Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
nickte. Nachdenklich blickte er vor sich hin, während seine Finger geschickt eine Zigarre auswickelten. Als er bemerkte, dass ihn jeder Offizier und jeder Gast auf der Flaggbrücke von RHNS Terror erwartungsvoll anblickte, fiel es Tourville schwer, sich ein Lächeln zu verkneifen. Aber zu lächeln hätte natürlich das würdevolle Auftreten unterminiert, das man von einem Flaggoffizier nun einmal erwartete. Die Zigarren waren nun einmal sein Markenzeichen, Teil des Images, das er sorgsam pflegte. Nun spürte Tourville rings um sich echte Vorfreude. Es war, als hätten diese Männer und Frauen, die er größtenteils nur vom Hörensagen gekannt hatte, bis er an Bord gekommen war, um das Kommando zu übernehmen, die ganze Zeit über bereits darauf gewartet, dass es jetzt endlich zur Sache ginge.
Die Baumkatze hingegen, die auf der Rückenlehne seines Kommandosessels kauerte, stieß einen leisen Laut aus. Es klang wie eine Mischung aus Resignation, Belustigung und Verärgerung. Lauert-im-Geäst mochte den Geruch brennenden Tabaks nicht. Zumindest behauptete er das steif und fest. Ein- oder zweimal jedoch hatte Tourville seinen pelzigen Leibwächter schon dabei ertappt, wie er genüsslich den Duft eingesogen hatte. Wie dem auch sei, die ’Katz schien bereit, Tourvilles sonderbares Gebaren hinzunehmen, gelegentlich Tabakröllchen abzufackeln. Vermutlich sah Lauert-im-Geäst darin einen Teil des Preises, den er dafür zahlen musste, sich um das Zwei-Bein zu kümmern, das man ihm anvertraut hatte. Aber der ’Kater war ganz offenkundig nicht darüber erhaben, seine Meinung über diese Unsitte öffentlich kundzutun. Immer noch beherrschte Tourville die Gebärdensprache nur äußerst unzureichend. Andererseits brauchte man sie auch nicht fließend zu verstehen, um zu begreifen, was Lauert-im-Geäst ihn wissen lassen wollte: Kaum dass der Admiral eine Zigarre ausgewickelt hatte, versiegelte der ’Kater mit seinen langen Echthänden den Helm seines Skinsuits.
»Dann sollten wir uns wohl bereit zum Tanz machen«, meinte Tourville trocken und grinste die Baumkatze in ihrem hermetisch versiegelten Raumanzug breit an, während er sich die Zigarre in den Mund steckte. Sorgsam achtete er darauf, dass die Zigarre in genau dem richtigen, halb verwegenen, halb lässigen Winkel aus dem Mundwinkel herabhing, bevor er den Blick wieder auf die Combildschirme richtete. Diese verbanden ihn über Standleitungen mit den Flaggbrücken der drei Kampfgruppen, aus denen sich die neue Zweite Flotte zusammensetzte.
Tourville hatte alles darangesetzt, auf seine neue Aufgabe ausreichend vorbereitet zu sein. Es half natürlich, dass er mit den Kommandeuren seiner drei Kampfgruppen vertraut war. Trotzdem war es nicht einfach gewesen. Nach einem ganzen T-Jahr, in dem er keine Brücke betreten hatte, kam sich Tourville eingerostet vor. Immer wieder trieb ihn die Frage um, was in diesen drei Kommandeuren wohl vorging, wenn es plötzlich hieße, Befehle von einem Admiral entgegenzunehmen, der ihnen bei der letzten Schlacht recht deutlich unterlegen gewesen war. Außerdem fragte er sich, wie sich Admiral Pascaline L’anglais, die Oberkommandierende der Zentralflotte, wohl gefühlt haben mochte, als man ihr plötzlich beinahe siebzig Prozent ihrer Wallschiffe abgenommen und sie unter dem Kommando eines anderen Admirals in die Schlacht schickte. Lester Tourville an ihrer Stelle wäre vermutlich gewaltig sauer gewesen, und es wäre ihm herzlich egal gewesen, wer alles genau das auch mitbekäme!
Ursprünglich hatte der Plan noch gelautet, das Kommando über die neu organisierte Zweite Flotte Thomas Theisman zu übertragen. Dagegen hätte selbst L’anglais, die nicht gerade für Gemütsruhe bekannt war, kaum etwas vorbringen können. Doch das hatte sich in dem Augenblick geändert, als die Entscheidung fiel, wie mit Filareta umzugehen wäre. Man war Herzogin Harringtons Vorschlag gefolgt, Theisman könne noch effektiver auf dem Flaggschiff eines gewissen anderen Offiziers zum Einsatz gebracht werden. Zu Tourvilles Überraschung hatte Theisman diese Idee geradezu enthusiastisch aufgegriffen. Damit hatte die Zweite Flotte allerdings nun keinen Flaggoffizier mehr, der bereits einmal eine ausgewachsene Flotte in der Schlacht befehligt hätte.
Außer Lester Tourville, hieß das.
»Also gut, Leute«, wandte er sich den Kommandeuren seiner Kampfgruppen zu. »Commander Adamson schickt Ihnen allen gerade das Signal zur Ausführung. Das Chrono tickt. Will jemand
Weitere Kostenlose Bücher