Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Selbstüberschätzung einer der tödlichsten Feinde des Menschen ist.«
Er schwieg und ließ den Blick in der Runde wandern. Als seine Augen einen winzigen Moment länger auf Isler verharrten als auf den anderen, musste Chernock sich über die Oberlippe streichen, um hinter der Hand ein unfreiwilliges Grinsen zu verbergen.
»Die Rahmenbedingungen unseres Problems stehen verhältnismäßig eindeutig fest«, sprach Yearman weiter. »Jeder hat sich mit den Daten der Abwehrsysteme in der Kreisbahn um Hades befasst, die Bürger General Chernock uns zur Verfügung stellte, und ich bin sicher, dass alle von uns die grundsätzlichen Schwachpunkte erkannt haben. Von den Bodenstationen auf Tartarus, Sheol und Niflheim abgesehen, sind die Waffenplattformen ohne jede passive Verteidigung, und alle sind sie letzten Endes unbeweglich. Ihre Raketenabwehrleistung ist erheblich schwächer als ihre Angriffsstärke. Antiraketenwerfer gibt es kaum, und sie haben kaum ein Drittel der Anti-Schiff-Raketenwerfer in ihr Abwehrnetz integriert, die ich für unverzichtbar halten würde. Mithin sind ihre Waffensysteme als leichte Ziele anzusehen und gegenüber Naheinschlägen sehr verwundbar. Mit Sicherheit können wir ihre Abwehrsysteme durchdringen, ohne auf annähernd lichtschnell fliegende Raketen Zuflucht nehmen zu müssen. Danach müssen wir zwar noch den Beschuss durch die Mondfestungen fürchten, doch deren Munitionsvorräte sind arg begrenzt. Wir sollten in der Lage sein, ein großes Loch in das Abwehrsatellitennetz zu schlagen, bevor wir in Reichweite der Mondstationen geraten.
Die Abwehrsysteme müssen wir natürlich nur dann ausschalten, wenn der schlimmste anzunehmende Fall tatsächlich eintritt. Es hofft wohl jeder von uns, dass Bürger General Chernocks Befürchtungen sich als unbegründet erweisen.« Der Bürger Konteradmiral blickte dabei Chernock an, und der Bürger General nickte. Er war ein wenig überrascht, dass Yearman den Mut besaß, sich so offen zu äußern, doch er konnte dem Flottenoffizier nicht widersprechen. Nur hielt er seine Befürchtungen keinen Moment lang für gegenstandslos.
»In diesem erfreulichen Fall«, fuhr Yearman fort, »ist kein Angriff nötig, und unsere Kampfgruppe kann nach Danak zurückkehren oder sich zu anderen Einsätzen verteilen. Selbst wenn es den Häftlingen gelungen ist, Camp Charon einzunehmen, und sie die Signalanlagen kontrollieren, ist es noch immer möglich, dass die Garnison die Steuerung der Abwehrsysteme rechtzeitig unbrauchbar gemacht hat. Die Chance dafür ist allerdings nicht sehr groß, und aus diesem Grund sind wir alle hier.
Unsere Aufgabe, Bürgerinnen und Bürger, besteht darin, Bürger General Gisborne und seine Leute sicher zu landen, sodass sie Styx in ihre Gewalt bringen können. Aus diesem Grunde wird die gesamte Eskorte vorrücken, nur Bürgerin Captain Harkens Rapier bleibt zurück.« Er ruckte dem dunkelhaarigen Flottenoffizier zu. »Bürgerin Captain Harken wird als Wachschiff bei den Transportern bleiben, die grundsätzlich einen achterlichen Abstand von wenigstens einer Million Kilometern zu den übrigen Schiffen halten werden.«
»Halten Sie das wirklich für erforderlich, Bürger Admiral?«
Der Fragesteller war Bürger Captain Fuhrmann, Kommandant des Schlachtkreuzers Yavuz , ein regulärer Volksflottenoffizier. Yearman blickte ihn mit hochgezogenen Brauen an, und Fuhrmann zuckte mit den Achseln. »In den Daten, die mir zugingen, deutet nichts darauf hin, dass innerhalb des Systems noch Geleit erforderlich wäre, Bürger Admiral.«
»Nun, das stimmt«, räumte Yearman ein, »und vielleicht bin ich nur paranoid. Trotzdem möchte ich, dass jemand unsere Transporter schützt – und uns den Rücken deckt –, während wir Raketen auf Verteidigungssysteme schießen, die so dicht sind wie die um Hades. Ich hege nicht den Wunsch, dass sich irgendein Schiff, nicht einmal ein gekaperter Zerstörer, von hinten an mich heranschleicht, während ich mich auf das Einsatzziel konzentriere, und ich glaube, wir können einen einzelnen Schweren Kreuzer entbehren, damit er die Hintertür im Auge behält. Sind Sie etwa anderer Meinung?«
»Nein, Bürger Admiral«, antwortete Fuhrmann. »Sie haben gewiss Recht, einen Sword -Kreuzer können wir entbehren; seien Sie mir nicht böse, Helen« – er grinste Harken an –, »und es schadet bestimmt nicht, wenn wir unseren Rücken bewachen. Ich überlegte nur, ob ich bei den Daten etwas übersehen hätte.«
»Das glaube ich
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