Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
ich hätte nicht alles
Menschenmögliche versucht. In Gedanken rechnete ich bereits mit dem
Schlimmsten. Sicher würde man ihre Leiche im Morgengrauen in einer dunklen
Gasse finden, wenn man sie nicht gleich samt lila Motten-Pfiffi im Sand der
Wüste verscharrte. Ich lief die komplette Strecke unseres Abendausflugs noch
einmal zu Fuß ab und fragte in jedem Kasino die Manager, ob ihnen in den
letzten Stunden vielleicht eine verwirrte Lady aufgefallen war. Vergeblich. Um
zwei Uhr brach ich meine Suche ab und fuhr mit dem Taxi zurück ins Hotel. Dort
angekommen teilte mir der Nachtportier freudig mit, die Dame sei bereits vor
einer Stunde wieder eingetroffen. Leicht beschwipst, aber wohlauf, war der
Befund des Hotelangestellten. Während ich also meine kostbare Zeit damit
verbrachte, den kompletten Strip im Schweiße meines Angesichts abzusuchen,
feierte Pelz-Tia im Paris Hotel bei einem Gläschen Champagner ihren nicht
unerheblichen Spielgewinn, wie sie mir am folgenden Tag beim Frühstück
freudestrahlend berichtete.
„Wie charmant,
dass Sie sich so um mich gesorgt haben, junger Herr“, sagte die Dame und kniff
mir in die Wange.
Ihr Ton klang
fast ein wenig sarkastisch. Und mit diesem Satz war für Pelz-Tia die Sache auch
schon erledigt.
Las Vegas ist
die Stadt der Superlative. Noch ist die Großgemeinde Clark County mit etwa zwei
Millionen Einwohnern verhältnismäßig übersichtlich. Mit etwa sechzigtausend
Neuzugängen pro Jahr dürfte sich das allerdings bald ändern, sollte die
Wirtschaftskrise der Völkerwanderung kein jähes Ende bereiten. Wie von einem
Magnet fühlen sich die Menschen aus allen Teilen der Vereinigten Staaten von
dem Lichtermeer in der Wüste Nevadas angezogen. Es locken die mehr oder weniger
lukrativen Jobangebote der vielen Kasinohotels, die jedes Jahr wie Pilze aus
dem Boden schießen. In Las Vegas rollt der Rubel und vor allem auch das
Trinkgeld. Genau das macht diesen Ort so attraktiv. Nicht wenige der
Arbeiterbienen finden sich jedoch nach jahrelanger Arbeit im Sündenbabel irgendwann
auf der Couch eines Psychiaters wieder, um sich die Spielsucht austreiben zu
lassen. Ein Problem, das besonders in den letzten Jahren überhand genommen hat
und die Arbeitgeber der Stadt viel Geld und Nerven kostet. Zwar dürfen
Angestellte im eigenen Hause dem Glücksspiel nicht frönen, aber ein Mangel an
Spieltischen herrscht in der Nachbarschaft natürlich nicht. Selbst in den
Fastfood-Läden und in den Waschsalons der Wohnviertel warten die einarmigen
Banditen geduldig auf ihre Opfer. Mehr als anderswo hört man in Las Vegas die
Menschen das „Vater Unser“ beten. Immerhin bezeichnen sich laut Umfrage
zweiundachtzig Prozent der Einwohner als religiös. „Und führe uns nicht in
Versuchung“, heißt es da. Doch genau die ist groß. Und die Hoffnung, einen
mickrigen Stundenlohn gegen den Jackpot einzutauschen, stirbt auch erst ganz
zum Schluss. Dazwischen bleibt genug Zeit, die hart verdienten Dollar in die
hungrigen Mägen der Spielautomaten zu versenken. Eines ist jedoch gewiss. Am
Ende gewinnt in Las Vegas nur einer: der Kasinobetreiber.
Knapp 125.000
Hotelzimmer stehen den über 39 Millionen Besuchern zur Verfügung, die jährlich
in die Wüste Nevadas pilgern, um ihr Glück an den Spieltischen oder in einem
der vielen Oben-Ohne-Tanzclubs zu suchen. Prostitution ist im Clark County
offiziell verboten, doch die leichten Damen, die sich als Begleiterinnen
anbieten, scheint das wenig zu stören. Wo kein Kläger, da kein Richter, sagen
sie sich, und schleichen auf der Jagd nach Beute durch die Kasinolandschaft,
bewaffnet mit hohen Stilettos und Miniröcken. Wer den Service der Damen legal
in Anspruch nehmen möchte, muss allerdings raus aus der Stadt und rein in die
Wüste. Dort gibt es einschlägige Etablissements, die sich Bunny Ranches nennen, zu Deutsch: Häschen-Farmen. Auf diesen „Farmen“ halten übrigens auch
sehr gerne mal japanische Reisegruppen Einkehr, wie kürzlich das amerikanische
Fernsehen berichtete.
In Las Vegas
findet man einige der größten Hotels der Erde. Angeführt wird die Liste vom
Venetian Resort mit seinem angrenzenden Schwesternhotel, dem Palazzo. 7.128
Zimmer und Suiten werden Tag für Tag von einem viele hundert Frauen und Männer
umfassenden Putzgeschwader sauber gehalten. Im Schnitt müssen in der
Hotelanlage täglich 21.000 Kopfkissenbezüge gewaschen und gebügelt werden, ganz
zu schweigen von all den Bettlaken und Handtüchern. Die Logistik hinter
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