Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
nicht angekommen. Verständlicherweise waren
Herr und Frau Riechenberger nicht besonders gut gelaunt, als ich sie im am
Nachmittag im Hotel begrüßte. Ich beruhigte sie, indem ich ihnen erklärte, dass
Koffer mit einer gewissen Regelmäßigkeit von den Fluggesellschaften
fehlgeleitet würden. Kein Grund zur Sorge, denn in der Regel wird so ein
vermisstes Gepäckstück spätestens am Tag nach der Ankunft ins Hotel
nachgeliefert. Lediglich ein oder zwei Koffer pro Jahr schaffen es nicht. Dann
wird’s natürlich schwierig, da wir ab dem dritten Reisetag täglich den Ort und
damit auch das Hotel wechseln. Ich schlug den Riechenbergers vor, sich doch im
Souvenirladen des Hotels je ein T-Shirt und eine Zahnbürste zu besorgen. Am
Abend des Ankunftstags telefonierte ich mit der zuständigen Fluggesellschaft.
Man versicherte mir, das Gepäck sei bereits lokalisiert und für den
Weitertransport bereitgestellt worden. Wir durften also, nach Aussage der
netten Dame am Telefon, mit der Ankunft des Koffers in Los Angeles in naher
Zukunft rechnen. Ich fühlte mich gleich besser und verlor keine Zeit, die gute
Nachricht zu übermitteln. Familie Riechenberger schien gelassen.
Am folgenden
Vormittag unternahmen wir eine Stadtrundfahrt, den Nachmittag verbrachten wir
in den Universal Filmstudios. Während der Rückfahrt zum Hotel rief ich erneut
die Airline an, um zu erfahren, ob der Koffer inzwischen geliefert wurde. Die
Antwort war negativ. Aus irgendeinem fadenscheinigen Grund stand das gute Stück
noch immer am Frankfurter Flughafen. Ich erklärte der Dame am anderen Ende der
Leitung den Ernst der Lage, doch der schien sie nicht weiter zu beeindrucken.
Wahrscheinlich saß sie in einem Callcenter in Indien und fragte sich still, wie
ich einen verlorenen Koffer als dringliche Angelegenheit bezeichnen konnte, wo
doch die Hälfte der Kinder in ihrem Land an Hunger litt.
„Sorry, Mister
Tappe, aber ich kann gar nichts tun. Geben sie mir die Anschrift des nächsten
Hotels und melden sie sich, wenn der Koffer dort auch nicht ankommt.“
Die
Riechenbergers schnauften vor Wut.
„Was sollen
wir denn jetzt tun? Wir haben überhaupt nichts zum Anziehen. Nicht mal einen
Schlafanzug. Und wir haben auch kein Waschzeug.“
Ich hätte
ihnen gern von den armen Kindern in Indien erzählt. Stattdessen schlug ich den
Beiden vor, sich mit dem Nötigsten im Supermarkt einzudecken.
„Ein Stück
weiter an der nächsten Straßenecke ist auch ein Kaufhaus, dort bekommen sie
sicher ein paar günstige Shorts und T-Shirts.“
„Wir sind doch
nicht die Rockefellers! Was denken Sie eigentlich?“ Frau Riechenberger war so
richtig in Fahrt. „Wer soll das bezahlen? Wir jedenfalls nicht.“
Mir schwante
Böses. Die Riechenbergers hatten seit ihrer Abreise in Deutschland die gleichen
Klamotten an. Der Geruch, den sie verströmten, sendete eine deutliche Botschaft
aus: Wir duschen nicht! Geduldig erklärte ich dem Paar, dass ich ihnen kein
Geld geben könne, da in diesem Fall nicht der Reiseveranstalter, sondern einzig
die Fluggesellschaft haftet. Ich stieß auf blankes Unverständnis und Frau
Riechenberger wurde plötzlich unangenehm laut.
„Sie sind alle
samt Betrüger. Ist doch immer das Gleiche. Wozu haben wir denn einen
Reiseleiter? Tun Sie mal was für ihr Geld. An den Eiern kraulen können wir uns
schließlich selbst!“
An genau
diesem Punkt beschloss ich, das Gespräch zu beenden. Diese Reise würde nicht
einfach werden - weder für mich, noch für den Rest der Truppe. Es war lediglich
eine Frage der Zeit, bis sich andere Gäste über die mangelnde Hygiene der
Riechenbergers bei mir beklagen würden, sollten diese stur bleiben und sich
nicht ins Kaufhaus oder zumindest unter die Dusche begeben. Mein Morgengruß am
kommenden Tag wurde nicht erwidert. Den Outfits nach zu urteilen, hatte sich
das Ehepaar offenbar gegen eine Investition in neue T-Shirts entschieden. Zum
Glück war die Busfahrt verhältnismäßig kurz und wer immer neben, hinter oder
vor den Reichenbergers saß, musste nur wenige Stunden leiden. Kaum waren wir an
unserem ersten Stopp, dem Balboa Park in San Diego, eingetroffen, kam auch
schon die erste Beschwerde.
„Also, Herr
Tappe, das ist wirklich eine Zumutung mit diesem Ehepaar. Die stinken ganz fürchterlich.
Morgen wollen wir woanders sitzen.“
Da hatten wir
den Salat. Zwar gibt es auf so einer Rundreise ein Rotationssystem im Bus,
damit jeder Gast mal vorne und mal hinten sitzen darf, aber die Sitzordnung
selbst
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