Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
erinnerte nicht im mindesten an ein Lächeln.
»Betrachten Sie diese Leute nicht als eine Million Zivilisten, Bürger Brigadier Conflans«, sagte sie. »Betrachten Sie sie vielmehr als sehr, sehr großes Ziel.« Sie sah ihm in die Augen. »Unser Vorgehen ist lebenswichtig für die Zukunft der Volksrepublik. Haben Sie mich verstanden?«
Er nickte schweigend, und sie richtete ihren Blick wieder auf das Display. Und wenn alles vorbei, ist ein Gutteil der Schwachköpfe, die Haven an einer vernunftbestimmten Innenpolitik hindern … aus der Gleichung gekürzt.
»Bürger Captain Norton, sollte irgendein Schiff der Volksflotte auf Sie feuern, werden Sie energisch und der Situation angemessen reagieren. Ich werde die Operation persönlich aus einem vorgeschobenen Gefechtsstand in einer Pinasse leiten. Nun aber beeilen wir uns mit der Planung, denn wir haben dazu bloß zehn Minuten.«
Das interne Netz des HQ-Gebäudes funktionierte noch. Auf dem Wanddisplay beobachtete Robert S. Pierre mit vorgetäuschter klinischer Distanz, wie einhundertfünfzig Stockwerke unter ihnen eine schwere Panzertür gesprengt wurde. Das gedämpfte Grollen drang deutlich früher aus den Lautsprechern, als Pierre den Boden unter seinen Füßen erzittern spürte.
»Warum sprengen sie uns nicht einfach in die Luft?«, fragte Cordelia Ransom.
»Das wäre keine saubere Enthauptung«, antwortete Pierre geistesabwesend. »Aber wenn jemand anders hier oben sitzt und Befehle erteilt, sobald das System wieder ans Netz kommt … besonders wenn das eine oder andere bekannte Gesicht darunter wäre …«
Keiner der Anwesenden blickte sonderlich schuldig drein. Schade. Andererseits war jeder Einzelne in diesem Raum ein erstklassiger Schauspieler.
»… wird so gut wieder jeder aus purem Reflex diese Befehle befolgen. Wenn hier nichts mehr ist außer einem großen schwelenden Loch im Boden, kämpfen es die Admiräle untereinander aus, wer die Knochen abnagen darf. Sie sehen, wir müssen etwas unternehmen, vorausgesetzt, wir überleben die nächsten beiden Stunden.«
Auf dem Display ließ das Glühen der explodierten Tür nach. Plasmaladungen schossen durch die Öffnung, dann setzten Gestalten in Kampfanzügen nach. Pulserbolzen mähten sie nieder. Blut und Gewebefetzen sprühten über die Wände der Eingangshalle. Etwas blitzte herein, weißes Licht brach aus, und die Kamera schaltete sich ab. Als der Bildschirm wieder hell wurde, zeigte er Gardisten, die in einem intakten Korridor weiter aufwärts Büromöbel zu einer Barrikade auftürmten. Ein gehetzt dreinblickender weiblicher Offizier drehte sich einen Moment dem Aufzeichner zu, als dieser anzeigte, dass jemand mit Kommandobefugnis die Sendung beobachtete.
»Sie sind für alles gerüstet, Sir«, sagte sie. Sie glaubt, sie spreche zu ihrem Kommandanten , begriff Pierre. »Und sie sind sehr zahlreich. Wegen der Mengen kommen wir nicht mehr ins Erdgeschoss. Aber jeden Meter, den sie gewinnen, lassen wir sie teuer bezahlen, solange nur noch einer von uns steht.«
Pierre bemerkte, dass er nickte und eine unbehagliche Beklemmung seine Brust umschloss. Die Gardisten gaben ihr Leben, um ihm Zeit zu erkaufen. »Sehen Sie«, sagte er laut – denn er wusste, dass die Anlage seine Worte nicht übertrug –, »solche Leistung hätten wir der Garde niemals abringen können, indem wir ihre Familien zu Geiseln nehmen – auch wenn sie ein elitäres Überbleibsel des alten Regimes darstellen und nur mit leichten Handfeuerwaffen ausgerüstet sind.«
Die Komiteeangehörigen, die im Raum verstreut standen, empfanden bei diesen Worten ganz unterschiedliche Gefühlsregungen. Mit leichter Übelkeit begriff er, dass sie sich noch immer in die gewohnten Splittergruppen teilten. Wie unwichtig die Seilschaften doch wären, wenn die Angreifer in den Raum stürzten und zu schießen begannen! Freilich, wenn man mit der Hinrichtung lange genug wartete, um Schauprozesse abhalten zu können, würde wenigstens das halbe Komitee mit allen Mitteln versuchen, die Seiten zu wechseln.
Ich wollte Haven ehrlich helfen und uns wieder groß machen , sagte er sich. Ich musste handeln, als die Legislaturisten uns mit vollem Tempo auf den Abgrund zulenkten. Mir blieb keine andere Wahl.
Das war das Problem. Während des Weges, den er nach dem Putsch genommen hatte, war ihm jeder einzelne Schritt unvermeidbar und unausweichlich vorgekommen. Geführt hatte er genau hierher.
»Gebt’s ihnen!«, rief der Offizier am anderen Ende der
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