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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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allgemeinen Begeisterung über
die unerwartete Rettung waren auch die Sachertortenfresser heilfroh, dem Tod
noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein. Ich hingegen sah der Zukunft
mit gemischten Gefühlen entgegen. Nicht ganz grundlos, wie ich einige Wochen
nach Reiseende erfahren sollte. Fast alle Gäste beschwerten sich beim
Veranstalter über ihren Reiseleiter und stellten zudem Regressansprüche.
Lediglich die Bergziege konnte ihrem Urlaub etwas Gutes abgewinnen. Sie
verzichtete nicht nur auf eine Beschwerde, sondern machte sich die Mühe, einen
Brief ganz anderer Natur an den Produktmanager zu schreiben:
    „Der
Reiseleiter war stets freundlich, kompetent und kannte sich bestens aus. Von
einer Tour durch den wilden Westen erwarte ich nicht nur interessante Eindrücke
und spannende Geschichten. Ich erwarte auch Abenteuer. Ihr Reiseleiter wusste alle
Komponenten wunderbar miteinander zu kombinieren und hat die Reise dadurch zu
einem unvergesslichen Erlebnis für seine Gäste werden lassen. Ich werde ihr
Unternehmen gern weiterempfehlen. In tiefer Dankbarkeit, Helene Leetzenheimer.“
    Selbstverständlich
bereiteten mir die Zeilen der Dame große Freude. Dem Reiseveranstalter reichte
jedoch eine positive Rückmeldung nicht aus, um mir weitere Aufträge zu
erteilen. Shit happens , würde der Amerikaner sagen und nach vorne
schauen. Genau das tat ich. Von spontanen Wanderungen in unbekannten Gefilden
sehe ich seither allerdings ab.

08 Vom Bryce Canyon
nach Las Vegas - Die Sache mit Rotkäppchen und dem bösen Wolf
     
    Jedes Mal,
wenn ich das Vergnügen habe, mit dem Flugzeug nach Las Vegas reisen zu dürfen,
versuche ich, einen Flug zu buchen, der erst nach Sonnenuntergang am McCarren
Airport landet. Mit etwas Glück ergattere ich auch noch einen Fensterplatz. Der
Anflug auf die Stadt ist einfach atemberaubend. Aus der Luft gleicht sie einem
gigantisch großen und bunt beleuchteten Christbaum. Oh, du Fröhliche! Keine
Stadt der Erde hat einen höheren pro Kopf Stromverbrauch als Las Vegas. 23.000
Kilometer Neonröhren schmücken die breiten Straßenzüge und die Fassaden der
wohl verrücktesten Hotels der Welt. Wo sonst kann man an nur einem Abend mit
der Gondel durch Venedigs Kanäle gleiten, in einer ägyptischen Pyramide seinen
Aperitif genießen und später im Restaurant des Eiffelturms wie Gott in
Frankreich speisen? Das geht wirklich nur an einem Ort: auf dem weltberühmten Strip ,
dem Las Vegas Boulevard.
    Den meisten
meiner Gäste ist es leider nicht vergönnt, mit dem Flugzeug in die
Glitzermetropole einzuschweben. Sie müssen eine stundenlange Busfahrt durch die
Wüste überdauern. Da wir in der Regel schon am frühen Nachmittag in der
Spielerstadt eintrudeln, werden wir auch nicht von Glanz und Glimmer, sondern
zunächst von einigen hundert Baustellen und großen Staubwolken empfangen. Las
Vegas zeigt sich eben nur am Abend von seiner schönen Seite. Tagsüber wirkt die
Stadt grau und öd, ähnlich wie die Umgebung, in die sie eingebettet liegt. Der
Kontrast zu den roten Felsen Utahs, die wir auf diesem Reiseprogramm am Tag
zuvor besuchen, könnte nicht größer sein. Die Strecke vom Bryce Canyon durch
den Zion Nationalpark bis hin nach Nevada ist sicher eine der schönsten Routen
im Wilden Westen. Ganz besonders der Zion Park lädt mit seinen sanft
geschwungenen Felsformationen zum Träumen ein und löst bei allen Gästen große
Begeisterung aus.
    „Können wir
nicht ein wenig länger bleiben?“ bitten sie mich immer wieder.
    Die Antwort
ist ein klares Nein. Viele Besucher unterschätzen ganz einfach die
Entfernungen, die bei so einer Reise zurückgelegt werden müssen. Jede Minute
ist kostbar. Oft habe ich das Gefühl, mich in einem nie enden wollenden
Wettlauf mit der Zeit zu befinden. Gutes Timing ist das A und O einer Rundreise
und essentiell für ihr Gelingen. Verweilt man an einem Ort auch nur zehn
Minuten länger als vorgesehen, wird diese Zeit zwangsläufig an anderer Stelle
des Tagesprogramms gestrichen. Wer den gesamten Südwesten der USA in nur
vierzehn Tagen kennen lernen will, muss ganz einfach in puncto Gemütlichkeit
ein paar Abstriche machen. Zwei Wochen sind nun mal nur zwei Wochen. Auch der
beste Reiseleiter kann daran nichts ändern. Immerhin werden auf so einer Tour
über 4.000 Kilometer zurückgelegt. Auch bei den schönsten Sehenswürdigkeiten
sind mehr als Stippvisiten ganz einfach nicht drin. Sollten doch einmal zehn
Minuten übrig sein, mache ich gern einen kurzen Stopp

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