Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
mussten Tausende sein! Schon im Vorfeld hatte Rivka verkündet, sie werde sich für jedes einzelne Geschenk persönlich bedanken. Honor war sich sicher, die beeindruckende junge Frau werde ihr Versprechen halten … wie viel Zeit es auch in Anspruch nähme.
Honor hatte auch eine andere Aufgabe erfüllt: Sie war mit Rivka im Mount Royal Palace verschwunden, um ihr beim Umziehen zu helfen. Rivka hatte das Hochzeitskleid abzulegen und in die ebenso kostspielige (und ebenso schlicht-elegante) Hoftracht in den Winton-Farben Blau und Silber zu schlüpfen, die ihr als Gemahlin eines Sohnes dieses Hauses zustanden. Natürlich hatte Honors ›Hilfe‹ vor allem darin bestanden, moralischen Beistand für Rivkas ersten öffentlichen Auftritt als Kronprinzengemahlin von Manticore zu leisten. Rivka hatte keine Angst davor, nein, beileibe nicht, aber mulmig zumute war ihr doch. Sie sollte sich immerhin das erste Mal den öffentlichen Aufgaben stellen, die sie von nun an bis zu ihrem Lebensende begleiten würden.
Honor hatte deutlich gespürt, wie sehr sich die junge Frau zusammennehmen musste, um diese Last auch tragen zu können. In diesem Moment war Honor auch aufgegangen, warum Rivka sich ausgerechnet an sie gewandt hatte: Auch Honor entstammte einer Freisassenfamilie. Weder Rivka noch Honor hätten es sich in ihrer Kindheit je träumen lassen, gesellschaftlich so hoch aufzusteigen. Kaum dass Honor den nächsten Ansturm von Beklommenheit bei Rivka gespürt hatte, hatte sie der jungen Braut den Arm um die Schultern gelegt und sie an sich gedrückt.
»So schlimm ist es eigentlich gar nicht«, hatte sie ihr versichert. Rivka hatte ihr ein Lächeln geschenkt, das ein wenig schief ausgefallen war.
»Ist mein Muffensausen so offensichtlich?«
»Für mich vielleicht schon. Ich habe ja auch viel mit Baumkatzen zu tun, erinnere dich! Und ich bin auch nicht gerade in Kreisen wie diesen aufgewachsen.«
»Deine Mutter aber schon.«
»Richtig. Und bei der erstbesten Gelegenheit ist sie wie ein geölter Blitz auf und davon. Und zur Ballkönigin hat sie mich bestimmt nicht erzogen! Sicher, mir dürfte schon geholfen haben, mit der Familie Benton-Ramirez y Chou verwandt zu sein. Aber das waren eben nur Verwandte … verstehst du, was ich meine? Mutter nämlich hat dafür gesorgt, dass ich es so und nicht anders sehe. Wahrscheinlich ist das einer der Gründe, warum ich mich so lange wie möglich von jeglicher Form von Politik ferngehalten habe. Da bin ich erst hineingeraten, als Benjamin mir den Titel Gutsherrin aufs Auge drückte. Und dann hat Ihre Majestät die Königin oder, anders ausgedrückt, deine Schwiegermutter beschlossen, ihre Spielkiste aufzumachen und mich mit Ehrentiteln regelrecht zu überschütten! Daher kannst du mir glauben: Es lässt sich überleben. Du bist nur aus einem einzigen Grund hier, Rivka, und auch nur aus einem einzigen Grund bist du jetzt mit Roger verheiratet: Weil du bist, wer du bist, Rivka! Es geht nicht darum, was du bist oder wer zu sein man von dir erwartet. Bleib einfach ganz du selbst, dann läuft das alles schon. Glaub mir!«
Dieses Gespräch ging ihr jetzt noch einmal durch den Kopf, als sie sah, wie Roger und Rivka nebeneinander auf der Terrasse standen, entspannt lächelten und lachten und fröhlich mit einem Gast nach dem anderen plauderten. Honor wusste es: Sie hatte mit ihrer Einschätzung von Rivka genau richtig gelegen!
»Ist schon eine ziemlich beeindruckende Gästeliste, Jacques«, meinte Hamish.
»Ach was, beeindruckend, ja?«, sagte eine andere Stimme. »Hast du extra zu diesem Anlass die Untertreibung des Tages einstudiert?«
Honor lachte und drehte sich zu dem Lebenserhaltungssessel um, der neben ihr hielt.
»Ich denke, das ist eine ebenso angemessene Beschreibung wie Onkel Jacques’ ›bemerkenswert‹, Emily«, warf sie ein. »Vergiss nicht, aus wessen Mund sie stammt! Mit Sprache umzugehen ist schließlich ein Talent, mit dem beide nicht gesegnet sind.«
»Na, komm du mir nach Hause!«, versprach ihr Hamish mit einem Funkeln in den Augen. Nimitz, der wie stets auf Honors Schulter hockte, stieß ein bliekendes Lachen aus.
»Voller Beklommenheit fürchte ich diesen Moment!«, entgegnete Honor ihrem Gemahl zuckersüß. Dann wandte sie sich wieder ihrem Onkel zu. »Zugegeben, so sehr euch Wortgewalt auch abgeht, ihr habt nicht ganz unrecht. Hat die Welt je eine solche Hochzeitsfeier gesehen?!«
»Bestimmt nicht!«, meinte Emily. »Nicht jedenfalls, seit die Menschheit
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