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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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Reiter.
    „Das ist die
Lösung“, sagte ich mir, „ich reite einfach die Strecke zurück zum Hogan.“
    Moment. Da
fiel mir ein, ich kann gar nicht reiten. Musste ich aber glücklicherweise auch
gar nicht. Als das Pferd näher kam, sah ich vor dem Indianer noch ein kleines
Mädchen im Sattel sitzen. Man hatte ihr eine Navajodecke um die Schultern
gelegt, um sie vor der grellen Sonne zu schützen. Ihr buntes Haarband wehte im
Wind. Es gibt sie also doch noch, die alte Wildwestromantik. Und die Indianer
sind längst nicht immer die Bösewichte. John Wayne hätte seinen Hut gezogen.
Jasmin war stolz wie Oskar und ihre Eltern sichtlich erleichtert. Der Rest der
Meute zeigte sich ebenfalls zufrieden. Alle knipsten Pferd und Reiter, bis der
Reiseleiter wieder einmal rief:
    „Hopp, hopp!
Es geht weiter. Die Zeit rennt.“

07 Vom Monument Valley
zum Bryce Canyon - Die Sache mit dem
kleinen Irrtum
     
    Ich
hasse es, wenn Gäste unterwegs Geburtstag haben. Zum einen, weil ich dann
singen muss, und zum anderen, weil ich mir den Kopf zerbrechen darf, womit ich
den jeweiligen Gast wohl überraschen könnte. Die eigentlichen Auslöser für
meinen Unmut sind dabei weniger die Geburtstagskinder, sondern deren Partner
oder Mitreisende, die sich in den Kopf gesetzt haben, den Reiseleiter
irgendetwas „Nettes“ arrangieren zu lassen. Meist läuft es so ab, dass Herr
Meier am Abend an meine Zimmertür klopft und sagt:
    „Herr
Reiseleiter, entschuldigen Sie die Störung, aber meine Frau hat morgen
Geburtstag. Sie wird fünfundfünfzig.“
    Klasse, auch
noch ‘ne Schnapszahl .
    „Ach, Herr
Meier, das freut mich aber für Ihre Gattin.“
    „Ich dachte,
Sie könnten da vielleicht was machen.“
    „An was hatten
Sie denn da gedacht?“
    „Naja,
vielleicht ein kleines Sektfrühstück und am Nachmittag eine Schwarzwälder
Kirschtorte und vielleicht könnte die Gruppe bei der Abfahrt auch vor dem Bus
stehen und Happy Birthday singen.“
    Warum nicht
gleich die Wiener Sängerknaben?
    „Herr Meier,
das ist eine ganz fantastische Idee. Das Problem ist nur, es gibt in diesem
Hotel keinen Frühstücksraum. Alkohol ist bei den Navajo Indianern verboten und
die Menschen hier sind von Schwarzwälder Kirschtorte so weit entfernt, wie die
Eisbären von den Jungferninseln.“
    „Aber Herr
Tappe, es gibt doch keine Probleme, nur Herausforderungen.“
    Er drückt mir
zwanzig Dollar in die Hand, klopft mir ermutigend auf die Schulter und sagt:
    „Sie machen
das schon. Sie sind doch so ein guter Reiseleiter. Gute Nacht. Bis morgen in
alter Frische.“
    Ich bin kein
guter Reiseleiter, sondern ein müder Reiseleiter. Ein Reiseleiter, der Herrn
Meier am liebsten den Hals umdrehen würde, weil er nun mitten in der Nacht auf
die Suche nach Sekt und Sahnetorte gehen soll. In meinen Anfangsjahren hab ich
das auch brav getan – und kam stets mit leeren Händen zurück. Heute nehme ich
den Herren Meier sofort ihre Illusionen und lasse mich lediglich auf ein
Geburtstagsständchen und einen Blaubeer-Muffin mit Minikerze ein. Die habe ich
zur Sicherheit immer im Gepäck.
    Fräulein
Hagebutt war auch so ein Fall. Sie reiste mit ihrer jüngeren Schwester, deren
einundzwanzigster Geburtstag ausgerechnet auf den Tag fiel, an dem wir den
Bundesstaat Utah durchkreuzten. Da man in den USA erst mit einundzwanzig Jahren
Alkohol konsumieren darf, gab es gleich doppelten Grund zu feiern. Allerdings
ist es, ähnlich wie bei den Navajos, in vielen Teilen Utahs nicht ganz einfach,
Alkohol zu erwerben. Utah ist der Staat der Mormonen, und die dürfen schon aus
religiösen Gründen offiziell keinen trinken. Wir hatten die Stadt Page am Lake
Powell verlassen und befanden uns auf dem Weg zum Bryce Canyon. Eigentlich ist
dieser Tag mein Lieblingstag der Rundreise, weil die Fahrtstrecke relativ kurz
ist und bei schönem Wetter eine Wanderung durch den Bruce Canyon auf dem
Programm steht. Nur heute eben, da wollte mir Fräulein Hagebutt unbedingt die
Laune verderben. Wir hatten gerade die Staatsgrenze zu Utah überquert, als sie
im Bus zu mir nach vorne kam.
    „Oliver, Sie
haben heute Morgen vergessen zu singen.“
    „Hab ich das?“
    Ich hatte
keine Ahnung, worauf sie hinaus wollte.
    „Meine kleine
Schwester hat Geburtstag.“
    „Ja,
wirklich?“ Mir schwante Böses. „Das hab ich nicht gewusst.“
    „Steht denn
das nicht in Ihren Unterlagen?“
    Ich schüttelte
den Kopf.
    „Also, können
Sie das mit dem Singen denn noch machen? Und hätten Sie vielleicht eine

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