Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
schaffen wir unser Tagesprogramm nicht.“
Der Gast sagt:
„Ja, aber meine Frau möchte gerne noch ein paar Bananen kaufen.“
Ich sage: „Das
hätte sie am letzten Stopp machen sollen.“
Der Gast sagt:
„Ja, aber da hatte sie noch keinen Hunger.“
Ich sage nix
mehr, um einem weiteren Ja, aber zu entgehen.
Der Gast sagt:
„Ja, aber sie können doch jetzt nicht so einfach nix mehr sagen!“
Das „Ja,
aber“-Spiel ist auf die Dauer sehr anstrengend. Mindestens ebenso anstrengend
wie beispielsweise das „Ach, ich hatte das aber anders verstanden“-Spiel.
Hierbei geht es darum, dem Reiseleiter möglichst häufig zu unterstellen, er
habe sich nicht klar ausgedrückt. Auch, wenn von fünfundvierzig Gästen
dreiundvierzig pünktlich um acht Uhr zur Abfahrt im Bus sitzen, gibt es
tatsächlich zwei Trödel, die sagen:
„Ach, wir
hatten das aber anders verstanden.“
Es helfen dann
in der Regel nur massive Drohungen. Ich schalte das Mikrofon ein und sage:
“Aufgepasst!
Ab sofort gilt Folgendes: Wer fünf Minuten zu spät kommt, muss für alle singen.
Wer zehn Minuten zu spät kommt, muss vor dem Bus singen und tanzen. Und wer
fünfzehn Minuten zu spät kommt, der darf dort singen und tanzen, wo vorher der
Bus gestanden hat.“
Normalerweise
habe ich dann zwei bis drei Tage Ruhe, denn der Deutsche Tourist singt weder
gern noch tanzt er freiwillig – jedenfalls nicht, wenn er nüchtern ist. Es sind
sogar plötzlich alle überpünktlich, weil sie den Auftritt eines potenziellen
Zu-Spät-Kommers auf gar keinen Fall verpassen wollen. Amerikanische Touristen
kann man mit dieser Drohung interessanterweise überhaupt nicht einschüchtern,
wie ich bei einer Reisebegleitung nach Europa im Sommer 2002 feststellen
musste. Das Gegenteil war sogar der Fall. Die Amis kamen absichtlich und in
Scharen zu spät, so sehr genossen sie Tanz und Gesang.
Nicht nur in
Bezug auf Spielkasinos und Leuchtreklamen ist Las Vegas Welthauptstadt, sondern
auch in puncto Hochzeit. Über fünf Prozent aller heiratswilligen US Bürger
reisen heutzutage in die Spielerstadt, um dort den Bund der Ehe einzugehen. Das
sind immerhin mehr als 120.000 Paare pro Jahr. Nirgendwo sonst kann man sich in
den Vereinigten Staaten billiger, unkomplizierter und auf außergewöhnlichere
Art und Weise das Ja-Wort geben. Für die Lizenz zum Heiraten bezahlt ein
williges Paar sechzig Dollar. Für die günstigste Zeremonie ohne großen
Schnickschnack noch einmal den gleichen Betrag. Viel darf man für diesen Preis
natürlich nicht erwarten, aber die Unterschrift des Wedding Officiant ,
dem Trauungsbeamten, ist bereits inbegriffen. Für Musik, Brautkleid und
Blumenschmuck muss man allerdings schon etwas tiefer in die Tasche greifen, je
nachdem, wie aufwändig das Drumherum sein soll. Praktischerweise kann man sich
in Las Vegas das Brautkleid und den Smoking auch mal schnell ausleihen, hat man
selbst gerade keine passende Garderobe dabei oder die dafür eingeplante Kohle
bereits verspielt. Einige der Hochzeitskapellen verfügen über sogenannte One
Size Fits All Kleider. Die sind hinten offen, damit die Braut nur die Arme
nach vorne durchstecken muss. Je nach Bedarf wird die Robe dann am Rücken
zugeschnürt und sitzt wie angegossen. Da ist es auch kein Weltuntergang, wenn
die Braut kurz vor der Hochzeit noch ein oder zwei Kilo zugelegt hat. Praktisch
muss es sein und schnell soll es gehen in Las Vegas. Die Zeremonien sind
minutiös und straff geplant. Wie eine Bustour. Benötigt ein Paar zwei Minuten
länger als geplant für den Tausch der Ringe, müssen die Nächsten ihr Ja-Wort
eben etwas fixer sagen. An den Wochenenden und an Feiertagen sind die Betreiber
der Hochzeitskapellen besonders gestresst. Am wildesten geht es jedoch am
Valentinstag zu. Da werden mitunter einige Tausend Paare im Ruck-Zuck Verfahren
durch die Kapellen geschleust. Auch der Elvis-Imitator, der immer wieder gern
für Zeremonien gebucht wird, kommt dann so richtig ins Schwitzen und trällert
ein „Love Me Tender“ nach dem anderen, bis ihm die Stimme versagt. Das Bild ist
fast skurril und erinnert eher an Halloween als an Hochzeitstag, wenn sich kurz
vor Mitternacht Hunderte von Bräuten vor den Kapellen am Strip tummeln. Fest
eingeschnürt in überdimensionale Taftkleider, wirken sie wie eine Horde aufgeplusterte
Legehennen. Genauso gackern sie auch und überhäufen sich gegenseitig mit nicht
ganz ernst gemeinten Komplimenten.
„Oh, you’re so
pretty! How beautiful!“, schallt
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