Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
anderen.
Das war bedauerlicherweise nicht gleichbedeutend mit der Behauptung, das Volk würde ihr immer noch im gleichen Maße vertrauen wie früher, und natürlich ein weiterer Faktor, den es zu bedenken galt, wenn über etwaige Verhandlungen mit Manticore zu entscheiden war.
»Ich bezweifle sehr«, fuhr sie mit der gleichen ruhigen Stimme fort, »dass irgendjemand hier in diesem Raum — oder irgendwo sonst auf diesem Planeten - das Endergebnis der Schlacht von Manticore noch mehr bedauert als ich. Aber Sie haben wirklich nicht unrecht, Tony. Wir wissen, was dort geschehen ist, und wir wissen auch, dass die Mantys jederzeit in der Lage wären, uns das Gleiche noch einmal anzutun, ganz egal wo. Genau das hat mir Admiral Alexander-Harrington übrigens noch einmal deutlich gesagt, allerdings in sehr viel freundlicheren Worten. Wie dem auch sei, ich wüsste wirklich nicht, warum Manticore es auf irgendeinen Verrat am Verhandlungstisch anlegen sollte. Und im Gegensatz zu Ihnen allen - außer Tom, natürlich -, bin ich dieser Frau mittlerweile persönlich begegnet. Sie ist... beeindruckend, und das in vielerlei Hinsicht. Außerdem habe ich nicht das Gefühl, dass sie die Denkart eines typischen Politikers pflegt.«
»Was meinen Sie damit, Madame Präsidentin?«, erkundigte sich Leslie Montreau und kniff nachdenklich die Augen zusammen.
»Diese Frau wäre so ziemlich die Letzte, die ich auswählen würde, jemand anderem eine Lüge aufzutischen, das meine ich damit«, gab Pritchart unumwunden zurück. »Erstens glaube ich nicht, dass sie diesen Job überhaupt annehmen würde, und selbst wenn, wäre sie ganz bestimmt nicht sonderlich gut dabei.«
»Diesen Eindruck hatte ich allerdings auch immer, Madame Präsidentin«, stimmte Theisman ihr leise zu.
»Und alles, was der Foreign Intelligence Service über sie zusammengetragen hat, lässt ziemlich genau den gleichen Schluss zu«, warf LePic ein.
»Was nicht bedeutet, man könnte sie nicht doch dafür ausgewählt haben, uns ›eine Lüge aufzutischen‹«, gab Nesbitt zu bedenken. »Wenn derjenige, der sie hierhergeschickt hat, sie angelogen hat - oder sie zumindest darüber im Unklaren ließ, was eigentlich geplant ist dann könnte Alexander-Harrington sehr wohl denken, sie hätte die ganze Zeit über die Wahrheit gesagt.«
»Ha!« Pritcharts plötzliches Auflachen brachte Nesbitt dazu, sich in seinem Sessel zurückzulehnen und fragend die Augenbrauen zu heben. Kurz lachte die Präsidentin weiter, dann schüttelte sie entschuldigend den Kopf.
»Verzeihung, Tony«, wandte sie sich mit reuevoller Miene an den Handelsminister. »Ich habe wirklich nicht Sie ausgelacht. Nur ... ach, vertrauen Sie mir einfach, was das angeht. Selbst wenn diese ganzen wilden Gerüchte, Baumkatzen würden es merken, wenn jemand lügt, völliger Unfug sein sollten, würde ich wirklich nicht gerne versuchen wollen, diese Frau anzulügen - und unter der SyS haben Javier und ich im Lügen wirklich wahre Meisterschaft entwickelt! Ich muss Ihnen sagen, ich hatte tatsächlich den Eindruck, sie könne mir geradewegs in den Schädel blicken und zuschauen, wie sich darin die kleinen Rädchen drehen.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube, niemand könnte Admiral Alexander-Harrington eine Lüge auftischen, die sie dazu bringen könnte, den Judas zu spielen, ohne das ganz genau zu durchschauen.«
»Verzeihen Sie mir, wenn ich das so sage, Madame Präsidentin«, ergriff nun Innenminister Walter Sanderson bedächtig das Wort, »aber ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie diese Frau ernstlich mögen.«
Sanderson klang, als fühle er sich durch seine eigene Bemerkung hinsichtlich dieses Verdachtes wie ein Verräter. Pritchart neigte den Kopf ein wenig zur Seite und schürzte nachdenklich die Lippen. Dann zuckte sie mit den Schultern.
»So weit würde ich nicht gehen wollen, Walter. Zumindest noch nicht. Aber ich muss zugeben, unter anderen Umständen würde ich sie wahrscheinlich tatsächlich mögen. Bitte haben Sie jetzt nicht den Eindruck, ich würde mir von ihr irgendwelche gebrauchten Flugwagen andrehen lassen, ohne dass meine eigenen Mechaniker sich die Dinger zunächst einmal angesehen hätten! Aber wenn man es sich genau anschaut, lautet eine der ersten Regeln der Diplomatie, effektive Diplomaten auszuwählen. Diplomaten, die andere Menschen dazu bewegen können, ihnen zu vertrauen, ja, vielleicht sogar sie zu mögen. Dann stimmt am Verhandlungstisch wenigstens schon einmal die
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