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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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gebrochenem
Englisch, was es alles zu erleben und zu kaufen gibt. Zu erleben gibt es in
Calico eigentlich gar nichts, einmal abgesehen von der künstlichen Schießerei
zwischen zwei Laienschauspielern, die wohl vom Elend der Holzbudenkulisse
ablenken soll. Die alten Goldgräberbuden sind zu Souvenirläden mutiert, in
denen man aber auch gar nichts Brauchbares findet. Es sei denn, man steht auf
Plastikgoldbarren oder falschen Indianerschmuck, alles Made in China. Da Calico
in jedem Reiseführer erwähnt wird, wollen unsere Gäste auf den Besuch
selbstverständlich nicht verzichten, schimpfen aber wie die Rohrspatzen über
die verschwendete Zeit, kaum dass sie wieder im Bus sitzen.
    Der Höhepunkt
des Tages ist für die Reiseteilnehmer immer der Mittagsstopp am großen
Outlet-Shopping Center in Lenwood bei Barstow. Die Sehnsucht nach den
Billig-Läden beginnt schon am ersten Tag der Reise. Kaum sind die Leute bei der
Ankunft in Los Angeles aus dem Flugzeug gestiegen, ist nicht selten die erste
Frage:
    „Wir halten
aber auch an einem Outlet, oder?“
    Es ist mir bis
heute unerklärlich, warum die Deutschen so wild auf Ramschklamotten sind. Nach
neunzig Minuten Hardcore-Shopping bei 42 Grad im Schatten kommen sie bepackt
wie die Esel zurück zum Bus und wissen nicht, wie sie die eben erstandenen
Lumpen verstauen sollen.
    „Ja, aber das
ist alles so günstig hier!“, wird argumentiert, wenn ich sie kopfschüttelnd zur
Abfahrt erwarte. „Da muss man doch zuschlagen.“
    Die Leute
kaufen Sachen, die sie in ihrer Heimat nicht mal im Sommerschlussverkauf für
den halben Preis vom Wühltisch zerren würden. Alles in dem Glauben, ihre
Schnäppchen seien kostbare Stücke, die eben noch in schicken Designerläden auf
der Stange hingen. In Wirklichkeit werden heute achtzig Prozent der Outletware
in China und Kambodscha mit der heißen Nadel genäht und direkt in die
amerikanischen Wüsten- und Stadtrand-Outlets verschifft. Der Tag nach dem
großen Shoppingwahn ist immer besonders lustig. Mit ihren nagelneuen und
schlecht sitzenden Levis Jeans, den bonbonfarbenen Polo Shirts und den
glänzenden Billigsneakers sehen die Touristen dann aus wie eine Armee von
Modeunfällen über die bei den Fotostopps in der Wüste selbst die geschmacklos
gekleideten Amerikaner schmunzeln. Es gibt heutzutage nur noch wenig echte
Outletware. Ansonsten gilt das Motto: „You get what you pay for!” Frei
übersetzt heißt das: Günstig ist nicht gleich gut! Auch, wenn Geiz angeblich
geil ist, freut sich am Ende nur einer, und das ist die Kleidersammlung des
Roten Kreuz in Deutschland. Wer unbedingt etwas kaufen muss, weil es eben alle
tun, dem rate ich nach Schuhen Ausschau zu halten. Da sind noch echte
Schnäppchen drin. Billige Designerklamotten kauft man heutzutage besser in
Läden wie Ross-Dress For Less, Marshalls oder in der Burlington Coat
Factory , die in jeder Großstadt zu finden sind. Hierbei handelt es sich um
tatsächliche Outlet-Kaufhäuser, die zwar schlecht sortiert, aber immerhin mit
ausrangierten Designerklamotten vollgestopft sind.
     
    Als nach
unserer Einkaufspause alle Plastiktüten der Gäste im Bus verstaut waren, fuhren
wir an der Edwards Air Force Base vorbei und über die Tehachapi Berge ins San
Joaquin Valley, dem größten Obst- und Gemüseanbaugebiet der USA. Als
Übernachtungsort stand Fresno auf unserem Plan, eine Stadt, die sicher nicht zu
den Perlen des Westens gehört.
    Während
unseres Aufenthalts in Calico gelang es mir, einer Begegnung mit Heul-Susi
erfolgreich aus dem Weg zu gehen, in dem ich mich von Joe bei laufender
Klimaanlage im Bus einschließen ließ. In Barstow ging Susi natürlich einkaufen.
Außerdem schien Peter Zander seiner Frau an diesem Tag auch nicht von der Seite
zu weichen, was mir sehr gelegen kam. Jetzt musste ich nur noch die Kaffeepause
am Truck Stop bewältigen. Zum Glück hatte sich ein anderer Gast den Magen
verdorben und bat mich, im Mini-Shop der Tankstelle nach einem passenden
Medikament zu sehen. Ich verließ den Bus als erster und ging zügig in den
Laden, wo ich rasch in einem der Gänge verschwand. Susi Zander hatte mich
jedoch fest im Blick. Kaum bewegte sich ihr Mann in Richtung Herrentoilette,
stellte sie sich hinter mich an die Kassenschlange.
    „Wir müssen
dringend reden.“ sagte sie leise. „Allein!“
    Ich fühlte
mich mit der Situation überfordert.
    „Ich bin doch
nur Reiseleiter“, dachte ich verzweifelt. „Ich hab doch nichts Schlimmes
getan.“
    In Gedanken
sah

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