns geradewegs zu erobern?«
»Mylord, Haven hätte kein Interesse an uns, wenn Manticore uns nicht in diese Allianz gelockt hätte«, entgegnete Marchant, bevor Burdette etwas sagen konnte. » Königin Elisabeth reicht es nicht, uns zu korrumpieren, sie mußte uns auch in diesen gottlosen Krieg verwickeln.«
»Und auch das hat Mayhew erst möglich gemacht«, fügte Burdette in gemäßigterem, überzeugenderem Ton hinzu. »Er war die treibende Kraft, und das aus Eigennutz! Über hundert Jahre regiert nun der Rat auf Grayson. Der Mistkerl benutzte die ›Krise‹ überhaupt erst hervorgerufen, indem er den Rat dazu bewegte, ein Bündnis mit Manticore in Erwägung zu ziehen, und dann hat er die Krise benutzt, um die Zeit zurückzudrehen und uns zu zwingen, seine ›persönliche Herrschaft‹ anzuerkennen. Persönliche Herrschaft!« Burdette spuckte tatsächlich auf den teuren Teppich der Bibliothek. »Der Kerl ist, verdammt noch mal, ein Diktator, und Sie und John wollen mir mit ›legalen‹ Mitteln kommen?«
Mueller setzte zu einer Antwort an, doch dann schwieg er und trank noch einen Schluck Wein. Was Burdette in seiner Tirade andeutete, war durchaus erschreckend, und Mueller war sich nicht ganz sicher, ob er Marchants Einstufung der havenitischen Ambitionen ohne weiteres akzeptieren konnte. Andererseits mußte er sich fragen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Volksrepublik wohl einen ehemaligen Verbündeten Manticores angreifen würde? Würde man nicht eher dazu neigen, Grayson zufriedenzulassen und eine Politik der Schonung zu verfolgen, damit auch andere manticoranische Verbündete über die Vorzüge der Neutralität nachzudenken begannen? Und so übertrieben Burdettes Beschreibung der innenpolitischen Verhältnisse auch sein mochte, sie besaß einen wahren Kern – einen schmerzlichen Kern.
Lange vor Benjamin Mayhews Geburt hatte der Rat das Protectorenamt auf den Status einer Galionsfigur reduziert, und dem Konklave der Gutsherren war das nur recht gewesen, denn dieses kontrollierte wiederum den Rat. Nur ist Benjamin etwas eingefallen, das die Schlüssel vergessen hatten , dachte Mueller verbittert. Der Protector hatte sich daran erinnert, daß das Volk von Grayson den Namen Mayhew noch immer verehrte. Als der Masadanische Krieg eine schwere Krise heraufbeschwor, hatte Benjamin rasch und entschlossen gehandelt, während der Rat und die Schlüsselträger noch lange hin und her überlegten. Mueller trat die Schamröte ins Gesicht, als er sich an seine damalige Panik erinnerte, aber er war zu ehrlich, um sie vor sich selbst zu verleugnen.
Schon allein dadurch hätte die Macht des Rates zerschlagen werden können, doch dann überlebte Benjamin Mayhew zu allem Überfluß auch noch den makkabäischen Mordanschlag, und Manticore hatte die masadanische Bedrohung ein für allemal beseitigt. In der Summe hatten diese
Weitere Kostenlose Bücher