Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
ändert sich dabei nicht. Für die Vorder- und Hintermänner der Stinker
konnte ich keinen Platzwechsel arrangieren, da der Bus bis auf den letzen Sitz
voll besetzt war. Ich versprach den Leidenden, ein ernstes Wort mit den
Riechenbergers zu reden.
San Diego ist
eine Reise wert. Meine Gäste sind stets angenehm überrascht, eine Stadt zu
erleben, die im Vergleich zu Los Angeles nicht nur äußerst gepflegt, sondern
zudem recht übersichtlich wirkt. Auch die Amerikaner verbringen ihre
Wochenenden gern in der südlichsten Stadt Kaliforniens. Attraktionen wie Sea
World und der weltberühmte San Diego Zoo locken ebenso wie das attraktive Gas
Lamp Quarter , der alte Gaslampendistrikt, in dem sich unendlich viele
Kneipen und Restaurants aneinander reihen. San Diego ist jung - eine
Universitätsstadt, wie aus dem Bilderbuch. Dementsprechend sind die Strassen
der Innenstadt an fast jedem Abend der Woche mit Studenten gefüllt. Es wird
gefeiert bis der Papst kommt. Zumindest aber bis um zwei Uhr in der Früh, dann
schließen nach guter amerikanischer Manier auch die letzten Lokale. Bis nach
Tijuana, der berühmt-berüchtigten mexikanischen Grenzstadt, ist es auch nur ein
Katzensprung. Da in den USA der Ausschank von Alkohol an Jugendliche unter
einundzwanzig Jahren strengstens verboten ist, zieht es besonders die ganz Jungen
über die Grenze, da dort schon ab achtzehn Jahren getrunken werden darf. Ein
nicht ungefährliches Vergnügen. Die sonst vergleichsweise soliden Teenager
lassen in Tijuana so richtig die Sau raus. Alkoholvergiftungen sind deshalb
keine Seltenheit. Aber auch für die älteren Besucher hat San Diego eine Menge
zu bieten. Der Hafen lädt zu langen Spaziergängen ein. Hier legen die
Kreuzfahrtschiffe an, die die mexikanische Riviera Woche für Woche auf und ab
fahren. Im Herzen des etwas außerhalb gelegenen Balboa Park befinden sich die
Kulturstätten San Diegos. Ein Prachtpark mit Museen und Freizeitanlagen, der
sehr viele spanische Züge aufweist. Wer’s ein bisschen mexikanischer mag, wird
in Old Town San Diego fündig. Wer die Moderne sucht, dem wird die eigentliche
Innenstadt rund um den Bahnhof gefallen. Kaum eine andere amerikanische Stadt
hat eine jüngere und spannendere Fassadenlandschaft zu bieten. Mein
persönliches Highlight ist die Halbinsel Coronado Island . Sie ist über
die spektakuläre Coronado Bridge oder mit der Fähre vom Hafen aus zu
erreichen. Herzstück der Insel ist das weltberühmte Del Coronado
Hotel , welches nach ausgiebiger Renovierung zu den wohl aufregendsten
Herbergen des Kontinents zählt. Nur zu gern zeige ich meinen Gästen diesen
Prachtbau aus Holz, der bereits im Jahre 1888 eröffnet wurde. Der Hoteldirektor
nennt sein Haus stolz Hollywood‘s Second Home - das zweite zu Hause der
Stars. Marilyn Monroe und Tony Curtis drehten hier den Klassiker „Manche
mögen’s heiß“. Charlie Chaplin kam gern zum Dinner und nicht nur der ehemalige
US Präsident Bill Clinton sagt vom „Del“, es sei sein Lieblingshotel. Die
Prominenz des Landes gibt sich hier die Klinke in die Hand. Romantiker nehmen
die Fähre zurück nach San Diego. Für nicht einmal vier Dollar können sie sich
nach Einbruch der Dunkelheit von dem Blick auf die Skyline der Stadt verzaubern
lassen.
Die
Riechenbergers waren alles andere als verzaubert, als ich ihnen eine weitere
Hiobsbotschaft überbringen musste. Laut Aussage der Fluggesellschaft war der Koffer
zwar inzwischen unterwegs von Frankfurt nach L.A., jedoch würde er nicht vor
Mitternacht in San Diego eintreffen. Ich bat den Nachtportier des Hotels, mich
auf alle Fälle zu wecken, sollte das Gepäck geliefert werden, egal zu welcher
Uhrzeit. Trotzdem hoffte ich inständig, dass die Zottel zur Vernunft kommen und
noch am Abend ein Kaufhaus in San Diego aufsuchen würden, da ich den Aussagen
der Fluggesellschaft nicht so recht trauten mochte. Vergeblich. Die Beiden
machten ernst. Selbst das Hotelpersonal begann bei ihrem Anblick die Nasen zu
rümpfen. Um zwei Uhr in der Nacht kam endlich der rettende Anruf.
„Mister Oliver, the luggage has
just been dropped off.“
Die Stimme des
Portiers klang wie Engelsgesang in meinen Ohren. Der Koffer war da. Schnell
schlüpfte ich in meine Hose und eilte an die Rezeption. Der Anblick des
Gepäckstücks ließ mich erschrecken. Es war ungewöhnlich genug, ein Ehepaar mit
nur einem Koffer auf Reisen zu sehen. Dass dieser Koffer zudem nur halb so groß
wie alle anderen ihrer Art war, beunruhigte mich
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