Honor Harrington 7. In Feindes Hand
göttlichen Status. Zwei freischaffende Journalisten – einer im Auftrag der UFI, der andere im Auftrag des INS – waren von Marines der DuQuesne-Basis dabei festgenommen worden, als sie sich an Bord eines Frachtshuttles zu schleichen versuchten, offensichtlich in der Absicht, vor Ort die Besatzung des Superdreadnoughts zu interviewen, für den die Ladung bestimmt war.
Alles in allem fühlte sich Theisman durchaus in der Lage, gegenüber Fremdweltlern die operative Sicherheit zu wahren; fürchten mußte er nur die eigenen Propagandisten. Weiß Gott wendete die Feindaufklärung genügend Zeit und Geld auf, um über neutrale Agenten an Aufnahmen der manticoranischen Nachrichten- und Informationssendungen zu gelangen. Wenn diese Aufzeichnungen in die Hände der Fachleute gerieten, waren sie in der Regel Wochen, wenn nicht gar Monate alt, und trotzdem gelang es den Geheimdienstleuten immer, ihnen nützliche Informationen zu entnehmen – und wenn sich nur fragliche Punkte im Hintergrundmaterial klärten. Theisman ging davon aus, daß die Allianz mit havenitischen Nachrichtenbeiträgen ähnlich verfuhr, und so konnte ein einziges falsches Wort in einer Propagandasendung Geheimnisse offenbaren, die zu bewahren die Volksflotte monatelang geschuftet hatte – und das nur für den ach so ›authentischen‹ Bericht irgendeines Schreiberlings der Öffentlichen Information, den operative Tatsachen nicht interessierten und dem sie auch nicht begreiflich zu machen waren.
Trotz der Probleme, die Ransoms Anwesenheit ihm bescherte, hatte ihr Verhalten Theisman in der Hoffnung bestärkt, daß man ihn nicht zum Sündenbock für den Verlust des Barnett-Systems ausersehen hatte.
Selbstverständlich konnte er sich dessen niemals völlig sicher sein; Cordelia Ransom hätte eine vorzügliche Pokerspielerin abgegeben. Im Grunde aber verbrachte sie zuviel Zeit mit ihm und zeichnete zu viele Interviews mit ihm auf, als daß er noch glauben konnte, daß sie ihn tatsächlich einfach zusammen mit Barnett abgeschrieben hatte. Die Drehbücher, die seinen Interviews zugrunde lagen, gaben Theisman in der Tat allen Grund zur Hoffnung. Für seinen Geschmack war der propagandistische Inhalt zu grell und zu dick aufgetragen, doch augenscheinlich dienten die HD-Beiträge ohne Ausnahme nur einem einzigen Ziel: Thomas Theisman in möglichst heroischem Lichte erstrahlen zu lassen. Gewiß würde die Öffentlichkeit doch nicht soviel Zeit – und persönliche Aufmerksamkeit der Direktorin – investieren, um ihn zum Idol aufzubauen, wenn man ihn am Ende doch zum Bauernopfer ausersehen hatte? Würde der Verlust eines Helden aus dem Volke nicht die Moral der Zivilisten schädigen? Wo doch die Ministerin für Öffentliche Information diesen Helden als den großen Verfechter der republikanischen Sache vorgestellt hatte?
Der Gedanke, als Paladin des Komitees für Öffentliche Sicherheit zu gelten, hatte Theisman einige Magenschmerzen bereitet, doch wenn er sich damit sein Überleben erkaufen konnte, dann wollte er den Preis gern bezahlen – voller Erleichterung, daß ihm nicht noch mehr abverlangt wurde. Kaum aber hatte er sich damit abgefunden und zu glauben begonnen, Ransoms Interesse an ihm könne tatsächlich Heil und Erlösung bedeuten, als ihm der unglückliche Zufall eine weitere Last auf die Seele lud: denn wenn Ransom nicht im Barnett-System gewesen wäre, um Sondersendungen zu produzieren, die Thomas Theisman zum Nationalhelden aufbauten, hätte sie Tourvilles Depesche niemals zu Gesicht bekommen.
Der Bürger Admiral knurrte einen Fluch und nahm einen großen Schluck Whiskey. Der Alkohol brannte sich den Weg zum Magen frei und schien dort zu explodieren. Theisman kam zu dem Schluß, allen Trost erlangt zu haben, den man aus der Trunkenheit schöpfen konnte, und ließ sich seufzend zurücksinken.
Wie Tourville seinen Volkskommissar dazu gebracht hatte, den Plan abzusegnen, mit dem er seine Gefangenen in Sicherheit bringen wollte, wußte Theisman nicht genau zu sagen. Aus der Depesche war jedenfalls eindeutig hervorgegangen, daß der Kampfgruppenchef irgend etwas eingefädelt haben mußte. Tourville beabsichtigte, alle seine Gefangenen einschließlich der Offiziere ins Tarragon-System zu verlegen. Bei den Gefangenenlagern dort handelte es sich schwerlich um Luxushotels, doch immerhin war der Volksflotte im Gegensatz zur SyS daran gelegen, kriegsgefangene Alliierte anständig zu behandeln. Außerdem unterhielt die Kriegsgefangenenkommission der
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