Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
begann,
ihr Herz auszuschütten. Und in diesem Ding war eine ganze Menge drin. Fast zwei
Stunden ließ ich Frau Zander reden und fand dabei heraus, dass ihr Mann ein ehemaliger
Profisportler war. Seine Karriere wurde durch einen Unfall zwei Jahre zuvor jäh
beendet. Seitdem litt er nach Meinung seiner Frau an schweren Depressionen und
an Minderwertigkeitskomplexen. Doch seine krankhafte Eifersucht, die, wie Susi
Zander beteuerte, völlig unbegründet war, machte der Frau am meisten zu
schaffen. Nachdem die Verzweifelte drei Gläser Rotwein geleert hatte, dankte
sie mir zu später Stunde für meine Geduld und verabschiedete sich mit einem
nicht enden wollenden Händedruck.
Die folgenden
Tage bereiteten mir einige Anstrengungen. Physische, sowie auch psychische.
Physisch, weil die Temperaturen von 40 Grad Celsius im Monument Valley auf 6
Grad am Bryce Canyon gefallen und einen Tag später in Las Vegas schon wieder
auf über 40 Grad gestiegen waren. Psychisch, weil Susi Zander ununterbrochen
heulte und ständig meine Nähe und das Gespräch mit mir suchte. Ich kam mir vor
wie ein Psychiater – nur ohne Couch. Aber auch dem geduldigsten
Reiseleiter/Seelenklempner gehen irgendwann die tröstenden Worte aus. Als mich
Heul-Susi, wie ich sie im Stillen nannte, in Las Vegas nach unserem
Abendausflug um kurz vor Mitternacht erneut um eine dringende Unterredung bat,
blockte ich entnervt ab.
„Frau Zander“,
sagte ich bestimmend, „ich bin wirklich sehr müde und geschafft. Um sechs Uhr
früh wird mein Wecker klingeln und ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn wir die
Unterhaltung auf den morgigen Tag verschieben könnten. Außerdem habe ich noch
40 andere Gäste, die ebenfalls betreut werden müssen.“
Heul-Susi blickte
sich demonstrativ um.
„Aber die
wollen doch jetzt gar nichts“, argumentierte sie.
Ich atmete
tief ein.
„Bitte, Frau
Zander. Ich verspreche Ihnen, mir morgen Zeit für Sie zu nehmen. Aber jetzt
möchte ich mich wirklich zurück ziehen. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.“
Mir war klar,
dass Susi Zander sich vor den Kopf gestoßen fühlte, aber zu viel ist einfach zu
viel. Zumal ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, was sie wohl so dringend
mitten in der Nacht mit mir besprechen wollte. Ich war inzwischen
wahrscheinlich besser und detaillierter über ihr Leben und ihre Gefühle
informiert, als ihr eigener Ehemann. Und das war mir eigentlich gar nicht
recht. Ihm übrigens auch nicht, wie ich bald feststellen sollte. Als ich am
frühen Morgen zusammen mit unserem Busfahrer das Gepäck der Gruppe einlud,
erschien Peter Zander plötzlich wie aus dem Nichts. Der Typ war knappe zwei
Meter groß und ziemlich kräftig. Niemand, mit dem man sich anlegen sollte.
„Guten Morgen
Herr Tappe.“
Gerade wollte
ich den Gruß erwidern, da winkte er mit der Hand ab.
„Ich glaube,
es wäre für alle Beteiligten besser, wenn sie in Zukunft die Hände von meiner
Frau lassen“, sagte der blonde Hüne mit ruhiger Stimme und trat einen Schritt
näher auf mich zu.
„Sie wissen,
was ich meine“, fuhr er fort, „und damit ist für mich das Thema erledigt.“
Er trat noch
einen Schritt näher.
„Es sei denn,
Sie halten sich nicht an unsere Abmachung.“
Bevor ich
etwas erwidern konnte, drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand in der
Hotellobby. Ich erstarrte. Joe, unser Fahrer, der kein Deutsch verstand,
blickte mich fragend an.
„Bist du ok,
Ollie?“
„Ich weiß
nicht“, erwiderte ich und berichtete ihm, was gerade geschehen war.
„Ich habe
seine Frau gestern Nacht so gegen ein Uhr noch allein im Hotelkasino gesehen.
Vielleicht denkt ihr Mann, sie war bei dir.“
Oh, mein Gott!
Das musste es sein. Der Zander glaubt tatsächlich, ich hätte was
mit seiner Frau. Ich war fassungslos. Was sollte ich nun tun? Was, wenn
seine Frau mir bei der erstbesten Möglichkeit wieder auf die Pelle rückte, um
sich bei mir auszuweinen? Die Lage war ernst.
Wir verließen
Las Vegas über den Highway 15 in Richtung Barstow, einer Kleinstadt mitten in
der Mojave Wüste. Unser erster Stopp galt der Besichtigung von Calico Ghost
Town, einer restaurierten Goldgräberstadt, die meines Erachtens nur zum Zwecke
der Touristenausbeute existiert. In Calico ist es in den Sommermonaten schon am
Vormittag unerträglich heiß. Kaum hält der Bus auf dem Parkplatz und die Tür
geht auf, schnellt auch schon ein als Cowboy verkleideter Mexikaner an Board
und brüllt: „Howdy!“. Ohne Punkt und Komma erzählt er dann in
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