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Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Titel: Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Anstecken verlangen und Andrew und Solomon mit ihren Einwänden zum Teufel jagen sollen , dachte sie grimmig, während sie geduldig abwartete, bis LaFollet mit seinem Werk zufrieden war.
    »Bitte sehr, Mylady«, sagte er schließlich, klappte den Kragen herunter und knöpfte ihn für sie zu.
    »Danke sehr«, erwiderte sie und kehrte ins Schlafzimmer zurück, um die Uniformjacke zu holen. Eigentlich bestand kein zwingender Grund, mitten in der Nacht vorschriftsmäßig uniformiert im Kontrollraum zu erscheinen, doch sie lehnte es ab, halb angezogen und außer Atem aufzutreten. Sie war immer der Überzeugung gewesen, dass eine korrekte äußere Erscheinung zu den unverzichtbaren Eigenschaften eines Anführers gehörte, auch wenn es manchen überflüssig erschien. Auch auf diese Weise bewies man Gleichmut und erklärte unterschwellig, ein Offizier zu sein, der die Situation im Griff hatte. Unterbewusst nahmen ihre Untergebenen diese Erklärung auf, und wenn sie bewusst darüber nachdachten, erkannten sie sie als Teil der subtilen psychologischen Kriegführung, die jeder befehlshabende Offizier beherrschen muss.
    Natürlich fragte sie sich manchmal, ob sie ein korrektes Erscheinungsbild für so wichtig hielt, weil sie ein wenig eitel war. Bei dem Gedanken lächelte sie.
    Sie nahm die mit Goldlitzen besetzte graysonitische Schirmmütze von der Frisierkommode, setzte sie sich auf den Kopf und hielt Nimitz den Arm hin. Der ‘Kater konnte noch immer nicht springen wie früher einmal, doch es gelang ihm wenigstens, über ihren Arm zu laufen und sich in die Beuge zu schmiegen. Sie wusste, dass Nimitz ihren Wunsch spürte, ihn einfach wie ein Kätzchen aufzunehmen, um es ihm leichter zu machen, und schmeckte den Unterton von Dankbarkeit über ihre Zurückhaltung.
    »Fertig, Stinker?«, fragte sie, und er nickte und zuckte zustimmend mit den Ohren.
    »Gut«, sagte sie und ging wieder zur Tür, vor der ihr Waffenträger wartete.
     
    »Guten Morgen, Admiral«, begrüßte Harriet Benson sie förmlich, als Honor in die Kontrollzentrale trat. Honor warf einen Blick auf das Zeit- und Datumsdisplay und lächelte.
    »Den haben wir wohl«, sagte sie, und Benson lachte.
    Seit der Eroberung von Styx lacht sie häufiger – besonders, seit die Kriegsgerichte begonnen haben , dachte Honor und unterdrückte jede Bitterkeit. Dieses Gefühl von sich zu weisen fiel ihr manchmal schwer, zumal sie es sich nicht gerade leichter machte, indem sie grundsätzlich jedes Urteil persönlich prüfte und bestätigte. Von jeher fiel es ihr nicht leicht, die Verantwortung für den Tod zu übernehmen, und doch war es ihre Pflicht, die Urteilssprüche des Tribunals anzuerkennen. Zwar hätte Honor legal vermeiden können, sich damit zu befassen, doch das stand völlig außer Frage. Schließlich wollte sie auch in Zukunft noch in den Spiegel blicken können. Im Grunde ein wenig verdreht, deine Sichtweise , befand sie bissig. Gewiss hatte sie mittlerweile für genügend Tode die ›Verantwortung‹ übernommen! Doch manchmal schien ihr, als könnte sie dieser niederschmetternden Last niemals entkommen – als hätte ihr Leben darin bestanden, sich zum Todesengel zu entwickeln. Wohin immer sie ging, der Tod folgte ihr, zu ihren eigenen Leuten ebenso wie zum Feind. Oft überfiel sie im Traum mit zermalmender Gewalt die Erinnerung an die vielen Toten, für die sie die Verantwortung trug.
    Dennoch konnte sie der Pflicht nicht einfach den Rücken kehren. Das war die Paradoxie in ihrem Naturell: Dass sie sich nur einem noch weniger stellen konnte als dem Blut an ihren Händen, nämlich dem, was geschähe, wenn sie sich weigerte, dieses Blut zu vergießen. Obwohl Honor sich dessen bewusst war, konnte sie nicht bestreiten, dass dieses Naturell mehreren Wurzeln entspross, und nicht nur ihrer einfachen, starrsinnigen Unfähigkeit, die eigene Pflicht auf jemand anderen abzuwälzen, oder dem Unvermögen, jenen Menschen den Rücken zuzukehren, die auf sie angewiesen waren. Was immer sie sein wollte, was immer sie glaubte, sein zu wollen, sie war eine Kämpferin, weil … sie gut darin war. Sie hatte die Gabe – das Auge der Taktikerin und den Verstand der Strategin, dazu ein Talent, das niemand recht definieren kann. In gewisser, seltsamer Weise hatte diese Eigenschaft sie gezwungen , eine Kämpferin zu werden. Pflicht. Ehre. Treue. Patriotismus. Sie konnte aufzählen, was sie wollte, doch in den dunkelsten Stunden der Nacht wusste sie, dass sie nicht einfach deshalb zu der

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