Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
auf die Parlamentsmitglieder der zweiten Kammer zu hören. Die meisten (wenngleich keineswegs alle) manticoranischen Aristokraten fühlen sich stark an das Prinzip noblesse oblige gebunden – die übrigen gehören allerdings zu den selbstbezogensten und intolerantesten Adligen im bekannten Universum. Ohne die Anregungen ihrer bürgerlichen Parteifreunde würde die aristokratische Führung jedweder Partei wohl bald den Bezug zum Großteil der manticoranischen Bevölkerung verlieren; die Quittung dafür würde sie bei den nächsten Parlamentswahlen erhalten.
Trotz dieser Verhältnisse finden sich in der Parteienlandschaft des Sternenkönigreichs auch heute noch eher zweckgebundene Koalitionen zwischen Einzelpersonen als geschlossene ideologische Systeme. Wenn es darum geht, knappe Abstimmungen zu gewinnen, ist die Parteidisziplin oft beeindruckend, doch es existiert eigentlich keine ›kollektivistische Kontrolle‹ in dem Sinne, dass ein Parteimitglied sich der Parteipolitik öffentlich anschließen und diese vertreten muss, obwohl es dem Parteiprogramm gar nicht zustimmt. Parlamentsmitglieder wählen zwar eher als Peers auf der Parteilinie, doch wird die Tradition, nach dem Gewissen zu entscheiden, als manticoranisches Ideal hochgehalten. Im Sternenkönigreich weisen die meisten Parteien daher ›rechte‹, ›linke‹ und ›gemäßigte‹ Flügel auf.
Im Folgenden werden die einflussreichsten Parteien beschrieben: die Zentralisten, die gewöhnlich mit den Kronenloyalisten verbündet sind; die Freiheitliche Partei; der Bund der Konservativen; die Progressive Partei und die so genannte Partei der ›Neuen Menschen‹.
Zentralisten. Anführer der Zentralisten ist Allen Summervale, Herzog von Cromarty, zu Zeiten Honor Harringtons Premierminister. Die Zentralisten bilden zwar den größten einzelnen Block, besitzen jedoch für sich genommen keine Mehrheit. Sie verfolgen eine eher konservative Innenpolitik der kleinen Schritte und finanziellen Mäßigung. Umwälzenden sozialen Veränderungen stehen die Zentralisten ebenso ablehnend gegenüber wie defizitärer Haushaltspolitik. Wichtig scheint vor allem, dass sie sich seit mehr als fünfzig T-Jahren der wachsenden havenitischen Gefahr entgegenstellen und sich nicht mit der Hoffnung beschwichtigen lassen, sie werde vorübergehen. Insbesondere glaubten die Zentralisten von Anfang an, dass es falsch sei, auf ein Schwächerwerden der Volksrepublik zu warten, denn – so attraktiv dies auch erscheinen mochte – es bedeutete im Grunde nichts anderes, als dem Feind untätig die Initiative zu schenken und auf lange Sicht eine Niederlage vorzubereiten. Außerdem sind die Zentralisten im Gegensatz zu bestimmten anderen Parteien überzeugt, dass Manticore einen offenen Krieg gegen Haven überstehen kann und selbst eine Niederlage nicht viel schlimmer sein könne als eine feige Kapitulation. Die Zentralisten waren es, die das Vorkriegs-Flottenbauprogramm Rogers III. und die Annexion des Basilisk-Systems (eines G5-Sterns mit einem bewohnten Planeten) unterstützten, um einer havenitischen Besetzung des dort gelegenen Wurmlochterminus zuvorzukommen. Damals stellte die Annexion einen politisch höchst kontroversen Zug dar. Einige Kritiker sahen darin den ersten Schritt zu einer Politik der imperialistischen Vergrößerung des Sternenkönigreichs; andere betrachteten sie als eine unnötige Herausforderung Havens, die gerade in dem Krieg münden könnte, den alle fürchteten. Größtenteils unterstützten die Untertanen Königin Elisabeths III. die Annexion jedoch ungeachtet dessen, was ihre Vertreter davon hielten. Von allen aristokratisch geführten Parteien verfügen die Zentralisten über den stärksten Rückhalt im Unterhaus, was ihnen Meriten einbringt, die mehr Schlagkraft bedeuten, als einfache Zahlen zunächst glauben machen.
Kronenloyalisten. Geführt von Henry McShain, dem Marquis von New Dublin, kann man sich die Kronenloyalisten am besten als manticoranische Tories vorstellen. Das Grundbekenntnis ihrer politischen Überzeugung lautet, Stabilität und Wohlstand für alle Manticoraner basiere auf der Macht und Autorität der Exekutive in der Person des Monarchen. Von Zeit zu Zeit sind die Kronenloyalisten zwar uneins mit dem jeweiligen Monarchen, doch auch zu diesen Gelegenheiten machen sie ihre Einwände nur hinter verschlossenen Türen geltend, während sie nach außen hin weiterhin die Fassade solider Unterstützung aufrecht erhalten. Im Unterhaus sind die
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