Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
ehrlich zu sein, komme ich gar nicht darüber hinweg, dass die Solly-Superdreadnoughts es überhaupt bis nach hier draußen geschafft haben! Das hätte ich deren Maschinenraumhamstern gar nicht zugetraut!«
Unwillkürlich zuckten Honors Mundwinkel. Trotzdem warf sie Cardones einen strafenden Blick zu.
»Das mag ja wirklich eine Laienspieltruppe sein, Rafe, trotzdem: Vielleicht stehen die Sollys doch schon kurz davor, bei den Großen mitspielen zu können. Schließlich hatten sie deutlich Anreize dafür, ihre Ausbildungsstandards zu … überdenken. Andererseits, Mercedes«, Honor blickte die ältere Frau an, »muss ich Rafe recht geben: Für jemanden ohne echte Erfahrung ist es eine Leistung, den Zeitplan beinahe einzuhalten.«
Nach einem Augenblick des Schweigens nickte Brigham.
»Wahrscheinlich haben Sie recht, Hoheit – Sie und Rafe. Aber egal: Auf jeden Fall sind jetzt die Sollys hier.«
»Und zwar ziemlich genau da, wo wir sie erwartet haben«, meldete sich eine neue Stimme zu Wort.
Captain Jaruwalski klang zufrieden. Honor nickte. Obwohl: Eines Taktik-Genies bedurfte es nicht gerade, um auf den Annäherungsvektor zu kommen, den die Sollys wohl auswählen würden.
Normalerweise kannte Honor die tatsächlichen Einsatzbefehle des Gegners nicht schon, bevor die Schlacht angefangen hatte. Aber selbstredend war sie die Letzte, die sich darüber beschweren würde. Das hieß jedoch nicht, dass sie blindlings auf diesen Vorteil vertrauen wollte. Deswegen hatten sie sich Michelle Henkes Taktik vor Spindle zu eigen gemacht und zahlreiche Systemverteidigungsgondeln und einen Großteil der Schweren Kreuzer und Schlachtkreuzer zum Schutz von Gryphon abgestellt – nur für den Fall, dass Filareta sich dafür entscheiden sollte, seinen Angriff doch in diese Richtung zu führen. Es waren allerdings Vorsichtsmaßnahmen für einen Fall, den Honor selbst für sehr unwahrscheinlich hielt. Der Solarier würde sicher geradewegs Manticore-A ansteuern – genau wie es seine Befehle und die grundlegende Strategie-Doktrin der solarischen Navy verlangten.
Damit blieb nur die Frage, welchen der bewohnten Planeten von Manticore-A Filareta denn nun tatsächlich angreifen würde. In den elf T-Monaten, die seit Lester Tourvilles Operation Beatrice vergangen waren, hatte sich Sphinx aus der Resonanzzone hinausbewegt – aus dem konischen Raumabschnitt zwischen dem Wurmlochknoten und Manticore-A, in dem es praktisch unmöglich war, zwischen Hyperraum und Normalraum zu transistieren. Damit war der Planet nicht mehr vor einer direkten Annäherung geschützt. Honors Heimatwelt blieb also nur sehr wenig Verteidigungsraum. Denn Sphinx befand sich ja kaum 15,3 Millionen Kilometer hinter der Hypergrenze.
Gerade wegen dieser relativen Schutzlosigkeit wäre Honor an Filaretas Stelle sehr versucht gewesen, Manticore anzugreifen, nicht etwa Sphinx. Sie wäre nämlich dann davon ausgegangen, dass der Gegner nicht anders gekonnt hätte, als seine Verbände so zu verlegen, dass sie das exponiertere Ziel besser schützten. Bei der derzeitigen Planetenkonstellation hätte ein guter Astrogator tatsächlich eine Flotte dichter bei Manticore in den Normalraum zurückkehren lassen können als jede mobile Einheit positioniert sein könnte, die vor Sphinx stünde. Es wäre ein riskantes Unternehmen, zugegeben. Schließlich bedeutete es, für den Angriff tiefer hinter die Hypergrenze vorzustoßen, was es schwieriger machte, sich bei einem Hinterhalt wieder in den Hyperraum zurückzuretten. Andererseits konnte es schlachtentscheidend sein, befänden sich die Systemverteidigungsverbände in der ungünstigeren Position.
Honor aber hielt Filareta für schlauer als Crandall. Daher würde er nicht tiefer hinter die Hypergrenze vorstoßen als unbedingt nötig. Er würde sich die Rückzugsmöglichkeit in den Hyperraum nicht verbauen wollen. Denn er würde damit rechnen, dass die ungeheuerlichen Berichte über die Raketenreichweite der Manticoraner der Wahrheit entsprächen. Nein, Filareta würde Sphinx angreifen, nicht Manticore, gerade weil er von dort aus viel leichter die Flucht ergreifen könnte, sollte sein Plan schiefgehen.
Einen Angriff auf Sphinx aber wollte Honor keinesfalls zulassen.
Als ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging, wurde ihr Blick hart. Sie spürte, wie Nimitz auf ihrer Schulter die Muskeln anspannte, und schmeckte bei ihm die gleiche, unbändige Entschlossenheit.
Ihre Miene blieb unbewegt. Doch innerlich nahm Honor sich zusammen und ging
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