Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
William Daniels’ Hand weiter – unwillkürlich, unter einem fremden Einfluss. Verzweifelt versuchte der Operationsoffizier dagegen anzukämpfen. Er wusste nicht, wer oder was ihn in seiner Gewalt hatte. Doch so sehr er auch dagegen ankämpfte, gab er doch mit fließenden Bewegungen einen Befehlskode ein, den er niemals gelernt hatte. Daniels hatte ihn sogar noch nie zuvor auch nur gesehen.
Dieser Befehlskode zündete eine Bombe, die ein Petty Officer namens Harder in Daniels Konsole installiert hatte. Die Detonation riss augenblicklich jeden Mann und jede Frau auf der Flaggbrücke von SLNS Philip Oppenheimer in den Tod.
»Raketenstarts!«, bellte Andrea Jaruwalski. »Multiple Raketenstarts! Mehr als fünfzigtausend, einkommend!«
Honor Alexander-Harrington stockte der Atem. Einen winzigen Moment lang konnte sie einfach nicht glauben, was sie sah. Sie hielt es schlichtweg nicht für möglich, dass jemand – nicht einmal ein Solly – derart wahnsinnig sein könnte. Derart arrogant. Bereit, die Besatzungen einer ganzen Flotte abschlachten zu lassen.
Doch ganz offenkundig war es sehr wohl möglich.
Vielleicht zwei Sekunden lang betrachtete Honor die heranbrandende Welle der Zerstörung. Dann holte sie tief Luft.
»Greifen Sie den Gegner an!«, sagte ihre Sopranstimme ruhig. »Beschießungsplan Thermopylen.«
Kapitel 4
Flottenadmiral Imogene Tsang fuhr aus dem Schlaf hoch, als der Kommunikator auf ihrem Nachttisch klingelte. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, warf einen Blick auf die Zeitanzeige und verzog gequält das Gesicht. Noch nicht einmal drei Stunden hatte sie geschlafen. Ihre Augen waren so trocken, dass möglich schien, sie würden jeden Moment zerspringen, und der pulsierende Schmerz zwischen den Schläfen verriet Tsang, dass die letzten beiden Tequila Sunrise vielleicht zu viel gewesen waren.
Wieder klingelte das Com. Zornig drückte sie mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Nur-Audio-Taste.
»Was ist?« , fauchte sie.
»Bitte verzeihen Sie die Störung, Ma’am«, erwiderte Admiral Pierre Takeuchi rasch, »aber das Kurierboot ist gerade aus dem Terminus ausgetreten.«
»Wirklich?« Tsang drehte sich seitwärts, setzte sich auf die Bettkante und stellte die Füße auf Deck. »Wann?«
»Vor etwas mehr als drei Minuten, Ma’am.« Sie wusste, dass Takeuchi jetzt die Achseln zuckte. »Lieutenant Trudeau, der Skipper des Kurierbootes, hat ein paar Minuten gebraucht, um die Ranger zu orten. Und die Ranger musste das Signal ja auch erst an uns weiterleiten.«
»Verstanden.« Ein Stich Verärgerung durchfuhr Tsang. Sie wusste, dass dieser Ärger gänzlich irrational war (und wahrscheinlich zumindest teilweise dem Kopfschmerz geschuldet). Trudeau hatte unmöglich wissen können, wo sich KV 11.6 relativ zum Beowulf-Terminus aufhielt, bevor das Schiff tatsächlich im System eingetroffen war. Und derart unbedeutende Verzögerungen änderten auch nichts an Tsangs Flottenbewegungen.
Sie hatte den Kampfverband gezielt in zehn Millionen Kilometern Entfernung zum Terminus gehalten. Das war zwar höllisch unpraktisch. Denn um den Terminus mit relativer Nullgeschwindigkeit zu erreichen und den Transit einzuleiten, würde sie fast eine Stunde brauchen. Aber dieses Vorgehen hatte den Vorteil, beowulfianische Empfindlichkeiten nicht über Gebühr zu strapazieren. Tsang hatte ernstlich in Erwägung gezogen, auch und gerade wegen des Kurierbootes Aufklärungsplattformen und Kommunikationsrelais in der Nähe des Terminus auszusetzen. Sie hatte das als zu aufdringlich verworfen. Sie hätte nur Beowulf gereizt und selbst kaum einen Vorteil davon gehabt. Die Beowulfianer würden sich ja wohl kaum an sie anschleichen und sie unvermittelt angreifen!
Selbst aus der ungünstigen momentanen Position heraus hatten ihre Gravitationssensoren die Impellersignaturen von mindestens sechzig oder siebzig beowulfianischen Frachtern geortet, die durch den Terminus hin und her fuhren. Offenkundig betrieb Beowulf nach wie vor Handel mit dem Sternenimperium, auch wenn der Zugang allen anderen solarischen Schiffen verwehrt wurde. Tsang hatte es sogar gewagt, von der Systemregierung eine Erklärung dafür zu erbitten. Man hatte sie wissen lassen, was sie hier beobachte, seien lediglich humanitäre Hilfsaktionen, mitnichten etwas so Unziemliches wie Handel.
Klar, und ich bin ein naives Ding, das alles glaubt! , dachte sie sarkastisch. Na, ich bezweifle ja nicht, dass diese Lieferungen Teil der Wiederaufbaubemühungen der
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