Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
Lächeln war ebenso kalt wie der Blick aus seinen Augen. »Aber Unfälle können sich nun einmal ereignen, nicht wahr? Deswegen hat meine Regierung beschlossen, mit dieser Maßnahme sicherzustellen, dass es nicht zu weiteren Unfällen kommt. Allerdings gibt es einen zweiten Grund für den Rückruf.«
»Und welcher Grund wäre das, Herr Botschafter?« Kolokoltsov sprach völlig ruhig, um sehr deutlich zu betonen, dass er nicht die Absicht habe, auf die feinen Spitzen in der Erklärung des Manticoraners einzugehen.
»Nennen Sie es einen Versuch, die Aufmerksamkeit der Liga zu erregen, Herr Staatssekretär. Bislang schien uns in dieser Hinsicht erschreckend wenig Erfolg beschieden. Deswegen hat meine Regierung beschlossen, deutlich direktere Maßnahmen zu ergreifen.«
»Wollen Sie damit andeuten, der Rückruf Ihrer Handelsschiffe sei als unfreundlicher Akt gegen die Solare Liga aufzufassen?«, fragte Kolokoltsov nach. Nun klang seine Stimme mit voller Absicht frostig.
»Für mich ist nicht ersichtlich, wie man es als ›unfreundlichen Akt‹ auffassen kann, wenn wir unsere eigenen Schiffe aus den solarischen Schifffahrtslinien abziehen, Herr Staatssekretär.« Gelassen zuckte Carmichael die Schultern. »Andererseits wird sich der Rückruf wohl tatsächlich in wenig wünschenswerter Weise auf den interstellaren Frachtverkehr der Liga auswirken.«
Stocksteif saß Kolokoltsov in seinem Sessel. Über die gefalteten Hände hinweg blickte er den Manticoraner an. Der Staatssekretär war kein Wirtschaftswissenschaftler und auch kein Experte für interstellaren Frachtverkehr. Doch jeder in der Solaren Liga wusste, wie sehr die interstellare Wirtschaft – das Herzblut der Liga – auf manticoranische Schiffe angewiesen war. Das war einer der Gründe dafür, dass so viele Solarier das Sternenimperium aus tiefstem Herzen verabscheuten, ja, regelrecht hassten. Und es war auch einer der Gründe dafür, dass eine derart unbedeutende, pissige Sternnation im Laufe der letzten T-Jahrhunderte wieder und wieder die Außenpolitik der Solaren Liga zu … behindern vermochte. Dazu kam natürlich noch der immense Einfluss, den diese Neobarbaren ausübten, weil sie über den Manticoranischen Wurmlochknoten verfügten und auch fast alle anderen Hyperbrücken fest im Griff hatten. Aber in all den Jahren hatte Manticore noch nie damit gedroht, sämtliche seiner Handels- und Frachtschiffe aus der Liga abzuziehen.
»Ich bin kein Experte auf dem Gebiet des interstellaren Handelsverkehrs, Herr Botschafter«, erwiderte Kolokoltsov nach einigen Momenten des Nachdenkens. »Aber es will mir scheinen, dass das Handeln des Sternenimperiums zur Verletzung zahlreicher Handelsabkommen und Verträge führt.«
»Das ist leider korrekt, Herr Staatssekretär. Natürlich ist das sehr bedauerlich. Aber erfreulicherweise unterliegt zumindest die überwiegende Mehrheit besagter Schifffahrtslinien dem Zollrecht. In den seltenen Fällen, in denen sich die Lage anders gestaltet, können die Geschädigten zweifellos vor Gericht gehen und Entschädigungen einfordern. Inwieweit ihnen dabei Erfolg beschieden sein wird«, Carmichaels Lächeln wurde noch dünner, »vermag natürlich zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand zu beurteilen. Das hängt wohl vornehmlich vom jeweiligen Gerichtsstand ab, meinen Sie nicht auch?«
»Sie spielen hier mit dem Leben und dem Lebensunterhalt von Millionen Bürgern der Solaren Liga, Herr Botschafter«, gab Kolokoltsov zu bedenken, und das in einem deutlich schärferen Ton, als er eigentlich beabsichtigt hatte.
»So könnte man es ausdrücken. Wenn man sich allerdings anschaut, wie es um die Beziehungen zwischen dem Sternenimperium und der Solaren Liga bestellt ist – und diese Beziehungen scheinen sich zunehmend zu verschlechtern –, wird gewiss verständlich, warum meine Regierung es in jeder Hinsicht für das Sicherste hält, dass unsere Handelsschiffe vorerst auf manticoranischem Hoheitsgebiet verbleiben – oder sich zumindest von solarischem Hoheitsgebiet fernhalten. Selbstverständlich wird das nur so lange erforderlich bleiben, bis die bilateral strittigen Punkte zur Zufriedenheit aller Beteiligten geklärt sind. Anschließend werden wir mit Freuden unsere Frachter und unsere Passagierschiffe wieder ihre üblichen Routen aufnehmen lassen.«
Dieses Mal blitzte Carmichaels Lächeln einer Stahlschneide gleich auf. Trotz jahrelanger Berufserfahrung spürte Kolokoltsov, wie ihm Zornesröte ins Gesicht stieg.
»Man könnte«, gab
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