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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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also zwei große Gesteinsbrocken
an den Zaun, unmittelbar neben einen Stützpfeiler. Ich zog Weste und T-Shirt
aus und legte beides doppelt gefaltet über den Stacheldraht. Dann versuchte ich
hinüberzuklettern. Die ganze Angelegenheit war etwas wackelig und hatte hohes
Verletzungspotenzial. Die Chance, heil auf der anderen Seite anzukommen,
beurteilte ich als sehr gering. Zwar stützte mich einer der Gäste von hinten,
ich drohte jedoch kopfüber zu fallen. Meine Beine zitterten.
    „Das klappt
doch nie“, stellte der männliche Sachertortenfresser fest.
    „Der bricht
sich noch die Knochen“, fügte das Weibchen hinzu.
    Jetzt nur
nicht schwächeln. Augen zu und durch. Ich weiß nicht mehr, wie ich es
angestellt habe, aber nach einem kurzen Blackout fand ich mich plötzlich auf
der anderen Seite des Zauns wieder. Ich lag auf dem Rücken. Wie ein hilfloser
Mistkäfer. Dann spürte ich einen ziehenden Schmerz im rechten Bein. Ich tastete
mit meiner Hand nach der besagten Stelle. Sie war feucht. Ich hatte mir die
Hose zerrissen und blutete zudem auch noch. Die Stimmen der Gäste hallten wie
aus weiter Ferne. Ich versuchte aufzustehen und kam langsam wieder zu Sinne.
Gott sei Dank konnte ich keine größeren Verletzungen an mir feststellen.
    „Alles in
Ordnung. Kein Grund zur Sorge“, antwortete ich auf die Frage nach meinem
Befinden. „Ich hab nur ein paar Kratzer.“
    Einer nach dem
anderen kletterte nun über den Zaun. Die Frauen verhielten sich zunächst etwas
ängstlich, aber mit Hilfe von beiden Seiten verlief die Aktion relativ
reibungslos. Nur die Sachertortenfresser fühlten sich wieder einmal
verpflichtet zu nörgeln.
    „Eins sage ich
Ihnen, Herr Tappe: Wenn ich mir die Hose kaputt mache, zahlen Sie“, sagte das
Männchen mit drohender Stimme. „Das ist eine echte Diesel Jeans. Und die war
teuer.“
    Ich reagierte
mit einem Schweigen. Was hätte ich auch sagen sollen? Am Ende bewältigten
selbst die Wiener den Zaun und die teure Hose blieb unversehrt. Ich sah in die
Runde und zählte im Geist meine Schäfchen. Es waren nur acht. Eins zu wenig. Das
fehlt mir noch.
    „Hat jemand
Frau Leetzenheimer gesehen?“ fragte ich besorgt in die Runde.
    Keine
Reaktion.
    „Aber sie war
doch eben noch da. Ich hab sie vorhin am Zaun gesehen.“
    „Vielleicht
musste sie mal“, sagte ein junger Mann und hob die Schultern. „Das soll in den
besten Familien vorkommen.“
    Da half nur
eins. So laut ich konnte rief ich nach der Vermissten.
    „Frau
Leetzenheimer. Haaaalloooo!“
    Keine Antwort.
    „Frau
Leeeeeetzenheimer!“, rief ich erneut.
    „Hier. Ich bin
hier“, schallte es aus der Ferne.
    Ich sah mich
um. Etwa einhundert Meter entfernt kam sie um eine Kurve gelaufen.
    „Da hinten war
ein Holztor. Da bin ich durchgegangen.“
    Alle Blicke
waren plötzlich auf mich gerichtet.
    „Tut mir leid,
aber von dem Tor wusste ich wirklich nichts.“
    Das war
peinlich. Ich wandte mich der Bergziege zu.
    „Bleiben Sie
stehen. Wir kommen in Ihre Richtung.“
    Seit Beginn
der Wanderung waren inzwischen zwei Stunden vergangen und niemand hatte auch
nur noch einen Tropfen Wasser. Die trockene Luft machte uns allen zu schaffen.
Der Zielort war noch immer nicht in Sicht - nicht einmal in weitester Ferne.
Und dann kam sie, die Erinnerung. Ganz unerwartet und ohne Gnade. Wie nach
einem Donnerschlag zuckten meine grauen Hirnzellen zusammen und spuckten sie
aus. Ich erinnerte mich plötzlich an meine eigene Abenteuerreise. Wir waren gar
nicht zu Fuß nach Tropic gewandert. Der Kleinbus hatte uns genau an der Stelle abgeholt,
an der wir uns in diesem Moment befanden. Tropic, so schoss es mir ins
Bewusstsein, lag noch Meilen entfernt. Ich wagte nicht, meinen Leuten diese
Hiobsbotschaft zu übermitteln. Stattdessen versuchte ich die Situation zu
verharmlosen.
    „Nun ist es
nicht mehr weit. Wir müssen noch wenige hundert Meter der Straße folgen und
dann sind wir am Hotel.“
    Ich bin nicht
sicher, ob die Gäste mir an diesem Punkt noch vertrauten, oder ob sie die
Verzweiflung trieb. Jedenfalls folgten sie mir. Es wurde jedoch immer
schwieriger, die Gruppe zusammenzuhalten. Nach zwanzig Minuten übernahm die
Bergziege die Führung und marschierte im Stechschritt geradeaus. Ich lief
irgendwo im Mittelfeld, um möglichst niemanden aus den Augen zu verlieren. Die
Sonne brannte wie Feuer. Ich fühlte mich wie ein Brathähnchen. Hier und da gab
es ein paar Wacholderbüsche, die Schatten spendeten, wenn man stehen blieb. So
wurde die

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