Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Lichtsekunden vom Planeten entfernt ist, muß er die Signalanlagen des Schiffes benutzen, um den Zündbefehl zu übertragen!«
»Genau.« Honors schokoladenfarbene Augen leuchteten genauso hell wie Caslets, und sie grinste. »Davon abgesehen sehe ich eine Möglichkeit, auch den Zeitzünder auszuschalten … oder uns wenigstens eine weitere Stunde zu verschaffen, in der wir ihn finden können.«
Caslet massierte sich das Kinn. »Tatsächlich?«
»Ich glaube schon. Harry«, wandte sie sich an ihren Leitenden Ingenieur, »Sie müssen sich dazu eine Sonderanfertigung aus dem Ärmel schütteln. Zuerst …«
»Also schön, Mr. Warnecke«, sagte Honor einige Stunden später zu dem Gesicht auf dem Combildschirm. »Wie angekündigt habe ich die Lage überdacht, und nun möchte ich Ihnen ein Angebot machen.«
»Oh, wirklich?« Warnecke lächelte wie ein freundlicher Onkel und hob einladend die Hände. »So sprechen Sie doch, Captain Harrington! Bezaubern Sie mich mit Ihrer Weisheit.«
»Sie möchten das Sonnensystem verlassen, ich möchte sichergehen, daß Sie im Zuge Ihres Aufbruchs nicht den Planeten sprengen, richtig?« Honor sprach mit gelassener Stimme und mußte sich anstrengen, den Glutofen von Andrew LaFollets Emotionen zu ignorieren. Durch die Verbindung mit Nimitz schlugen die Gefühle ihres Chefleibwächters zu ihr über; LaFollet war von ihrem Vorhaben in höchstem Maße entsetzt, doch darauf konnte sie im Augenblick keine Rücksicht nehmen. Ihre Aufmerksamkeit galt allein dem Köder, mit dem sie einen Mann vielleicht in die Falle locken konnte, der den Kosmos lediglich als ein Anhängsel seiner selbst betrachtete und von anderen das gleiche erwartete. Deshalb mußte sie sich ganz auf den Feind konzentrieren.
»Damit erscheinen mir unsere Positionen recht genau zusammengefaßt«, schmunzelte Warnecke.
»Fabelhaft. Ich werde Sie und Ihre Leute an Bord des Tenders lassen – aber erst, nachdem ich eine Entermannschaft in das Schiff geschickt habe und diese sämtliche Kommunikationssysteme funktionsunfähig gemacht hat.« Warnecke legte den Kopf schräg; seine Miene war erstarrt. Honor lächelte. »Ohne Schiffssysteme, um Ihren Detonationsbefehl zu senden, können Sie mir nicht im letzten Moment noch einen Strich durch die Rechnung machen, nicht wahr?«
»Das können Sie doch im Leben nicht ernst meinen, Captain!« Diesmal klang Warnecke gereizt, und er zog ein finsteres Gesicht. »Wenn Sie mir die Möglichkeit zu senden nehmen, entwinden Sie meiner Hand die Waffe. Ich fürchte, ich bin nicht sonderlich interessiert, an Bord eines Schiffes zu gehen, das unmittelbar darauf in Stücke geschossen wird.«
»Geduld, Mr. Warnecke, nur Geduld!« Honor lächelte breiter. »Nachdem meine Marines die Signalanlagen Ihres Schiffes funktionsuntüchtig gemacht haben, gehen Ihre Auserwählten an Bord. Aber Sie selbst und nicht mehr als drei Leute, die Sie sich aussuchen können, begeben sich an Bord eines einzelnen, unbewaffneten Shuttles, der an der Außenhülle des Reparaturschiffes angelegt hat. Ich werde mich in Begleitung dreier Offiziere dort zu Ihnen gesellen. Der Sender des Shuttles wird selbstverständlich in der Lage sein, den Sprengbefehl jederzeit zu übermitteln. Sobald wir alle im Shuttle sind, werden meine Leute alle Sender an Bord sämtlicher Beiboote in den Hangars unbrauchbar machen. Sobald ich die Meldung erhalte, daß alle Langstreckensender funktionsuntüchtig sind, wird der Tender die Umlaufbahn verlassen dürfen. An Bord des Shuttles befindet sich darüber hinaus ein Kurzstreckenfunkgerät – maximal fünfhundert Kilometer Reichweite –, durch das Sie mit Ihren Leuten an Bord des Schiffes in Verbindung bleiben. Sobald diese sich davon überzeugt haben, daß die Entermannschaft den Tender wieder verlassen hat, können Sie den Befehl zum Auslaufen geben. Sie, meine drei Offiziere und ich bleiben für die Dauer der Reise zur Hypergrenze an Bord des Shuttles. Unter der Voraussetzung, daß vor der Grenze nichts … Unglückliches geschieht, gehen Sie an Bord des Schiffes. Meine Offiziere und ich legen mit dem Shuttle ab und kehren zu meinem Schiff zurück. Auf diese Weise nehmen wir die einzige Möglichkeit mit, die Sprengladungen zur Explosion zu bringen. Da der Shuttle wie gesagt unbewaffnet ist, werden wir nicht in der Lage sein, Ihren Aufbruch in irgendeiner Weise zu behindern.«
Mit der offenen Hand machte sie eine einladende Geste und wölbte auffordernd beide Augenbrauen.
Warnecke starrte
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