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Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Titel: Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Untergebene war, die er jemals kennenlernen würde. Aber mehr war zwischen ihnen nie gewesen. So jedenfalls hatte er gedacht bis zu jenem Abend, als sie in der Bibliothek von Harrington House vor ihm stand und ihn dermaßen zurechtwies, dass ihm die Ohren klingelten. Sie besaß doch tatsächlich die Frechheit, ihm ins Gesicht zu sagen, es stecke nicht mehr Gedankenarbeit dahinter als hinter einem Kniesehnenreflex, wenn er die jüngsten Vorschläge des Amts für Waffenentwicklung zurückwies, sie warf ihm vor, dass er automatisch jeden Vorschlag abwies, den er mit der von ihm verabscheuten Jeune École in Verbindung brachte. Und damit hatte sie Recht. Das war es, was ihn so schwer getroffen hatte. Sie besaß den Mut, ihm die Meinung zu sagen, und hatte damit Recht. In dem zornigen Moment, in dem er das an jenem Abend wie gebannt begriff, hatte er sie angeblickt und plötzlich mit anderen Augen gesehen als zuvor. Mit völlig anderen Augen – nicht mehr als herausragende Untergebene, deren Karriere er gefördert hatte, weil es die Pflicht höherer Offiziere ist, ihre Nachfolger heranzubilden. So sehr White Haven sie respektiert und so tief und so aufrichtig er ihre Leistung bewundert hatte, war sie für ihn doch immer nur eines gewesen: ein rangjüngerer Offizier. Seine Untergebene, die er hegte und ausbildete, aufbaute und auf einen höheren Dienstgrad vorbereitete. Ein Raumoffizier, der eines Tages vielleicht White Havens eigene Leistungen übertreffen würde – eines Tages.
    Doch am fraglichen Abend in der Bibliothek begriff White Haven, das ›eines Tages‹ schon gekommen war. Obwohl Lady Harrington noch immer seine Untergebene war – zumindest in den manticoranischen Streitkräften, ohne ihren graysonitischen Rang zu berücksichtigen –, fehlte ihm unvermittelt das behagliche Gefühl, dass sie noch so viel von ihm lernen könnte – und er sah sie als seinesgleichen.
    Und das hatte sie umgebracht.
    Seine Kiefermuskeln verkrampften sich, und die eisblauen Augen, die sich im durchsichtigen Armoplast spiegelten, loderten, als er sich endlich die Wahrheit eingestand. Weder war es die passende Zeit noch der passende Ort, doch es geschah; anscheinend suchte er sich gewohnheitsmäßig die falsche Zeit und den falschen Ort aus, um etwas über Honor Harrington zu begreifen. Und ob es nun zeitlich passte oder nicht: Er hatte sie auf dem Gewissen.
    Noch immer wusste er nicht, was er getan, wie er sich verraten hatte, doch andererseits besaß sie schon von jeher diese unheimliche Gabe, genau zu erkennen, was in anderen Menschen vorging. Dennoch: Irgendetwas musste er getan haben, wodurch sie ausgerechnet in dem Moment hinter seine Maske blicken konnte, da sein professionelles Gebäude aus Rollen, Masken und Verhaltensweisen in sich zusammenstürzte wie ein Kartenhaus. Das hätte nicht geschehen dürfen. Sie waren beide Offiziere der Königin, und mehr hätten sie einander nicht bedeuten dürfen. Doch sein Bewusstsein hatte ihm eine Falle gestellt, und in diesem Moment der Erkenntnis hatte er noch etwas anderes bemerkt: Er sah Honor Harrington nicht nur als Offizier, nicht nur als seinesgleichen, sondern auch als gefährlich attraktive Frau.
    Und das hatte sie erkannt oder immerhin vermutet oder irgendwie gespürt. Nur deshalb meldete sie sich verfrüht zum Raumdienst, nur deshalb wurde ihr Geschwader ins Adler-System gesandt, wo die Haveniten sie gefangen nahmen – nur deshalb hatten die Havies sie töten können.
    Weißglühende Wut durchstieß sein Elend, und sein verfluchtes Gedächtnis spielte auch jene Szene noch einmal vor seinem geistigen Auge ab: der fallende Körper, das tanzende Seil, das plötzlich knarrte … das Schwingen …
    Er verdrängte das Bild, doch konnte er es nicht beiseite wischen, was er während des Wartens im Beiboothangar endlich akzeptierte. Schon damals hätte er wissen müssen, dass seine Gefühle für Honor Harrington gewachsen waren, dass sie sich verändert und entwickelt hatten. Doch gerade das war so allmählich und hintergründig vonstatten gegangen, dass er nicht im Entferntesten wusste, wie ihm geschah. Wenn er jedoch ganz ehrlich war, dann musste er zugeben, es die ganze Zeit geahnt und um der Pflicht willen unterdrückt zu haben. Nun wusste er Bescheid, und sie war tot, sodass kein Grund bestand, sich noch länger etwas vorzumachen.
    Liegt es an mir? Mache ich irgendetwas falsch? , überlegte er. Oder ist das einfach der makabre Humor des Universums – dass ich jeder den

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