Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
auf dem Combildschirm schließlich aus und lachte leise. »Ob wir wohl Zeit zu einem Pokerspiel finden, Captain? Ich fände es höchst interessant, ob sich Ihre Glücksritternatur auch auf die Karten überträgt.«
»Ich spiele nicht, Mr. Warnecke. Sie können den Planeten vernichten, Sie können mich töten, aber nur, wenn Sie bereit sind, selbst zu sterben. Wenn nichts … Unglückseliges geschieht und Sie zum festgelegten Zeitpunkt an Bord Ihres Schiffes gehen – sagen wir, zehn Minuten vor der Hypergrenze –, legen meine Offiziere und ich mit dem Shuttle, Ihrem Sender und der Sprengladung von Ihrem Tender ab.«
»Hm, hm, hm«, machte Warnecke. Schweigend dachte er eine Weile nach und nickte schließlich. »Nun gut, Captain Harrington. Wir sind uns handelseinig.«
32
Die technische Umsetzung der Absprache nahm Stunden in Anspruch, aber das Endergebnis entsprach Honors Absichten. Es war äußerst unangenehm, Warneckes weltmännischen Spott zu erdulden, während er die Wayfarers zwang, sich seinem Verlangen nach Freiheit zu fügen, aber das konnte Honor hinnehmen. Denn so lange die komplizierten Verhandlungen auch andauerten, eins hatte Warnecke offenbar nicht begriffen, eine Nebensächlichkeit, doch in diesem Fall eine sehr bedeutende:
Honor hatte nie versprochen, ihn wirklich entkommen zu lassen.
Jedesmal, wenn die Sprache darauf kam, hatte sie von Möglichkeiten gesprochen: Falls Warnecke ihre Bedingungen annahm und falls alles wie vereinbart ablief, dann würde er das System verlassen dürfen. Aber Honor wußte bereits, wie sie sicherstellen würde, daß nichts wie vereinbart ablief – und hatte niemals versprochen, dergleichen zu unterlassen.
Der erste Schritt bestand darin, eine Entermannschaft an Bord von Warneckes Schiff zu bringen, und er verlief glatter als Honor erwartet hätte. Scotty Tremaines Pinassen brachten Susan Hibson und eine ganze Kompanie Marineinfanteristen in Panzeranzügen zum Reparaturtender, während zwei von Jacquelyn Harmons LACs wachsam längsseits schwebten. Der Crew des Tenders widerstrebte es offenbar sehr, die grimmigen, schwer bewaffneten und gepanzerten Soldaten an Bord zu lassen, aber wie sollten die Leute den Marines den Zugang verwehren? Eine flüchtige Begutachtung zeigte, daß der Tender noch langsamer war, als Honor vermutet hatte – es handelte sich um eine große, schwerfällige Reparaturwerft, die mit nicht mehr als 1,37 Kps² zu beschleunigen vermochte. Außerdem besaß der Tender keine Offensivarmierung, er hatte nicht einmal Nahbereichs-Abwehrwaffen und wurde damit zu einem wehrlosen Ziel, das dem Untergang geweiht war, sobald es einem von Harmons Skippern in den Sinn kam, auf den Feuerknopf zu drücken.
Einige Crewangehörige jedoch waren mehr als entzückt, Hibsons Marines zu sehen, denn fast ein Drittel der Besatzung bestand aus gefangenen Handelsraumfahrern aus den Prisen, die Warneckes Geschwader aufgebracht hatte, darunter zahlreiche Manticoraner. Man hatte sie vor die Wahl gestellt, entweder zu sterben oder für die Kaperer zu arbeiten. Nur wenige davon waren Frauen, und Hibsons grüne Augen nahmen das Aussehen gefrorener Seen an, als Warneckes Sklaven ihr nach ihrer Befreiung berichteten, was mit ihren weiblichen Crewkameraden geschehen war. Am liebsten hätte Hibson ihre Marines auf die schwitzende Crew des Tenders gehetzt, aber sie hielt ihre Wut im Zaum. Sie konnte abwarten, denn sie kannte Captain Harringtons Plan.
Nachdem Hibson den Tender gesichert und die befreiten Sklaven an Bord der Wayfarer geschafft hatte, begann die Zerstörung der Signalanlagen. Trupps aus Harold Tschus Leuten, von Hibsons wachsamen Soldaten behütet und von Technikern der »Freibeuter« mit trockenem Mund begleitet, machten reinen Tisch mit dem Signalabteilungen: Einige Teile entfernten sie, andere zerstörten sie kurzerhand. Warnecke war nicht darauf eingegangen, mit einem Kurzstreckensender im Shuttle zu sitzen; er hatte darauf bestanden, daß er und seine drei Begleiter Raumanzüge mit eingebauten Funkgeräten tragen würden. Raumanzugsender waren stärker, als Honor recht war, aber diese Änderung war akzeptabel. Ferner sollten die Empfänger des Tenders intakt bleiben, ebenso ein Kurzstreckensender, so daß Warnecke vom Shuttle aus mit seiner Besatzung kommunizieren konnte. Aber alle anderen Sender besaßen nur noch Schrottwert. Am Ende würde die Crew die Schäden selbstverständlich beseitigen können – schließlich handelte es sich um ein Reparaturschiff
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