Honor Harrington Bd. 16
warm sein konnte.
Jetzt war solch ein Zeitpunkt. Sie spürte, wie sich als Reaktion darauf ein bestimmtes Lächeln über ihr Gesicht ausbreitete. Jenes Lächeln. Das unwillkürliche, das sie manchmal überkam und Männer Thandis Stoffwechsel vergessen ließ.
Cachat holte wieder Luft und sah weg. »Ich wünschte ...«
Er schüttelte den Kopf. »Lieutenant ... Thandi ... Meine kleine Sternenkarte zeigt nicht einmal ansatzweise die Wirklichkeit. Die Solare Liga ist gewaltig, selbst verglichen mit der Republik Haven, und erst recht gegenüber Sternnationen wie Manticore oder Erewhon. Zusätzliche Wurmlochtermini zu besitzen, die in andere Regionen der Liga führen - vorausgesetzt, wenigstens einer davon führt dorthin - wäre eine Wohltat für den erewhonischen Handel. Doch das ist nicht weiter wichtig. Wenn sich seit der Entwicklung der interstellaren Raumfahrt ein klares, konstantes Muster herausgebildet hat, dann dass die Entdeckung eines neuen Wurmlochknotens immer zu wirtschaftlicher Expansion führt. Was - aus erewhonischer Sicht - sowohl erweiterte Handelschancen bedeutet als auch erweiterte Bedrohungen. Wie auch immer, Erewhon möchte dafür sorgen, dass Congo ... wie drückt man es am besten aus? Sagen wir einfach, ›verriegelt‹ ist. Sicher, wenn Sie ... wenn du so möchtest.«
Thandi sah sich die Anordnung auf dem Tisch an und versuchte sich die dreidimensionalen Beziehungen vorzustellen, die sie darstellte.
»Okay. Warum schnappt sich Erewhon das System nicht selbst? Es ist eine Sternnation mit einer echten Flotte. Sie hat sogar moderne Wallschiffe.«
»Nun ... lass es mich so ausdrücken. Wie die Andermaner sind die Erewhoner von der Realpolitik überzeugt. Trotzdem gibt es einen Unterschied, der nicht unbedingt sofort ins Auge springt. Das Kaiserreich hat Gustav Anderman gegründet, und er dachte wie ein Soldat. Deshalb hat die andermanische Version von Realpolitik einen deutlich militaristischen Beigeschmack. Die Andermaner würden sich Congo wahrscheinlich wirklich durch einen Handstreich einverleiben. Erewhon hingegen ist von einem Konsortium erfolgreicher Gangster gegründet worden. Und Gangster sind - in dieser Hinsicht hat sich auf Erewhon gewiss nicht viel geändert - grundsätzlich vorsichtig und konservativ. Im Grunde sind es kaltblütige Geschäftsleute. Wenn es zu rau wird, macht man nur die Polizei auf sich aufmerksam, oder andere Gangster, und gerade das gilt ja besonders, wenn der potenzielle Unruhestifter jemand wie Mesa ist. Deshalb neigen sie von Natur aus dazu, in Begriffen von ›Arrangements‹ zu denken. Statt zu versuchen, sich wie ein Polizist zu verhalten, versuchen sie lieber, den Polizisten zu kaufen.«
Er lächelte plötzlich ironisch. »Ich frage mich manchmal, ob Erewhon deswegen seine Navy selbst mitten im Krieg nicht so konsequent ausgebaut hat wie die Graysons. Denn wenn den Graysons eine Denkweise fremd ist, dann die der Kompromisse.«
»Das funktioniert vielleicht mit der Ortspolizei«, stimmte Thandi zu. »Aber wenn man es mit einer Sternnation zu tun hat, erscheint es mir noch immer als recht riskante Vorgehensweise. Wie sagte man früher? ›Ein ehrlicher Polizist ist ein Polizist, der bestechlich bleibt‹? Wie stellt man sicher, dass eine Sternnation immer bestechlich bleibt? Was ist das Geheimnis?«
Er dachte kurz darüber nach und schüttelte den Kopf. »Nun, ich würde nicht sagen, dass es ein großes Geheimnis gibt, das alle erdenklichen Fälle abdeckt. Aber was Erewhon angeht, so glaube ich allerdings, dass in diesem besonderen Falle eine klare Lösung auf der Hand liegt. Eine, mit der die Republik Haven leben könnte, und - ich glaube es wenigstens - auch der Mann, für den du arbeitest.« Lächelnd wackelte er mit den Fingern. »Ich spreche nicht aus, wen ich damit meine. Der Captain oder der Gouverneur, oder beide, mir ist es eigendich egal.« Das Lächeln verschwand. »Diese Lösung hätte ferner den Vorteil, Mesa und Manpower niederzuhämmern, die beide wirklich der Abschaum des Universums sind. Und sie würde - das ist für mich wichtig, wenn auch niemanden sonst - beginnen, eine echte Ungerechtigkeit zu korrigieren.«
Thandi machte große Augen. »Ehrgeizig bist du gar nicht, was? Okay, Victor. Dann erzähl mir deine Lösung mal.«
Nachdem Victor ihr seinen Plan dargelegt hatte, machte sie noch größere Augen. »Du bist klinisch wahnsinnig. Warum in der Welt würde Captain Rozsak - du hast nicht gehört, wie ich den Namen ausspreche - da
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