Honor Harrington Bd. 16
sollten sie sich anstrengen, wenn er nur ein durchschnittlicher Agent wäre?«
»Er ist nicht einmal mehr ein ›Agent‹, Sir«, wandte Thandi ein. »Heutzutage soll er nur Polizist sein.«
Captain und Lieutenant-Commander warfen gleichzeitig einen gewissen Blick auf den jüngsten Lieutenant in Rozsaks Stab.
»Gut, Sie brauchen es mir nicht unter die Nase zu reiben«, knurrte sie, »Sir und Sir. Ich bin schließlich fast von gestern.«
Rozsak lachte leise. »Wir verfolgen Cachats Option, fürs Erste jedenfalls. Also bleiben Sie an ihm dran, Thandi.«
Teil III:
Der Sünde Sold
19
»Sie legen los, Kaja. Alle, wie es aussieht.«
Die leise Stimme aus dem Ohrhörer bewegte Thandi, sich aus ihrem Sessel kerzengerade aufzusetzen. Sie senkte das Lesegerät und starrte zur Zimmerwand, ohne sie anzublicken.
»Wohin?«
»Wissen wir noch nicht. Auf dem Weg durchs Hotel teilen sie sich in einzelne Gruppen auf. Drei Gruppen, eine groß, zwei klein.« Bevor Thandi die nächste Frage stellen konnte, hatte die Frau am anderen Ende der Verbindung sie bereits beantwortet: »Wir haben sie alle im Auge. Die Männer in der großen Gruppe tragen allesamt Reisetaschen. Zu klein, um irgendwelche Waffen vor der Entdeckung zu schützen.«
»Vielleicht.« Thandi teilte die Zuversicht der ehemaligen Schwätzerin, moderne Suchgeräte könnten wirklich alle Kleinwaffen entdecken, nicht im Mindesten. Normale Waffen natürlich, aber von teuren Spezialfabrikaten ganz abgesehen, kannte Thandi schlichtweg zu viele Möglichkeiten, sehr wirksame Waffen zu improvisieren. Selbstverständlich würde die Einstufung ihrer ›Wirksamkeit‹ letztlich von dem Zweck abhängen, zu dem sie verwendet werden sollten. Doch wenn hier ein Anschlag im Gange war ... Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet, war es furchtbar einfach, einen Menschen zu töten.
Dennoch erschien ihr ein Mordanschlag nicht besonders wahrscheinlich. Warum zum Beispiel sollte man dazu die gesamte Gruppe einsetzen? Gideon Templetons Truppe aus Masadanern und Schwätzern bestand aus über vierzig Mann.
Sie alle für einen ganz normalen Mordanschlag zu mobilisieren, erschien ihr sehr übertrieben. Und wer sollte das Opfer sein? Jedes mögliche Opfer auf Erewhon, das Thandi einfallen würde, erforderte entweder viel weniger Leute - oder konnte mit nicht weniger als einem ganzen Bataillon Elitesturmtruppen angegriffen werden.
»Zahlen bitte.«
»Fünfunddreißig in der großen Gruppe, Templeton selbst eingeschlossen. Drei in der kleinsten. Flairty, seine rechte Hand, gehört dazu. Sechs in der dritten Gruppe. Zu ihr gehören die beiden Piloten ihres Raumschiffs.«
Rasch und gleichmütig klangen die Worte in Thandis Ohr. Hanna war die Sprecherin, und sie zeigte ihre gewohnte entspannte Nonchalance. In Thandis Spezialkommando waren nur selbstbewusste Personen. Und dazu hatten sie auch allen Grund, selbst wenn Thandi oft fand, dass sie es ein wenig übertrieben. Schon von Natur aus waren sie alle recht tüchtig, und Thandis Drill hatte ihre natürlichen Anlagen auf Hochglanz poliert. Der Lieutenant bezweifelte nicht, dass sie in der Lage wären, Templetons Bewegungen im Auge zu behalten, ohne selbst entdeckt zu werden. Eine wirklich beeindruckende Leistung, wenn man bedachte, dass die männlichen Schwätzer, die zu den Masadanern übergegangen waren, sie ausnahmslos kannten. Einige von ihnen waren ehemalige feste Freunde.
Thandi verzog die Lippen zu einem gepressten und ein wenig bitteren Lächeln. ›Ehemalig‹ traf es sehr gut. Nichts anderes als Entscheidung der männlichen Schwätzer in der Bande, zur masadanischen Abart der Kirche der Entketteten Menschheit überzutreten, hatte die weiblichen Schwätzer bewogen, ihre letzten Verbindungen zu Manpower abzustreifen. Keine von ihnen war auch nur im Geringsten daran interessiert, zur Leibeigenen zu werden, was die einzige Rolle war, die diese Religion einer Frau zugestand. Dass Watanapongse auf sie stieß, als sie nach einem neuen Arbeitgeber suchten, war schieres Glück gewesen. Desorientiert wie sie waren, hätten sie Thandis Ansicht nach als freie Sölderinnentruppe auf sich gestellt nicht lange überlebt. Unter Thandis Regiment hingegen gediehen sie - zumindest, nachdem sie ihre anfängliche Skepsis überwunden hatten.
Thandi fragte sich, was Templeton Vorhaben mochte. Sie verfiel jedoch nicht in den Fehler, übereilte Schlüsse zu ziehen, ehe sie mehr Daten erhalten hatte. Deshalb wartete sie ab und überlegte in der
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