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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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er der Meinung, er müsse die Daten eigentlich mit bloßem Auge lesen können, und nach allem, was Harkness wußte, glaubte Candleman das wirklich.
    »Wie geht es?« fragte Johnson, der am Schott gegenüber lehnte.
    »Es ist komplizierter als die anderen, weil es diesmal viel mehr Variablen gibt«, antwortete Harkness achselzuckend. »Die Mehrspieler-Versionen machen alles nur noch schlimmer. Deshalb hab’ ich es diesmal nicht so arrangiert, daß ihr von vornherein bestimmen könnt, wie es ausgeht, sondern daß ihr während des Spiels eine bestimmtes Entwicklung erzwingen könnt.«
    »Hä?« warf Candleman ein, und Harkness verbarg sein Bedürfnis, vor Verzweiflung aufzuseufzen, hinter einem weiteren freundlichen Grinsen.
    Seine Wachhunde waren beide Highschool-Abgänger, Johnson hatte sogar zwei Jahre auf dem College hinter sich. Leider – oder, je nach Blickwinkel, zum Glück – waren beide Dolisten gewesen, und ihre Schulbildung stellte ein repräsentatives, wenngleich trauriges Beispiel für die ›Erfolge‹ des volksrepublikanischen Bildungssystems dar. Zwar war es theoretisch denkbar, auch aus dieser Quelle eine brauchbare Ausbildung zu erhalten, doch dazu mußte der einzelne die verfügbaren Mittel benutzen, um sich selbst auszubilden, denn nach mehreren Jahrzehnten, in denen das Leistungsprinzip zugunsten von ›Demokratisierung‹ des Lehrplans und ›Erfolgserlebnissen‹ des Schülers verleumdet worden war, hatte kaum ein Mitglied eines beliebigen Lehrkörpers noch eine Vorstellung davon, wie man jemand anderen schult.
    Hinzu kam ein weiteres Problem: Nur sehr wenige Menschen sind aus sich heraus zum Lernen motiviert. Den meisten jungen Menschen muß man eben erklären, weshalb es wichtig ist zu lernen, sonst begreifen sie nicht, warum sie sich die Mühe machen sollten. Zwar gibt es immer Ausnahmen zu dieser verallgemeinernden Aussage, aber die meisten Menschen lernen aus Erfahrung und nicht aus Prinzip. Solange jemand nicht am eigenen Leibe die Folgen verspürt, die es nach sich zieht, wenn man ungebildet ist, empfindet er wohl kaum den Drang, dem abzuhelfen. In jemandem ein Lernbedürfnis zu wecken, der nicht bereits von selber die Freude am Lernen entdeckt hat, erfordert eine entsprechende gesellschaftliche Basis, in der die Älteren eindeutig klarstellen, daß von jedem erwartet wird, Wissen zu erwerben und sich in dessen Anwendung zu üben. Genau diese gesellschaftliche Basis aber hatte den Vorkriegs-Dolisten gefehlt, denn egal, wie unproduktiv sie waren, hatten sie stets pünktlich ihren Lebenshaltungszuschuß erhalten. Was hätte ein Dolist auch mit einer Ausbildung anfangen sollen?
    Zu allem Übel hatten die Vorkriegs-Legislaturisten großen Wert darauf gelegt, letztere Frage stets mit einem deutlichen ›Nichts!‹ zu beantworten, denn Wissen war gefährlich. Den früheren Machthabern hatte weder an ausgebildeten Dolisten gelegen noch daran, daß Dolisten zum Funktionieren des Staates beitrugen. Die Dolisten mochten eine fast untragbare Belastung einer ohnehin dem Untergang geweihten Ökonomie gewesen sein, doch solange der LHZ ausreichte, um ihnen den gewohnten Lebensstandard zu gestatten, empfanden sie keinen besonderen Drang, an politischen Entscheidungen teilhaben zu wollen. Schließlich und endlich hatte genau darin der Handel bestanden, den ihre Vorfahren einst mit den Ahnen der Legislaturisten schlossen: Dafür, daß man sich ›um sie kümmerte‹, überschrieben die Bürger der VRH die Entscheidungsgewalt denjenigen, die die Maschine am Laufen hielten, und solange die Maschinerie nicht zum Stillstand kam, hatte keiner ein Bedürfnis empfunden, die zahlreichen Mißstände in Ordnung zu bringen.
    Oberflächlich war Harkness der gegenseitige Selbstmordpakt der Legislaturisten und ihres Bildungssystems zunächst als akademisches Problem erschienen, doch auf persönlicher Ebene hatten die Auswirkungen dieses Zustands für ihn große Bedeutung erlangt, denn Johnson und Candleman waren typische Produkte dieses Systems. Ohne das geringste davon zu ahnen, litten sie an einem Unwissen, das den meisten Manticoranern unmöglich erschienen wäre. Beide hatten sie kaum die Grundrechenarten gemeistert. Außerhalb des havenitischen Amts für Bildung hätte man sie wohl als Analphabeten bezeichnet, und solche Menschen konnten innerhalb einer modernen Kriegsmaschine nur sehr begrenzt verwendet werden. Die Wartung oder Reparatur von Gerät, das komplizierter war als ein Pulsergewehr, erforderte

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