Honor Harrington 7. In Feindes Hand
kollektiven Verantwortung verfahren sollen. Zwar muß ich zugeben, daß der Nutzen dieser Maßnahme immer geringer ausfällt, in anderen Fällen ist sie meines Erachtens jedoch nach wie vor sinnvoll. Sorge bereitet mir etwas anderes: Wenn wir offiziell zugäben, diese Politik jemals verfolgt zu haben – was könnte die manticoranische Propaganda daraus machen? Wie aber könnten wir die momentane Politik abschaffen, ohne dies eigens bekanntzugeben? Wenn wir darauf eine Antwort finden, könnten wir den möglichen propagandistischen Schaden abwenden. Die Neuigkeit, daß wir einfach damit aufgehört haben, würde sich beim Militär gewiß rasch herumsprechen.«
»Das ist ganz offensichtlich eine politische Entscheidung«, entgegnete McQueen, die eine Gelegenheit erkannte, ein wenig zurückzuweichen und zugänglich zu erscheinen. »Vom militärischen Standpunkt aus betrachtet wäre eine offizielle Verlautbarung gewiß sehr von Vorteil, denn das wäre ein Signal, daß diese Angelegenheit ein für allemal vom Tisch ist. Eine offizielle Erklärung würde jede verbleibende Verunsicherung über unsere weiteren Absichten sehr viel früher aufheben. Andererseits könnten feindliche Propagandisten sehr wohl Kapital aus einer Verlautbarung schlagen, das sehe ich ein. Vielleicht sollte Committeewoman Ransom dazu befragt werden.«
»Das wird die nächsten ein, zwei Monate nicht möglich sein«, antwortete Pierre. »Cordelia befindet sich auf dem Weg nach Barnett.«
»Ach wirklich?« McQueen war plötzlich ganz Ohr. Sie war Thomas Theisman bereits begegnet und respektierte seine militärischen Leistungen, wenngleich sie ihn nicht besonders gut kannte. In politischer Hinsicht war er ihr stets allzu puritanisch vorgekommen. Ihrer Meinung nach verfügte kein Offizier über genügend Autorität, um die entscheidenden Punkte eines Krieges zu beeinflussen, wenn er oder sie nicht genügend politischen Einfluß besaß. Unter den Legislaturisten waren Familienbeziehungen vonnöten gewesen oder Gefallen, die man einfordern konnte; unter dem neuen Regime existierten … direktere Wege. Theisman hatte unter beiden Regimes nie versucht, sich solche Mittel anzueignen. Dennoch hoffte McQueen, Ransoms Besuch im Barnett-System bedeutete nicht, daß demnächst auch Theisman ›verschwinden würde‹. Die Flotte hatte jeden Offizier, der seine Leute motivieren konnte, bitter nötig, und brauchte Theisman auf seinem derzeitigen Posten, wenn das Barnett-System so lange gehalten werden sollte, daß der Einsatz sich lohnte.
»Ja, wirklich«, bestätigte Pierre und grinste angespannt. »Und ich darf hinzufügen, daß es nicht schlecht ist, sie für ein paar Wochen aus dem Weg zu haben. Sie haben gewiß schon bemerkt, daß die Volksflotte nicht gerade Cordelias Lieblingsinstitution ist?«
»Ich fürchte, ja«, antwortete McQueen bedächtig und unbestimmt.
»Nun, ich rechne damit, daß sie einen Wutanfall bekommt, wenn sie von Ihren Vorschlägen erfährt«, entgegnete Pierre nachdenklich, »aber wir benötigen dazu die Unterstützung der Öffentlichen Information, nicht nur ihre Duldung. Das heißt, wir müssen Cordelia irgendwie auf unsere Seite ziehen.«
»Sie wollen also meine Empfehlungen unterstützen?« erkundigte McQueen sich vorsichtig, und Pierre grinste erneut.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich allem vorbehaltlos zustimme«, gestand er, »aber ich halte diese Stabsgruppe, die Sie vorgeschlagen haben, für eine ausgezeichnete Idee. Sie und Oscar sollten jeweils eine Hälfte der Angehörigen ernennen. Doch selbst wenn diese Arbeitsgruppe jeden einzelnen Ihrer Vorschläge unterschreibt, werde nicht ich derjenige sein, der sie unterstützt, sondern Sie – Bürgerin Kriegsminister.«
»Kri …?« McQueen gelang es, sich zu unterbrechen, bevor sie den Amtstitel wiederholte wie eine Idiotin, und Pierre nickte bestätigend.
»Bürger Minister Kline ist eins der Komiteemitglieder, dessen Loyalität Oscar und mir zweifelhaft erscheint«, gab er zu. »In Anbetracht der Lage können wir fortan wohl auf seine Dienste verzichten, und wenn Sie es mit Cordelia aufnehmen wollen, dann müssen Sie eine entsprechende Stellung bekleiden.« Als McQueen verstehend nickte und ihre grünen Augen aller Selbstbeherrschung zum Trotze aufleuchteten, verdüsterte sich Pierres Gesicht. »Gleichzeitig sollten Sie bedenken, Bürgerin Minister, daß Ihre Ernennung einstweiligen Charakter besitzt«, fügte er in kühlerem Ton hinzu. Wieder bekundete McQueen ihr
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