Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
rechtfertigen, dass man weiterhin eine terroristische Vereinigung unterstützen würde und den eigenen imperialistischen Bestrebungen nachginge.
Wie ich diesen ganzen Drecksplaneten hasse! , dachte Carmichael bitter. Klar, es die Heimatwelt der ganzen Menschheit, die wahre Mutterwelt. Aber ich bin hier nicht geboren! Ich stamme vom Planeten Manticore, und dieser ganze Planet hier ist das Epizentrum der Korruption! Hier geht es nur darum, die menschliche Spezies geradewegs in das hineinzulotsen, was diese mordlüsternen Dreckskerle von Mesa zu erreichen versuchen – was auch immer das nun sein mag! Hadley hat ganz recht: Inzwischen ist die ganze Liga verkommen und verdorben. Überall arbeiten die Mächtigen daran, ihr eigenes kleines Imperium aufzubauen, und brutale Regimes genießen die Unterstützung durch die Sondereingreifbataillons der Grenzsicherheit und der Gendarmerie. Ein solcher Moloch darf einfach nicht überleben! Je früher wir die Liga begraben, desto besser!
Und genau das war der entscheidende Fehler in Malachai Abruzzis Strategie. Was auch immer er der Bevölkerung von Alterde noch zu verkaufen schaffte, was auch immer er auf den ältesten, satt-feisten Kernwelten verbreiten ließ: Der Rest der Galaxis wusste es besser. Sie kannten die Wahrheit. Diese anderen Welten waren vom Zentrum der Liga weit genug entfernt, um Fäulnis und Verderben zu erkennen. Deswegen würden sich die anderen Welten weigern, weiterhin nach der Pfeife des Liga-Amtes für Grenzsicherheit und ihrer transstellaren Spießgesellen zu tanzen.
Die Geister, die sie riefen, werden sie nie wieder los , dachte Botschafter Carmichael eisig. Ganz egal, was sie versuchen mögen!
Flottenadmiral Rajampet Kaushal Rajani saß in seinem privaten Penthouse im dreihundertsten Stock und blickte auf Chicago hinab. Nachts wirkte die Stadt wie ein prächtig funkelndes Juwel. Andere Türme reckten sich ebenso hoch oder sogar noch höher in den Himmel als das Gebäude, in dem Rajampet residierte. Rings um sich sah er erleuchtete Fenster und blinkende Warnleuchten für den Flugverkehr. Wie glitzernde Edelsteine von unterschiedlicher Form und Schliff steuerten Flugwagen durch die Luft auf Gebäude zu oder umfuhren sie weiträumig. Auf massigen Pfeilern, tief verankert im Fels unter dem Michigansee, strebten die himmelsstürmenden Wohn- und Geschäftstürme hinauf zum Firmament. Ihre glitzernden Spiegelbilder tanzten auf dem nachtschwarzen Wasser, auf dem selbst um diese Uhrzeit noch zahllose
Vergnügungsdampfer verkehrten, beleuchtet wie Weihnachtsbäume. Die Transportbänder für die Fußgänger lagen so tief unter Rajampets Fenster, dass der Flottenadmiral die Menschen nur als einzigen bunten Strom erkennen konnte, tief versunken im Sumpf aus HD-Plakatwänden, subliminalen Werbebotschaften und dem allenthalben brodelnden Leben der größten Stadt auf ganz Alterde. Wenn Rajampet den Blick gen Himmel hob, sah er orbitale Frachtstationen und Solarkollektor-Satelliten; wie Perlen funkelten sie am Himmel. Alles in allem verhieß der Ausblick aus diesem Fenster den Abglanz der Größe, der Macht und des Reichtums einer Stadt, die sich weiter erstreckte, als das Auge reichte, und deren Lichter die Wolkenfetzen, die schlaflos über den Moloch hinwegzogen, in bunte Farben tauchen.
Rajampet liebte diesen Ausblick. Er liebte es, über seine Stadt zu blicken und zu wissen, dass er zu den wenigen Auserwählten gehörte, die in dieser Stadt etwas bewirken konnten. Er war einer der Herrscher über die ameisengleichen Menschen, die so tief unter ihm hin und her wimmelten. Rajampet liebte den Geschmack der Macht. Das gab er durchaus zu. Seit beinahe einhundert T-Jahren schwang er das Szepter über diese Stadt und tat es gut. Doch heute Nacht spendete ihm der Ausblick auf seine Stadt nur wenig Trost. Denn morgen würde er Kolokoltsov und den anderen entgegentreten müssen. Auf diese Sitzung freute sich Rajampet nicht, nein, gar nicht. Er war sich nicht einmal sicher, ob er nach der Sitzung noch dieselbe Macht innehaben würde wie jetzt. Und wenn er seine Macht nicht mehr hätte, was bliebe ihm dann noch?
Na ja , dachte er trocken, immerhin 3,6 Milliarden Credits auf dem Privatkonto! Kein schlechter Lohn, alles in allem, oder nicht? Außerdem: Will ich mir vormachen, ich hätte nicht gewusst, dass ich mich mit dem Teufel zusammen an einen Tisch gesetzt habe? Gut, ich könnte mir wünschen, einen etwas längeren Löffel verwendet zu haben, jetzt, wo die verdammten
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