Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
Zugeständnis hatte sich Rivka auf eine Schleppe beachtlicher Größe eingelassen. Nun glitt diese Schleppe hinter ihr über blanke Holzdielen. Honor und die Brautjungfern, die der Braut unmittelbar folgten, mussten nur sorgsam darauf achten, nicht darauf zu treten – wahrhaft keine leichte Aufgabe! Rivka hatte auch darauf bestanden, dass Faith Harrington die Prozession anführte. Nun streute Honors kleine Schwester mit ernster, nachgerade gewichtiger Miene Blütenblätter vor der Braut. Hinter Faith ging ihr Bruder James; er trug mit beiden Händen ein königsblaues Kissen, auf dem die Eheringe und das Prinzessinnen-Diadem lagen.
Die Vorbereitung der Feierlichkeiten war für alle Beteiligten harte Arbeit gewesen. Genau darüber dachte Honor nach, während sie Rivka den Mittelgang hinauffolgte. Honor selbst trug ein Kleid im graysonitischen Stil, darüber eine passende Jacke, beides in Harrington-Grün. An einem karmesinroten Band um den Hals glitzerte der Stern von Grayson. Weiteren Schmuck trug Honor nicht. Doch so traurig es auch war, dass Rivka ohne ihre Mutter Shamirah zum Altar schritt: Honor hatte dankbar bemerkt, dass die schwierige Aufgabe, Shamirah zu ersetzen, und die ganze harte Arbeit dabei eine durchaus willkommene Abwechslung gewesen war. Es lenkte sie davon ab, darüber nachzugrübeln, was Massimo Filareta und seiner Flotte widerfahren war.
Hochzeitsvorbereitungen zusätzlich zur Verantwortung für die Grand Fleet: Das schien hoffnungslos. Glücklicherweise hatten sich Honors Untergebene nachgerade miteinander verschworen, ihr einen beachtlichen Teil ihrer militärischen Aufgaben abzunehmen. Dafür war Honor ihnen unendlich dankbar. Von Anfang an war ihr Rivka sehr sympathisch gewesen; doch erst während des letzten Monats hatte Honor wirklich verstanden, warum Elizabeth der Wahl ihres Sohnes so uneingeschränkt zustimmte.
Rivka wird das gut hinbekommen , dachte Honor. Sie ist für Roger genau die Richtige. Wenn es jemandem gelingt, Roger bei Verstand zu halten, wenn er erst auf dem Thron seiner Mutter sitzt, dann Rivka!
Natürlich hatte auch Rivka gewisse Bedenken gehabt. Selbst jetzt noch schmeckte Honor im Geistesleuchten der äußerlich so gefassten jungen Frau eine Spur Beklommenheit. Die Vorstellung, im zarten Alter von zwanzig Jahren die Königsgemahlin des Sternenkönigreichs von Manticore zu werden, hätte zweifellos jede eingeschüchtert. Die Kaisergemahlin des Sternen imperiums von Manticore zu werden war zweifellos noch einschüchternder. Dass besagtes Sternenimperium vor einem Kampf auf Leben und Tod gegen die gewaltige Macht der Solaren Liga stand, war schlichtweg beängstigend. Doch irgendwie gelang es Rivka, das alles zu bewältigen. Als sie und Roger einander jetzt anblickten, schmeckte Honor, wie klar und fokussiert das Geistesleuchten der jungen Braut doch war. Trotz des Todes ihrer Mutter und trotz all der anstehenden Bedrohungen fühlte Honor bei Rivka genau wie bei Prinz Roger Freude und Eifer. Deutlicher hätte man Honor nicht zeigen können, wie gut Braut und Bräutigam gewählt hatten.
Der Brautzug erreichte den Prinzen und dessen Gefolge. In perfekter Choreographie löste sich die Prozession in einzelne Gruppen auf. Hamish Alexander-Harrington, der neben Roger stand, lächelte seine Gemahlin an, als sie nun neben Rivka trat und den Brautstrauß entgegennahm, den man aus Blumen sämtlicher bewohnbaren Planeten des Alten Sternenkönigreichs zusammengestellt hatte. Dann traten Braut und Bräutigam unter das weiße Seidendach der Chuppa , des Traubaldachins. Eigens für diese Feierlichkeit hatte man das Dach der Kathedrale verändert: Nun ließ sich über dem Allerheiligsten des Gotteshauses ein Oberlicht öffnen, und vom strahlend blauen Himmel Manticores fiel klares, gleißend helles Sonnenlicht herein. Durch diesen luftigen Vorhang aus Licht hindurch erwiderte Honor Hamishs Lächeln. Sie musste daran denken, wie viel einfacher (und auch unerwarteter) ihre eigene Hochzeit gewesen war. Dann trat sie, den Brautstrauß in Händen, einige Schritte zurück. Rivka ergriff Rogers Hand, dann wandten sich beide Bischof Robert Telmachi und Rabbi Yaakov O’Reilly zu.
Die Hochzeitsfeierlichkeiten so zu planen, dass sie sowohl den Traditionen wie dem Kanon der Katholischen Kirche einerseits und dem Judentum andererseits entsprachen, hatte allen Beteiligten eine gewisse Flexibilität abverlangt. Tatsächlich sollten an diesem Tage zwei Ehegelöbnisse hintereinander abgelegt werden.
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