Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
musterte die entsetzten Gesichter der Offiziere am Plottank. Was LaBaeuf mit der Volksrepublik im Sinn hatte, ließ Robert S. Pierre wie einen hochherzigen Menschenfreund erscheinen.
»Gewiss haben wir keinerlei Order«, sagte sie. »Doch nur zur Übung sollten wir uns überlegen …«
Robert Stanton Pierre, Vorsitzender des Komitees für Öffentliche Sicherheit, blickte in die Runde. Theoretisch besaßen die Männer und Frauen am Konferenztisch Macht über Leben und Tod jedes Einzelnen innerhalb der Volksrepublik – und bis vor fünfundvierzig Minuten hatten sie diese Macht auch praktisch ausüben können. Die Hand der Republik erstreckte sich über Hunderte von Lichtjahren und zahlreiche Planeten, über mehrere Dutzend Milliarden menschlicher Wesen.
»Im Moment aber gehört uns außer diesem Gebäude nicht mehr viel«, sagte er. »Wir wissen nicht einmal, wer uns angreift. Wir wissen nur eins: Im Augenblick siegt unser Feind.«
Etliche der am Tisch Sitzenden zuckten zusammen, als hätte Pierre auf einen Knopf gedrückt und ihnen einen Stromstoß durch den Körper gejagt. Es gibt Zeiten …. dachte er bitter. Trotz der Klimaanlage konnte man ihre Wut und ihre Angst unterschwellig riechen – man spürte sie. Dann dachte er: Zurück zur Tagesordnung.
»Ich ziehe diese Behauptung zurück. Wir wissen genau, dass sie uns infiltriert haben, denn sonst wäre dieser Vorfall nicht ausgerechnet in dem Moment eingetreten, indem ich eine Krisenplenarsitzung einberufe. Bürgerinnen und Bürger, Sie haben doch wohl begriffen, dass sich unser gesamter Führungskader einschließlich der Mitarbeiterstäbe augenblicklich in diesem Gebäude befindet? Und dass es in den vergangenen anderthalb Jahren nur einmal zu solch einem Treffen gekommen ist?«
Einige Anwesende hatten diesen Schluss offenbar noch nicht gezogen; in dem großen, kahlen Konferenzraum schien die Temperatur noch einmal um ein, zwei Grad zu sinken. Die Blicke, die sie einander zuwarfen, waren nun nicht mehr verstohlen spekulativ, sondern anklagend. Pierre blickte den nervös wirkenden Ingenieursoffizier an. Der Sicherheitsdienst hatte ihn hereingeführt, damit er den Anwesenden die Lage erklärte. Der Mann stand stocksteif da und sah aus, als versuchte er, sämtliche Körperfunktionen einschließlich Atmung und Herzschlag zu unterdrücken.
Allmählich fürchte ich, dass wir an die Grenze dessen gelangt sind, was sich mit Terror erreichen lässt , dachte Pierre beiläufig, als bereite es ihm nicht die größte Sorge, dass er vermutlich in ein bis zwei Stunden sterben müsse.
»Ihren Bericht bitte, Bürger Major«, sagte er.
»Bürger Vorsitzender, in höchstens zwo Stunden fünfundvierzig Minuten können wir das Netz wieder in Betrieb nehmen – auf den wichtigsten Kanälen zumindest. Vermutlich benötigen wir nur zwo Stunden, aber das kann ich nicht versprechen.«
Jemand protestierte: »Das reicht ni …«
»Ruhe!«, brüllte Pierre und knallte die flache Hand auf den Tisch, woraufhin das einsetzende Gemurmel sofort verstummte. »Panik bringt uns nicht weiter!« Er wandte sich wieder dem Offizier zu. »Tun Sie, was Sie können, Bürger Major. Von Ihnen hängt die Zukunft der Republik ab.«
Und von den Bemühungen vierer unterschiedlicher Schutztruppen, die unkoordiniert vorgehen und von denen sich zwei gegenseitig bekämpfen , fügte er in Gedanken hinzu.
Wie sehr sie sich gegen alle bewaffneten Kräfte abgesichert hatten, die auf Schussweite an das Komitee herankamen! Und was hatten sie mit ihren Vorkehrungen bewirkt? Sie hatten den Schutztruppen die Möglichkeit genommen, gegen irgendjemanden vorzugehen außer gegen andere Sicherheitskräfte!
In diesem Augenblick wünschte sich Robert Pierre sehr, er würde an Gott glauben. Denn an jemand anderen konnte er sich, wie es aussah, wohl kaum wenden.
»Wir haben es mit vier Problemen zu tun, Bürgerin Admiral«, erklärte der Brigadegeneral der Marineinfanterie. »Vier miteinander verflochtenen Problemen.«
Bürger Brigadier Gerrard Conflans war klein, aber stämmig und besaß sehr breite Schultern. Seine langfingrigen Hände wirkten kräftig genug, um jeden anderen Menschen damit zu erdrosseln. Sein Gesicht war ernst, doch in den Augenwinkeln hatte er tiefe Lachfältchen. Dazu trug er einen ungewöhnlichen, extravaganten Schnauzbart.
Er lenkte einen Cursor über die Straßen der Stadt. »Erstens die Mobs. Viele davon sind bewaffnet. Es gibt einfach zu viele davon, und sie greifen so viele Ziele
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